Nepalesische Schulkinder und Pilger aus Süd- und Ostasien drängen sich in den fensterlosen quadratischen Bau, den Maya Devi Tempel, das Herzstück Lumbinis. In der schmucklosen Halle sind die Grundmauern eines frühen buddhistischen Tempels aus der Zeit Kaiser Ashokas zu sehen, der im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung Indien regierte und von dort Missionare ins heutige Sri Lanka, nach Burma und sogar bis nach Griechenland sandte, die den Buddhismus dort verbreiten sollten. Geduldig warten die Pilger, bis sie zu einem Stein in der Mitte der Halle vorgelassen werden, der exakt den Ort markieren soll, wo Buddha vor rund 2600 Jahren von seiner Mutter Maya Devi geboren wurde. Ein Mönch aus Vietnam sitzt in einer Ecke, rezitiert ein Gebet und trommelt dazu.
Auch nach einer Restaurierung sieht man dem Maya Devi Tempel weder seine Bedeutung an, noch dass er seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe ist, so wenig einladend wirkt er auf Besucher. Draußen erstreckt sich der sogenannte Friedensgarten. Das Wasser in einem Teich, in dem Maya Devi kurz vor der Entbindung gebadet haben soll, ist schmutzig, der Rasen rund um einen Banyanbaum ungepflegt. Buddhistische Mönche und hinduistische Sadhus sitzen dort einträchtig zusammen.
Von dort geht es über lange, staubige Pfade, vorbei an zu gewucherten Teichen und einem mit Müll bedeckten zentralen Kanal, zu den einzelnen nationalen Tempeln, die sich hinter Gestrüpp verbergen.
Der Masterplan - ein schwieriges Unterfangen
Dort hat es den Anschein, dass die buddhistischen Stupas und Pilgerunterkünfte Thailands, Birmas, Sri Lankas oder Chinas, um nur einige zu nennen, in ihrer Pracht und den Ausmaßen sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchen. Fünf bis sechs Stunden kann es dauern, bis man sie alle besucht hat. Elektroautos sollen deshalb zukünftig müde Pilger transportieren. Doch das sind bisher nur Pläne. Der "Lumbini Development Trust", der 1985 gegründet wurde, ist verantwortlich für die Gestaltung Lumbinis. Vizepräsident ist Karma Shangbo Sherpa, ein buddhistischer Mönch aus Nepal.
"Es gibt seit 1978 einen Masterplan, der auf den Entwürfen des berühmten japanischen Architekten und Stadtplaners Kenzo Tange beruht. Die Regierung Nepals und die Vereinten Nationen haben ihn angenommen. Wir haben hier ein Team, das versucht, diesen Plan so schnell wie möglich umzusetzen. Ich bin seit 2008 dabei und musste mich erst einarbeiten. Was den zentralen Kanal betrifft, konnten wir den Masterplan fast vollständig verwirklichen. Dort sollten eigentlich Boote die Pilger transportieren, aber sie sind derzeit nicht funktionstüchtig. Wir haben einige Wege betoniert und gesäubert, auch die Gärten und so den Masterplan erfüllt. Ich denke, es ist in Ordnung so."
Eine zügige Gestaltung von Buddhas Geburtsstätte kann ebenso schnell wieder in Desinteresse umschlagen, wenn die Regierungen im überwiegend hinduistischen Nepal wechseln, wie so oft in den letzten 25 Jahren. Präsident des "Lumbini Development Trusts" ist stets der jeweilige Kulturminister Nepals. Karma Shangbo Sherpa äußert sich deshalb nur vorsichtig dazu.
"Was hier geschieht, ist abhängig von denen, die gerade an der Macht sind. Die Motivation und Zielsetzung ist unterschiedlich und jeder Politiker hat eine andere Mentalität. Aber Lumbini war und ist für alle gleich wichtig, wie auch der Buddhismus in Nepal. Derzeit ist der Kulturminister selbst auch Buddhist, aber so war es nicht immer. Die einzelnen Minister können nicht schalten wie sie wollen. Sie müssen sich im jeweiligen Kabinett einordnen."
"Lumbini sollte ein ruhiger Ort bleiben"
Da es in den letzten Jahrzehnten nicht recht voran ging, betreiben buddhistische Organisationen aus den einzelnen asiatischen Ländern zunehmend Lobbyarbeit in Nepal, um selbst das Heft vor Ort in Lumbini in die Hand nehmen zu können. Vor allem China versucht sich als "soft power" in der buddhistischen Welt durchzusetzen. 2010 tauchten Meldungen auf, dass der oberste Guerillachef der Maoisten Nepals, der Brahmane Prachanda, selbst Vorstandsmitglied einer Stiftung mit Sitz in Peking geworden sei, die Lumbini mit drei Milliarden US-Dollar in ein buddhistisches Mekka verwandeln wolle. China bot an, eine Eisenbahn von Tibet über den Himalaja bis nach Lumbini an die indische Grenze zu bauen. Es gab sogar den Plan, einen riesigen Turm dort hochzuziehen und ausgerechnet eine britische Firma, die sonst auf Jahrmarktanlagen spezialisiert ist, sollte dafür den Zuschlag bekommen. Kein Wunder, dass während einer Konferenz in Lumbini Mitte November 2014 schon von einem buddhistischen Disneyland die Rede war, dass es zu verhindern gilt. Einer der Teilnehmer war Khy Sovanaratana, ein buddhistischer Mönch aus Kambodscha.
"Die meisten Teilnehmer sprachen sich gegen eine industrielle Entwicklung mit Fabriken in der Umgebung und Hochhäusern aus. Lumbini sollte ein ruhiger Ort bleiben und weiter von Dörfern umgeben sein. Wir brauchen keine Unterhaltungsindustrie wie in Disneyland, aber Lumbini sollte doch so populär wie Disneyland werden. Ob China eine Eisenbahn bis an die indische Grenze bauen darf, werden wir sehen. Erst seit einigen Jahren engagiert sich China als buddhistisches Land zur Förderung dieser Religion und wird diese Politik weiter ausbauen. Wir hoffen aber, dass dabei auch die arme Bevölkerung rund um Lumbini profitiert und ihre Lebensverhältnisse verbessert werden. Das ist meines Erachtens wichtiger als gut ausgebaute Straßen und eine schnelle Eisenbahnverbindung."
Lumbini wird gesäumt von staubigen Straßen mit viel Lärm, die zu kleinen Dörfern mit Fabriken führen. Einige Anrainer arbeiten als Rikscha-Fahrer und Souvenirverkäufer in Lumbini, eröffneten ein Restaurant oder ein kleines Hotel. Soll die arme Bevölkerung, mehrheitlich Hindus, überhaupt einbezogen werden? Oder hat der Pilgerort eher eine Zukunft als Luxusziel für betuchte Touristen, die in teuren Resorts untergebracht werden? Im Streit um unterschiedliche Pläne, geschieht am Ende wenig in Lumbini.