"Es ist überraschend, dass Tsipras doch eindeutig gewonnen hat", sagt der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul. Das habe große Bedeutung für Griechenland, aber auch für Europa. Denn der linke Regierungschef war im August zurückgetreten, nachdem er das dritte Hilfsprogramm mit den internationalen Geldgebern ausgehandelt hatte. Griechenland stand kurz vor dem Bankrott. Tsipras machte eine Kehrtwende und brauchte für seinen neuen Kurs Rückhalt in Griechenland.
"Die Mehrheit der griechischen Bevölkerung hat einen Kurs gewählt der heißt: Jawohl, wir machen mit Reformen und Sparen weiter", interpretiert der CDU-Europaabgeordnete Reul das Wahlergebnis. Für den FPD-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist der deutliche Sieg von Tsipras insofern positiv, als das es selbst es war, der sich zu den Reformen verpflichtet habe, die Griechenland dringend brauche.
"Er muss sie jetzt umsetzen. Wenn er davon Abstand nimmt, wie er es im Wahlkampf unter anderem angedeutet hat, dann ist die Grexit-Diskussion sofort wieder da."
Doch zunächst muss Tsipras erst einmal eine neue Regierung bilden. Eine stabile Regierung: Das ist es, was Griechenland jetzt schnell braucht, twitterte EU-Parlamentschef Schulz. Trotz des deutlichen Wahlsieges hat Syriza keine absolute Mehrheit im Parlament und braucht deshalb einen Partner.
"Tsipras sollte einen Koalitionspartner in der Mitte des Spektrums suchen. Er hat einen sozialliberalen Partner wie zum Beispiel To Potami. Er sollte seinen. Es würde seiner Glaubwürdigkeit sicher nutzen, wenn er einen neuen Partner fände", fordert der FDP-Politiker Lambsdorff.
Tsipras erwartet steinigen Weg
Doch Tsipras möchte offenbar keinen neuen Partner. Er wolle das Bündnis mit den rechtsnationalen "Unabhängigen Griechen" von ANEL fortsetzen, sagte der linke Wahlsieger am späten Abend. Das heißt: Die alte Regierung ist die neue Regierung. Anders ist, dass es frisches Geld gibt - weitere 86 Milliarden Euro. Und, dass die Griechen dafür noch härtere Reform- und Sparauflagen erfüllen müssen. Zum Beispiel höhere Steuern und weniger Rente.
"Was das Land jetzt braucht, ist eine Politik des sozialen Ausgleichs. Bislang haben nur die Kleinen geblutet, und die große wenig bis gar nichts zur Rettung des Landes beigetragen", sagt Udo Bullmann, Vorsitzender der Europa-SPD. Die Einhaltung der Reformzusagen soll laufend überprüft werden. Von den Ergebnissen hängt die Auszahlung weiterer Milliardenkredite ab, sagt der FDP-Politiker Lambsdorff.
"Griechenland muss bis Oktober die nächsten wichtigen Reformschritte umsetzen. Eine lange Zeit der Regierungslosigkeit kann sich das Land nicht leisten."
Die neue Regierung wird sich mit alten Problemen auseinander setzen müssen. Tsipras ist ein starker Wahlsieger auf einem steinigen Weg.