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Buchautor Gideon Böss
"Das Thema Religion hat viel humoristisches Potenzial"

"Deutschland, deine Götter", so heißt das neue Buch des Autors Gideon Böss. Dafür hat er bundesweit alle möglichen Glaubensgruppen porträtiert. Am besten habe ihm "totale Ernsthaftigkeit" gepaart mit "komischen Ritualen" gefallen, sagte Böss im DLF. Sehr sympathisch seien ihm die Mormonen gewesen; enttäuscht habe ihn die "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters".

Gideon Böss im Gespräch mit Burkhard Müller-Ullrich |
    Rüdiger Weida von der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" steht am 05.04.2016 neben seinem Schild "Nudelmesse" in Templin (Brandenburg) und im Hintergrund ist das Schild der katholischen und evangelischen Kirche zu sehen.
    Rüdiger Weida von der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" (picture alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Insgesamt 26 verschiedene religiöse Gruppen hat Böss auf seiner Reise durch Deutschland gezählt. Er sei erstaunt gewesen über die religiöse Vielfalt abseits der großen Kirchen. So berichtet der Schriftsteller aus Berlin etwa über seine enttäuschende Begegnung mit der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters". Die Gruppe sei "reiner Schabernack", vielleicht sogar weniger. Böss sagte, er habe sich vor seinem Besuch dort extra das Evangelium der Gruppe durchgelesen. Deren Vertreter hätten sich aber geweigert, ernsthafte Fragen zu beantworten. Hier stelle sich die Frage, warum sich die Gruppe überhaupt als Satire-Religion inszeniere und nicht einfach nur als kirchenkritischer Verein agiere.
    Als sehr sympathisch empfindet Böss die ebenfalls in Deutschland aktiven Mormonen. Allerdings nicht wegen ihres Glaubens an sich, der Sex vor der Ehe und Homosexualität ausschließe und damit sehr konservativ sei. "Überraschend ist aber, wie lässig und elegant die Mormonen mit Kritik umgehen", sagte der Autor. Am New Yorker Broadway gebe es das Musical "The Book of Mormon", das einen einzigen Angriff auf sämtliche religiösen Gefühle der Mormonen darstelle. Statt gegen die Aufführung zu demonstrieren, hätten sich die Mormonen über die Preise für Werbeanzeigen im Begleitheft des Musicals informiert. Schließlich hätten sie folgenden Reklametext geschaltet: "Das Musical ist schon gut. Unser Buch ist noch viel besser. Holen Sie sich das Buch!" Böss sagte, das sei für ihn der Inbegriff der Souveränität, wie man mit einer Verletzung religiöser Geühle umgehen könne.
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