Das Buch der Nichte Donald Trumps vermittelt Einblicke in Psychostrukturen des Präsidenten. Ein Präsident, wie ihn die Vereinigten Staaten noch niemals zuvor erlebten. Nie um ein Selbstlob verlegen – nach eigenem Urteil der klügste Präsident, den das Land je hatte.
Ein hochbegabter Junge und brillanter Student, eine intelligente Persönlichkeit eben. Zeit seines Lebens stets auf der Siegerstraße – ein Vorbild für sein Land.
Allerdings auch nie um eine Lüge verlegen. Und angewiesen auf das Lob anderer Staatsmänner, die er offenbar als überlegen erlebt: Putin etwa habe ihn als Genie gepriesen.
Opfer eines herrischen und launischen Vaters
Woher dieses Persönlichkeitsbild wohl kommt, das als ausgeprägter Narzissmus beschrieben wird? Mary Trump weiß es, die Nichte des Präsidenten, dessen früh verstorbener Bruder Fred junior ihr Vater ist. Mary Trump vermittelt jedoch nicht nur Einblicke in die Familiengeschichte der Trumps – sie zeichnet auch ein vernichtendes Psychogramm des Machtmenschen Donald Trump, das deshalb besonders glaubwürdig wirkt, weil die 55-jährige Autorin promovierte klinische Psychologin ist.
Ihren Vater Fred jr. beschreibt sie als sensibel und liebevoll. Bruder Donald jedoch als rücksichtslos und egozentrisch. Beide sieht sie als Opfer eines herrischen und launischen Vaters, der keinen Widerspruch duldete und unbedingten Gehorsam verlangte. Vor allem spielte Fred senior seine beiden ältesten Söhne systematisch gegeneinander aus und trieb sie mit Methode in einen immerwährenden Konkurrenzkampf.
Donald wählte die Lüge als Überlebensprinzip, um sich gegenüber dem Vater in ein möglichst günstiges Licht zu rücken. Bruder Fred flüchtete sich in den Alkohol. "I had a brother, Fred. Great guy. Best looking guy. But he had a problem. He had a problem with alcohol."
Gericht lehnte ein Verbot ab
Fred junior starb 1981 im Alter von 42 Jahren. Selbst auf seiner letzten Fahrt ins Krankenhaus ließen ihn Vater und Bruder allein. Diese Herzlosigkeit und fehlende Empathie ziehe sich wie ein roter Faden durch die Biographie Donald Trumps, schreibt Mary Trump in ihrem Buch, das jetzt in Auszügen bekannt wurde und am 14. Juli in die Läden kommt: Donald Trump erscheint darin als Opfer eines brutalen Vaters, der Persönlichkeit und Gefühle seiner Söhne gleichermaßen brach, aber seinem Sohn Donald den unbedingten Willen zur Macht mit auf den Weg gab: Das Stilmittel der Lüge gehöre dabei ebenso zum Instrumentarium der Trump'schen Skrupellosigkeit wie das gegenseitige Ausspielen von Konkurrenten zum Zwecke des eigenen Machterhalts.
"Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschaffen hat", ist der Titel des Buches - warum Mary Trump damit erst jetzt an die Öffentlichkeit geht, begründet sie damit, dass sie nicht länger schweigen konnte und Schlimmeres verhindern wolle, sprich eine zweite Amtszeit ihres Onkels. Der Präsident schickte seinen jüngeren Bruder Robert vor, um gegen die Veröffentlichung vorzugehen – ein Gericht lehnte ein Verbot ab.
So macht vor Erscheinen des Buches diese Sprachregelung im Weißen Haus die Runde: Es sei alles erstunken und erlogen, so Trump-Sprecherin Kayleigh McEnany: "Die lächerlichen und absurden Anschuldigungen", so wörtlich, "entbehren jeder Grundlage".