Raphael Cruyt, einer der Gründer des Millennium Iconoclast Museum of Modern Art - kurz Mima, führt stolz durch die aktuelle Ausstellung des Museums. Sie zeigt Werke von einigen Stars der internationalen Urban-Art-Szene. Im Keller die Cut-Out-Kunst der Amerikanerin Swoon, weiter oben eine konsumkritische Pop-Installation des New Yorker Duos Faile, im dritten Stock geometrische Wandbilder des Kaliforniers MOMO. Eine von MOMOs riesigen Installationen wurde in einer Performance am 23. März fertiggestellt – einen Tag nach den Terror-Anschlägen in Brüssel. Eigentlich hätte das Museum an diesem Tag eröffnet werden sollen. Wegen der Terroranschläge hat das Mima aber erst drei Wochen später seine Tore für Besucher geöffnet, erzählt Cruyt auf der Dachterrasse des Museums, mit Blick über den Stadtteil Molenbeek, in dem das Mima steht.
"Für viele ist Molenbeek dieses Viertel, in dem die Dschihadisten leben, aber diese Leute haben keine Ahnung von dieser Gemeinde. Molenbeek ist eine großartige und diverse Gemeinschaft. Ihr falsches Bild kommt durch die Medien zustande."
Weniger Besucher als in den vergangenen Jahren
Das schlechte Image schadet dem ganzen Stadtteil - auch dem Museum. Touristen verirren sich momentan kaum hierher. Aber auch in anderen Stadtteilen verzeichnen Museen einen Besucherrückgang. Das berühmte Comic Art Museum im Zentrum Brüssels hatte in den letzten beiden Jahren im Monat April jeweils 23.000 Besucher. Diesen April waren es gerade mal 10.000. Für den Sommer ist schon die Hälfte aller Gruppenbesuche storniert worden. Und auch die großen, renommierten Brüsseler Kunstmuseen haben zu kämpfen. Laut der belgischen Staatssekretärin für Chancengleichheit, Wissenschaftspolitik und Großstädte, Elke Sleurs, die auch für die staatlichen Museen zuständig ist, hatten die Königlichen Museen der Schönen Künste einen Besucherrückgang von 40 Prozent zu verzeichnen. Deshalb hat sie für die fünf zentral gelegenen staatlichen Museen in Brüssel Hilfen bewilligt: 170.000 Euro, unter anderen für zusätzliche Werbemaßnahmen. Und insgesamt 800.000 Euro für Sicherheitsvorkehrungen.
"Bei allem Respekt für die kleineren Museen - das Risiko, das dort etwas passiert, ist um einiges geringer. Unsere beiden größten Museen haben eine Fläche von 40.000 Quadratmetern. Das sind riesige und sehr bedeutende Institutionen. Dort ist eine ganz andere Herangehensweise nötig als bei kleinen oder privaten Museen."
Kleinere Museen wie das Comic-Museum, Museen abseits des Stadtkerns oder private Einrichtungen wie das Mima müssen ohne solche Finanzspritzen auskommen. Die Stadt Brüssel will ihnen zwar auch helfen, aber eher indirekt: Mit einer Werbeoffensive will die Brüsseler Tourismusbehörde wieder mehr Touristen in die Stadt locken. Bis die Kampagne Wirkung zeigt, müssen die nichtstaatlichen Museen auf einheimische Besucher hoffen - zumindest für das frisch eröffnete Mima hat diese Taktik bisher gut funktioniert.
Ungewisse Zukunft
"Der Tourismus war eigentlich die Grundlage unseres Projekts. Einheimische hatten wir als Zielgruppe überhaupt nicht im Kopf. Aber durch die Anschläge ist es komplett anders gekommen. Es gibt keine Touristen im Museum, dafür besuchen uns jede Menge Belgier, die sich sehr für unser Programm interessieren. Aber sie kommen auch ganz bewusst hierher nach Molenbeek, um ein Zeichen zu setzen."
Ob das auch die kommenden Monate so bleibt und die belgischen Besucher die fehlenden Touristen auch weiterhin ausgleichen, ist allerdings schwer zu sagen.
"Wir haben keine Ahnung, was passieren wird. Die Zukunft ist momentan komplett ungewiss."
Aber Mima-Gründer Cruyt ist sich genau wie Staatssekretärin Sleurs sicher: Die Touristen werden bald wieder nach Brüssel zurückkehren. Nur braucht es eben noch ein bisschen Zeit.
"Politik kann das Image von Brüssel so schnell nicht ändern. Es ist im Leben eigentlich immer dasselbe: Man braucht viel Zeit, um etwas Gutes aufzubauen. Und innerhalb einer Sekunde kann es zerstört werden."