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Buddha-Ausstellung in Frankfurt
Von traditionell bis Pop-Kultur

Buddha ist populär. Das ist nicht nur auf den Erfolg seiner Lehre zurückzuführen. Ebenfalls haben sich seine Bildnisse in die Hirne westlicher Zeitgenossen eingebrannt. Dass Buddha-Darstellungen ausgesprochen vielfältig sind, ist jetzt in einer Schau im "Museum Angewandte Kunst" in Frankfurt am Main zu sehen. Sie heißt: "Buddha. 108 Begegnungen".

Von Ludger Fittkau |
    Eine liegende Buddha-Figur in Laos
    Eine liegende Buddha-Figur in Laos (AFP / Christophe Archambault)
    Auf den ersten Blick ist das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main ein modernes Museum, wie es sie viele gibt. Ein 30 Jahre alter, heller Ausstellungsbau. Gut geeignet für Wechselausstellungen aller Art. Doch von heute an ist das funktionale Gebäude auch ein buddhistisches Meditationszentrum. Denn Buddhisten glauben, die 108 Buddha-Figuren würden auch im Museum ihre wohltuende Wirkung auf den Betrachter nicht verfehlen.
    In Frankfurt ist eine beeindruckende Vielfalt von Buddha-Darstellungen aus fast zwei Jahrtausenden zu sehen. Bereits auf den ersten Blick wird klar – Buddha ist nicht nur männlich und sanftmütig. Elke Hessel vom Tibethaus Deutschland hat die Ausstellung mitorganisiert:
    "Es gibt sowohl weibliche Buddha-Darstellungen als auch zornvolle, männliche und weibliche Darstellungen. Und das hat etwas damit zu tun, dass man eher von einem Buddha-Prinzip spricht, das sich Symbolbilder geschaffen hat, die zornvoll sein können oder auch friedvoll. Oder auch vermehrenden Charakter haben können, Reichtums-Charakter. Spirituellen Reichtumscharakter. Und das ist etwas, wo eine unheimliche Vielfalt im tibetischen Kontext entstanden ist. Vielleicht der größte Teil schon in Indien."
    "Es sind geistige Hilfsmittel"
    Siddhartha Gautama Buddha – der Erleuchtete – war ein indischer Fürstensohn, der um 500 vor Christus gelebt haben soll. Dieser historische Buddha inspirierte insbesondere seit dem 2. Jahrhundert nach Christus in Asien viele Künstler. Sie versuchten, mit Skulpturen das Buddha-Prinzip ausdrücken. Elke Hessel:
    "Vielleicht ist es auch wichtig zu sagen, dass diese sogenannten Gottheiten nicht zu vergleichen sind mit den Gottheiten des Pantheon im griechischen Kontext oder dem germanischen Götterhimmel. Das sind Symbolbilder. Das sind keine außerhalb von uns im Himmel residierenden Wesenheiten, sondern es sind geistige Hilfsmittel, um sich bestimmten Buddha-Qualitäten anzunähern. Ein bekannter Meister sagte immer: technische Hilfsmittel."
    Buddha-Qualitäten – das sind etwa Weisheit oder spirituelle Größe, die man durch Meditationstechniken erreichen kann. Das Streben nach solchen Qualitäten kommt in der Zeit des europäischen Mittelalters auch in einer sakralen tibetischen Figur zum Ausdruck, die ein Paar beim Liebesakt zeigt. "Hier sieht man die Vereinigung von Weisheit und Methode. Weisheit ist der weibliche Teil dieser Figur und Methode der Männliche."
    In Frankfurt wird eine Auswahl von 108 buddhistischen Kunst-Objekten aus Indien, China, Tibet, Korea und Japan gezeigt, die teilweise noch nie für die Öffentlichkeit zugänglich waren. Genau 108 Ausstellungsstücke sind es, weil die Zahl 108 im Buddhismus eine heilige Zahl ist. Elke Hessel vom mitveranstaltenden Tibethaus Deutschland:
    "Im tibetisch-buddhistischen Kontext werden ganz viele heilige Orte mit der Zahl 108 verbunden. Es gibt zum Beispiel dreidimensionale Mandala- Klosterstrukturen, da ist ringsum eine Mauer mit 108 kleinen Stupas. Stupas sind diese kleinen Reliquien-Schreine. Und es gibt 108 heilige Seen und 108 Berge. Alles wird auf diese Zahl bezogen."
    Der Pop-Kultur-Buddha
    Die Ausstellung in Frankfurt am Main schlägt einen weiten historischen Bogen. Die älteste Figur entstand im 2. Jahrhundert nach Christus im antiken Handelszentrum Gandhara, in der Nähe der heutigen pakistanischen Millionenstadt Peschawar. In diesem Buddha wird auch der Einfluss der griechisch-römischen Bildhauerkunst sichtbar. Stephan von der Schulenburg, Kurator der Asiatischen Sammlung des Frankfurter Museums Angewandte Kunst:
    "Jetzt mal abgesehen davon, dass er Locken hat, wie man sie ähnlich auch bei der provinzial-römisch und griechischen Skulptur kennt und dass die Gesichtszüge auch schon fast in die Nähe indo-europäischer Physiognomien geraten - diese Toga, die er trägt, könnte beinahe auch schon eine römische Toga sein."
    Ganz anders: ein erst 2012 gestalteter weißer Buddha. Er trägt ein Kleid aus Stickern. Die Sticker zeigen Che-Guevara- oder Jesusbildchen, aber auch Mickey-Mouse-Figuren. Geschaffen vom tibetischen Künstler Gonkar Gyatso, der bereits auf der Biennale von Venedig vertreten war. Für traditionelle Tibeter ist ein solcher Pop-Kultur-Buddha eine Provokation, räumt Elke Hessel ein. Anders ist das für moderne tibetische Buddhisten wie Gonkar Gyatso, den sie persönlich kennt:
    "Buddha umfasst alles, was an Phänomenen wahrnehmbar ist, und Buddha trennt auch nicht zwischen profan und religiös; und deswegen ist es durchaus möglich, Buddha als beklebte – scheinbar – Konsum-Ikone zu verwenden."
    Facettenreich und niemals langweilig sind diese 108 Begegnungen mit dem Buddha-Prinzip in Frankfurt. Ein Besuch der Ausstellung ist unbedingt empfehlenswert, auch wenn man nicht meditieren will.