Ursprünglich war sie rein funktional - entwickelt 1958 für die US-Air-Force-Piloten, später wurde sie zum modischen Outfit im zivilen Bereich: die Bomberjacke, die inzwischen in großer auch preislicher Varianz existiert, und die auch ideologisch und subkulturell konnotiert ist: Britische Punks und Skins haben sie getragen, dann die Neonazis, und der Autor des Buchs "MA-1 Mode und Uniform", Hans-Christian Dany, hat auch ein Faible dafür.
In seinem Buch geht es nicht nur um "die Bomber", sondern um Modemechanismen und Widersprüche, aber die Bomberjacke ist eine Art roter Faden. Er sei sich des Widerspruchs durchaus bewusst, der mit dem Tragen einer Army-Jacke einhergehe, sagte Dany im Deutschlandfunk. Aber man wolle sich damit eben auch in Widerspruch zur Gesellschaft setzen. Es sei ein Teil von Mode, sich das Zeichen des Feindes aufs eigene Schild zu malen und eine Vorstellung von Reinheit zu unterlaufen.
Die MA-1 markierte den neuen Soldatentyp
Mit der Entwicklung des Prototyps der Bomberjacke, der "MA-1", sei bei der amerikanischen Armee eine veränderte Kriegsführungsstrategie einhergegangen. Mit dem Projekt "New Look" habe man nach dem zweiten Weltkrieg versucht, alle Aspekte der Kriegsführung unter atomaren Bedingungen zu verändern. Die Jacke komme komplett ohne Rangabzeichen aus und sehe der Freizeit ähnlich. Damit sei ein neuer Soldatentypus eingeführt worden, der von mehr Eigeninitiative geprägt und Teil einer Netzwerkstruktur sei. Auf der Ebene der Kleidung sei die MA-1 gewissermaßen ein Vorläufer des ARPANET, des späteren Internets gewesen.
Den Boom, den die Bomberjacke in den letzten sechs Jahren erlebt, erklärt Dany mit dem zunehmenden Einsatz von Drohnen in der Kriegsführung, der dazu führe, dass zunehmend auch die Zivilbevölkerung angegriffen werde. Der, der die Jacke ursprünglich getragen habe, sei jetzt durch einen Roboter ersetzt worden. Eine "Risikoauslagerung" an die Zivilbevölkerung habe stattgefunden, so habe auch der Zivilist - besonders seit dem 11. September - einen neuen Job bekommen. Er werde quasi zwangsrekrutiert.
"Streetware" als Uniform des Neoliberalismus
Der aktuelle Trend zur Streetware, der auch einer Uniformierung gleichkomme, habe mit dem Gleichberechtigungsversprechen der neoliberalen Epoche des Kapitalismus zu tun, die suggeriere, dass alle Menschen Zugang zu allem hätten, dass alles flexibel und beweglich sei.
Weil individuelle Ausbrüche aus dem Mainstream immer schnell von der Modeindustrie aufgegriffen und zur Ware gemacht würden, seien "Normcore"- und "Dadcoretrend" entstanden, die sich durch Unauffälligkeit diesem Mechanismus verweigerten. Man habe keine Lust mehr, einen Style zu erfinden, mit dem andere dann Geld verdienten.
Wir haben noch länger mit Hans Christian Dany gesprochen - Hören Sie hier die Langfassung des Corsogespräches
Hans-Christian Dany: "MA-1. Mode und Uniform" ist in der Edition Nautilus erschienen.