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Buch über Digital Detox
"Die Maschinen bestimmen zunehmend den Maßstab"

Slow Media, Medien-Sabbat, Medienfasten: Zahlreiche Schlagworte beschreiben inzwischen den Wunsch nach digitaler Abstinenz. Medienwissenschaftler Guido Zurstiege fordert in einem neuen Buch die "Entnetzung" - den "Versuch, zu zeigen, dass man noch Herr oder Frau der Lage ist", so Zurstiege im Dlf.

Guido Zurstiege im Corsogespräch mit Susanne Luerweg |
Zeichnung von jungen Menschen mit Smartphone, Handy und anderen Abspielgeräten in der Hand.
Öfter mal aufblicken: Medienwissenschaftler Guido Zurstiege rät zur Entnetzung (imago/Ikon Images)
Digital Detox, Unplugging, Slow Media, Medien-Sabbat und Medienfasten, so und so ähnlich lauten die Schlachtrufe, wenn es um eine Verzicht von social media, Smartphone und sonstigen nicht analogen Vergnügungen geht. Denn immer mehr Menschen merken, dass es anstrengend ist sich bei Instagram und Twitter zu tummeln. Immer häufiger erreichen sie das Ende ihrer digitalen Belastbarkeit und möchten sich stärker aus dem Netz zurückziehen.
Dieses Phänomen beschreibt der Tübinger Medienwissenschaftler Guido Zurstiege in seinem neuen Buch "Taktiken der Entnetzung - Die Sehnsucht nach Stille im digitalen Zeitalter".
Während die Eliten von früher die Bürotür geschlossen haben, um in Ruhe nachzudenken, ziehen sie sich heute für eine kurze Zeit aus den sozialen Netzwerken zurück, wie Medienwissenschaftler Guido Zurstiege im Dlf sagte. Allerdings versuchten heute sehr viel breitere Gesellschaftsschichten, die Kontrolle über ihren Alltag zurückzugewinnen - die sich auch durch alle Altersgruppen ziehe. Und: "Immer mehr haben ein nicht internetfähiges Handy", sagte Zurstiege.
Lebenslanges Lernen
Doch für einige sei die Entnetzung - selbst die vorübergehende - nicht zu haben, beispielsweise kreative Kurzarbeiter. Zurstiege beobachtet, dass sich die Appelle nach Medienkompetenz im Leitbild umdrehen. Heute heißt es: "Wir Menschen müssen uns Fähigkeiten zulegen, die uns zu satisfaktionsfähigen Partnern der Technologien machen, die ursprünglich nach unserem Leitbild geformt sind. Die Maschinen bestimmen zunehmend den Maßstab."
Wir haben noch länger mit Guido Zurstiege gesprochen - hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs
Außerdem sei Medienkompetenz nicht mehr nur etwas für Kinder und Jugendliche, sondern "die Medienbildung hört nie auf", so Zurstiege. Allerdings: So gut wie niemand schaffe es, sich ganz zu entnetzen. "Jede Form von Entnetzung bleibt punktuell und ist der Versuch, zu zeigen, dass man noch Herr oder Frau der Lage ist."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Guido Zurstiege: "Taktiken der Entnetzung - Die Sehnsucht nach Stille im digitalen Zeitalter"
Suhrkamp Verlag Berlin, 2019. 297 Seiten, 18 Euro.