Was kam durch Gutenberg in die Welt, das vorher nicht schon da war? Gedruckte Bücher und deutsche Bibeln gab es auch schon vor ihm. Aber das Entscheidende, sagt Stefan Füssel, waren die ganz anderen Auflagen. Bücher, die bis um das Jahr 1450 in Klöstern und Schreibstuben verborgen blieben, seien für eine Öffentlichkeit verfügbar geworden.
Die Medienrevolution des Jahrtausends
Wissen, vom Rechnen bis zur Geburtshilfe, konnte geteilt werden, zusammen mit dem Schulwesen setzte das eine Bildungsrevolution in Gang, ablesbar an der Vielzahl von Universitätsgründungen, ob in Freiburg, Mainz, Basel oder Venedig. Die erste Gutenberg-Bibel, genannt B42 wegen ihrer 42 Zeilen pro Seite, ein "typographisches Meisterwerk", habe die zweite Medienrevolution nach der Erfindung der Schrift im 4. Jahrtausend vor Christus in Gang gesetzt.
Damals sei es gelungen, Wissen über Grenzen und Generationen zu erhalten. Mit Buchdruck und allgemeiner Verfügbarkeit seien Zeitungen, populäre Texte, Massenkommunikation möglich geworden, ebenso wie die moderne Autoren-Identität und der Begriff der Öffentlichkeit: "Der mündige Leser und Käufer entsteht."
Stephan Füssel ist Professor für Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und Direktor des "Forschungsinstituts Lesen und Medien". Als Buchautor beschäftigte er sich besonders mit der Frühzeit des Buchdrucks. Neben einer Gutenberg-Monographie schrieb er das Buch "Gutenberg und seine Wirkung", erschienen im Insel-Verlag.
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