Wie nur konnten Juden in Hitlers Armee dienen und für diesen großen Antisemiten kämpfen, dessen Ziel die Vernichtung der Juden in Europa war? Wie nur konnten 150.000 von ihnen die Uniform mit dem Hakenkreuz tragen - darunter Menschen wie Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt und Ex-Bundesminister Egon Bahr - während einige ihrer Verwandten den Judenstern anheften mussten? Diese Aufsehen erregende Frage versucht der amerikanische Historiker Bryan Mark Rigg in seiner Studie "Hitlers jüdische Soldaten" zu klären.
Das Aufsehen und vielleicht auch die heimliche Schadenfreude über die vermeintliche jüdische Mittäterschaft verpuffen aber, sobald man genauer hinschaut. Riggs Protagonisten in dieser Studie sind fast alle Deutsche jüdischer Herkunft, auch wenn viele von ihnen sowohl den Nationalsozialisten als auch den Rabbinern als Juden galten. Die meisten dieser Uniformierten sahen sich selbst nicht als Juden, befanden sich jedoch gerade deswegen in einer schizophrenen Situation. Der Autor bietet Einblick in ihre Tragödie, stellt den verbrecherischen Wahnsinn der nationalsozialistischen Rassentheorie bloß und überwindet die Täter-Opfer-Dichotomie, die die Auseinandersetzung mit dem Thema Holocaust prägt.
Diese Tragödie ist in doppelter Hinsicht ein blutiges Thema. Bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts verstanden die meisten Deutschen das Judentum als eine Religion. Mit dem Übertritt zum Christentum war man kein Jude mehr. Hitler machte das Judentum offiziell zur "Rasse", der er den "totalen Kampf" bis zur Ausrottung ansagte. Um diese Rassenpolitik zu begreifen, verwendet der Autor die unmenschliche NS-Terminologie:
Die Nürnberger Gesetze schufen zwei neue "rassische" Kategorien: den "Halbjuden" oder "jüdischen Mischling ersten Grades" und den "Vierteljuden" oder "jüdischen Mischling zweiten Grades". Ein "Halbjude" hatte zwei jüdische Großeltern, ein "Vierteljude" einen jüdischen Großelternteil. Da die NS-Rassenpolitik jeden, der sich zur jüdischen Religion bekannte, ohne Rücksicht auf seine Abstammung zum "Volljuden" erklärte und aus der sogenannten "Volksgemeinschaft" verbannte, waren gemäß dieser Definition die meisten "Mischlinge" Christen. Die Nürnberger Gesetze bedeuteten praktisch, dass jeder mit weniger als 25 Prozent "jüdischen Blutes" als Deutscher galt.
Obwohl die deutsche Gesellschaft im Dritten Reich "Mischlinge" als Juden diskriminierte, verweigerten ihnen jüdische Organisationen jede Hilfe. Für diese waren sie keine Juden. Kontakt zu ihren jüdischen Verwandten hatten die meisten Mischlinge nicht, weil viele jüdische Großeltern ihren Sohn oder Tochter verstoßen hatten, als sie einen nichtjüdischen Partner heirateten. Auf Ablehnung stießen "Mischlinge" auch in der eigenen Familie. Der Unteroffizier Dieter Bergmann zum Beispiel hatte einen "arischen" Vater, der ein überzeugter Nationalsozialist war, und eine jüdische Mutter. Deshalb galt er in Nazi-Deutschland als "Halbjude". Dieters Tante Valerie, eine Parteigenossin, sagte ihm eines Tages:
Mein lieber Junge, ich glaube, Leute wie du müssen ausgerottet werden, wenn unser Vaterland rein und siegreich gegen die marxistisch-jüdische Verschwörung bleiben will. Tut mir leid, mein lieber Junge. Du weißt, ich liebe dich.
Bergmanns jüdische Großmutter, Elly Landsberg, warf ihm wiederum vor, er sei ein "Nazi", weil er für Hitler kämpfe. Die Assimilation der Juden in der deutschen Gesellschaft, nicht zuletzt die Zehntausende Kinder aus gemischten Ehen und die Tausende getauften Juden, erschwerte in den ersten Jahren des Nationalsozialismus die Ausgrenzung der Mischlinge. Reichspräsident Hindenburg gelang es, sie und jüdische Frontkämpfer aus dem Ersten Weltkrieg vor der Diskriminierung zu bewahren. Aber je stärker Hitler die Wehrmacht in eine nationalsozialistische Armee verwandelte, desto enger wurde es für die jüdischstämmigen Uniformierten, besonders nachdem Hitler Reichspräsident und später Armeechef wurde. Dass so viele Mischlinge verschont wurden, hat mehrere Gründe. Zum einen wurden sie in der Wehrmacht gebraucht, und sogar fanatische Anhänger Hitlers sahen sie nicht als Juden an. Zum anderen setzten sich "arische" Bekannte und Verwandte für sie ein. Hitler stellte Tausende Ausnahmegenehmigungen aus, die so genannte "Deutschblütigkeitserklärung". Nicht zuletzt wollte er die "arischen" Angehörigen von "Mischlingen" nicht gegen sich aufbringen. Seine Mischlingspolitik war dennoch voller Widersprüche. Erst ließ er alle "Halbjuden" aus der Armee entlassen, dann rekrutierte er sie wieder. Einerseits beschimpfte er hochrangige NSDAP-Vertreter, sie reichten zu viele Gesuche für Juden ein und würden anscheinend mehr anständige Juden kennen, als Juden überhaupt im Deutschen Reich lebten. Andererseits verbrachte Hitler bis zum Attentat vom 20. Juli 1944 viel Zeit damit, persönlich Ausnahmegenehmigungen für Mischlinge zu erteilen. Diese wollten entweder aus patriotischen Gründen in der Wehrmacht dienen, weil sie der NS-Regierung vertrauten, oder aus Angst, außerhalb der Armee noch stärker gefährdet zu sein, oder einfach, weil sie opportunistisch handelten. Am interessantesten sind die Berichte der ehemaligen Soldaten über ihre Rettung ausgerechnet in der Höhle des Löwen. Joachim Löwen erzählt:
Mein eigener Bruder Heinz ging zur Gestapo und erklärte, unsere Mutter sei eine Schlampe und habe als Prostituierte gearbeitet. Die Gestapo überprüfte unseren Fall und erklärte uns für deutschblütig.
Es wurde erklärt, der jüdische Vater sei nicht der biologische Vater. An dieser Verleugnung ihres Ehemanns und der eigenen Erniedrigung zerbrach Löwens deutsche Mutter. Beide Brüder - Heinz war Oberscharführer der Waffen-SS und Joachim kämpfte als Unteroffizier - verleugneten ihren jüdischen Vater, um ein leichteres Leben führen zu können. Seinen wirklichen Namen wollte Joachim im Buch nicht benannt haben, zu groß ist anscheinend immer noch seine Scham.
Paul-Ludwig Hirschfeld, ein "Volljude", ließ sich als "Arier" registrieren und benutzte seine Stellung, um Juden heimlich Passierscheine auszustellen.
Der Dienst in der Wehrmacht war meine Rettung. Mein Bruder, meine Schwester, meine ganze Familie kamen im Holocaust um. Ich bin in religiöser Hinsicht Jude geblieben und habe jeden Tag das heiligste jüdische Gebet "Schma Israel" gebetet.
Solche spektakulären Rettungsgeschichten, die der Autor ohne jegliches Hinterfragen als Fakten in die Studie aufnimmt, verschleiern die Tatsache, dass sechs Millionen Juden ermordet wurden. Problematisch ist auch Riggs spekulative Schätzung, wonach es 150.000 jüdischstämmige Soldaten in der Wehrmacht gegeben habe. Reißerisch wie sein Titel ist auch seine Behandlung der Spekulationen über Hitlers und Heydrichs angebliche jüdische Vorfahren, zumal dies seit Jahren bekannt ist. Problematisch ist auch sein fixierter Blick auf Hitler als Träger der Rassenpolitik, während seine zahlreichen Beispiele zeigen, wie oft Hitlers Generäle dessen Anweisungen ignorierten.
Inspiriert wurde Rigg vom Agnieszka Hollands Film "Hitlerjunge Salomon". Als Student begann er in den Jahren 1994 bis 1997, diese Soldaten mit dem Ritterkreuz an der Brust zu interviewen, deren Eltern den Judenstern tragen mussten. Er untersuchte 1.671 solcher Fälle und führte 430 Interviews mit diesen ehemaligen Soldaten. Gern wäre der Leser Zeuge einer dieser Begegnungen gewesen, muss sich aber mit Zitaten zufrieden geben, die der Autor in seinen akademischen Text einstreut. An der Sprunghaftigkeit des Berichts ändern auch die vier Fallstudien von Mischlingssoldaten kaum etwas. Durch die gewählte Struktur gerät der Autor in Wiederholungszwang. Nach einer chronologischen Ausführung über die Rassenpolitik vertieft er sich in Hitlers Ausnahmegenehmigungsverfahren und in die Frage "Was wussten 'Mischlinge' vom Holocaust?", deren Antwort auf der Hand liegt: Sie wussten natürlich, dass jüdische Verwandte deportiert wurden, in seltenen Fällen auch, dass sie ermordet wurden, aber den ungeheuerlichen Völkermord an sechs Millionen Juden konnten sie sich nicht vorstellen. Die zahlreichen Fotos, die ausführlichen Anmerkungen und das Namensregister erleichtern ein wenig den Weg durch diese ausführliche Studie.
Vom Buchumschlag blickt ein blonder, blauäugiger Wehrmachtssoldat. Sein Foto zierte 1939 ein NS-Blatt zu Propagandazwecken mit der Bildunterschrift: "Der ideale deutsche Soldat". Aus der Sicht der Nazis stimmte diese Unterschrift jedoch nicht, denn der Gefreite Werner Goldberg, ein so genannter "Halbjude", konnte als Soldat seinen kranken, jüdischen Vater von der Zwangsarbeit befreien. Aus heutiger Sicht war er wirklich der ideale deutsche Soldat.
Igal Avidan über Bryan Mark Rigg: Hitlers jüdische Soldaten. Erschienen im Ferdinand Schöningh Verlag Paderborn, das Buch umfasst 438 Seiten und kostet 38 Euro.
Das Aufsehen und vielleicht auch die heimliche Schadenfreude über die vermeintliche jüdische Mittäterschaft verpuffen aber, sobald man genauer hinschaut. Riggs Protagonisten in dieser Studie sind fast alle Deutsche jüdischer Herkunft, auch wenn viele von ihnen sowohl den Nationalsozialisten als auch den Rabbinern als Juden galten. Die meisten dieser Uniformierten sahen sich selbst nicht als Juden, befanden sich jedoch gerade deswegen in einer schizophrenen Situation. Der Autor bietet Einblick in ihre Tragödie, stellt den verbrecherischen Wahnsinn der nationalsozialistischen Rassentheorie bloß und überwindet die Täter-Opfer-Dichotomie, die die Auseinandersetzung mit dem Thema Holocaust prägt.
Diese Tragödie ist in doppelter Hinsicht ein blutiges Thema. Bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts verstanden die meisten Deutschen das Judentum als eine Religion. Mit dem Übertritt zum Christentum war man kein Jude mehr. Hitler machte das Judentum offiziell zur "Rasse", der er den "totalen Kampf" bis zur Ausrottung ansagte. Um diese Rassenpolitik zu begreifen, verwendet der Autor die unmenschliche NS-Terminologie:
Die Nürnberger Gesetze schufen zwei neue "rassische" Kategorien: den "Halbjuden" oder "jüdischen Mischling ersten Grades" und den "Vierteljuden" oder "jüdischen Mischling zweiten Grades". Ein "Halbjude" hatte zwei jüdische Großeltern, ein "Vierteljude" einen jüdischen Großelternteil. Da die NS-Rassenpolitik jeden, der sich zur jüdischen Religion bekannte, ohne Rücksicht auf seine Abstammung zum "Volljuden" erklärte und aus der sogenannten "Volksgemeinschaft" verbannte, waren gemäß dieser Definition die meisten "Mischlinge" Christen. Die Nürnberger Gesetze bedeuteten praktisch, dass jeder mit weniger als 25 Prozent "jüdischen Blutes" als Deutscher galt.
Obwohl die deutsche Gesellschaft im Dritten Reich "Mischlinge" als Juden diskriminierte, verweigerten ihnen jüdische Organisationen jede Hilfe. Für diese waren sie keine Juden. Kontakt zu ihren jüdischen Verwandten hatten die meisten Mischlinge nicht, weil viele jüdische Großeltern ihren Sohn oder Tochter verstoßen hatten, als sie einen nichtjüdischen Partner heirateten. Auf Ablehnung stießen "Mischlinge" auch in der eigenen Familie. Der Unteroffizier Dieter Bergmann zum Beispiel hatte einen "arischen" Vater, der ein überzeugter Nationalsozialist war, und eine jüdische Mutter. Deshalb galt er in Nazi-Deutschland als "Halbjude". Dieters Tante Valerie, eine Parteigenossin, sagte ihm eines Tages:
Mein lieber Junge, ich glaube, Leute wie du müssen ausgerottet werden, wenn unser Vaterland rein und siegreich gegen die marxistisch-jüdische Verschwörung bleiben will. Tut mir leid, mein lieber Junge. Du weißt, ich liebe dich.
Bergmanns jüdische Großmutter, Elly Landsberg, warf ihm wiederum vor, er sei ein "Nazi", weil er für Hitler kämpfe. Die Assimilation der Juden in der deutschen Gesellschaft, nicht zuletzt die Zehntausende Kinder aus gemischten Ehen und die Tausende getauften Juden, erschwerte in den ersten Jahren des Nationalsozialismus die Ausgrenzung der Mischlinge. Reichspräsident Hindenburg gelang es, sie und jüdische Frontkämpfer aus dem Ersten Weltkrieg vor der Diskriminierung zu bewahren. Aber je stärker Hitler die Wehrmacht in eine nationalsozialistische Armee verwandelte, desto enger wurde es für die jüdischstämmigen Uniformierten, besonders nachdem Hitler Reichspräsident und später Armeechef wurde. Dass so viele Mischlinge verschont wurden, hat mehrere Gründe. Zum einen wurden sie in der Wehrmacht gebraucht, und sogar fanatische Anhänger Hitlers sahen sie nicht als Juden an. Zum anderen setzten sich "arische" Bekannte und Verwandte für sie ein. Hitler stellte Tausende Ausnahmegenehmigungen aus, die so genannte "Deutschblütigkeitserklärung". Nicht zuletzt wollte er die "arischen" Angehörigen von "Mischlingen" nicht gegen sich aufbringen. Seine Mischlingspolitik war dennoch voller Widersprüche. Erst ließ er alle "Halbjuden" aus der Armee entlassen, dann rekrutierte er sie wieder. Einerseits beschimpfte er hochrangige NSDAP-Vertreter, sie reichten zu viele Gesuche für Juden ein und würden anscheinend mehr anständige Juden kennen, als Juden überhaupt im Deutschen Reich lebten. Andererseits verbrachte Hitler bis zum Attentat vom 20. Juli 1944 viel Zeit damit, persönlich Ausnahmegenehmigungen für Mischlinge zu erteilen. Diese wollten entweder aus patriotischen Gründen in der Wehrmacht dienen, weil sie der NS-Regierung vertrauten, oder aus Angst, außerhalb der Armee noch stärker gefährdet zu sein, oder einfach, weil sie opportunistisch handelten. Am interessantesten sind die Berichte der ehemaligen Soldaten über ihre Rettung ausgerechnet in der Höhle des Löwen. Joachim Löwen erzählt:
Mein eigener Bruder Heinz ging zur Gestapo und erklärte, unsere Mutter sei eine Schlampe und habe als Prostituierte gearbeitet. Die Gestapo überprüfte unseren Fall und erklärte uns für deutschblütig.
Es wurde erklärt, der jüdische Vater sei nicht der biologische Vater. An dieser Verleugnung ihres Ehemanns und der eigenen Erniedrigung zerbrach Löwens deutsche Mutter. Beide Brüder - Heinz war Oberscharführer der Waffen-SS und Joachim kämpfte als Unteroffizier - verleugneten ihren jüdischen Vater, um ein leichteres Leben führen zu können. Seinen wirklichen Namen wollte Joachim im Buch nicht benannt haben, zu groß ist anscheinend immer noch seine Scham.
Paul-Ludwig Hirschfeld, ein "Volljude", ließ sich als "Arier" registrieren und benutzte seine Stellung, um Juden heimlich Passierscheine auszustellen.
Der Dienst in der Wehrmacht war meine Rettung. Mein Bruder, meine Schwester, meine ganze Familie kamen im Holocaust um. Ich bin in religiöser Hinsicht Jude geblieben und habe jeden Tag das heiligste jüdische Gebet "Schma Israel" gebetet.
Solche spektakulären Rettungsgeschichten, die der Autor ohne jegliches Hinterfragen als Fakten in die Studie aufnimmt, verschleiern die Tatsache, dass sechs Millionen Juden ermordet wurden. Problematisch ist auch Riggs spekulative Schätzung, wonach es 150.000 jüdischstämmige Soldaten in der Wehrmacht gegeben habe. Reißerisch wie sein Titel ist auch seine Behandlung der Spekulationen über Hitlers und Heydrichs angebliche jüdische Vorfahren, zumal dies seit Jahren bekannt ist. Problematisch ist auch sein fixierter Blick auf Hitler als Träger der Rassenpolitik, während seine zahlreichen Beispiele zeigen, wie oft Hitlers Generäle dessen Anweisungen ignorierten.
Inspiriert wurde Rigg vom Agnieszka Hollands Film "Hitlerjunge Salomon". Als Student begann er in den Jahren 1994 bis 1997, diese Soldaten mit dem Ritterkreuz an der Brust zu interviewen, deren Eltern den Judenstern tragen mussten. Er untersuchte 1.671 solcher Fälle und führte 430 Interviews mit diesen ehemaligen Soldaten. Gern wäre der Leser Zeuge einer dieser Begegnungen gewesen, muss sich aber mit Zitaten zufrieden geben, die der Autor in seinen akademischen Text einstreut. An der Sprunghaftigkeit des Berichts ändern auch die vier Fallstudien von Mischlingssoldaten kaum etwas. Durch die gewählte Struktur gerät der Autor in Wiederholungszwang. Nach einer chronologischen Ausführung über die Rassenpolitik vertieft er sich in Hitlers Ausnahmegenehmigungsverfahren und in die Frage "Was wussten 'Mischlinge' vom Holocaust?", deren Antwort auf der Hand liegt: Sie wussten natürlich, dass jüdische Verwandte deportiert wurden, in seltenen Fällen auch, dass sie ermordet wurden, aber den ungeheuerlichen Völkermord an sechs Millionen Juden konnten sie sich nicht vorstellen. Die zahlreichen Fotos, die ausführlichen Anmerkungen und das Namensregister erleichtern ein wenig den Weg durch diese ausführliche Studie.
Vom Buchumschlag blickt ein blonder, blauäugiger Wehrmachtssoldat. Sein Foto zierte 1939 ein NS-Blatt zu Propagandazwecken mit der Bildunterschrift: "Der ideale deutsche Soldat". Aus der Sicht der Nazis stimmte diese Unterschrift jedoch nicht, denn der Gefreite Werner Goldberg, ein so genannter "Halbjude", konnte als Soldat seinen kranken, jüdischen Vater von der Zwangsarbeit befreien. Aus heutiger Sicht war er wirklich der ideale deutsche Soldat.
Igal Avidan über Bryan Mark Rigg: Hitlers jüdische Soldaten. Erschienen im Ferdinand Schöningh Verlag Paderborn, das Buch umfasst 438 Seiten und kostet 38 Euro.