"Meine Mutter war auch eine Nonne. Sie hat diesen Tempel geleitet. Und so wurde von mir erwartet, dass ich den Tempel einmal weiterführen würde. Aber dagegen habe ich mich zunächst aufgelehnt", sagt die thailändische Nonne Dhammananda. "Aber eines Tages stand ich vor dem Spiegel und dachte: Wie lange will ich eigentlich noch jeden Morgen Make up auftragen? Auf einmal hatte ich genug von diesem normalen Leben und ich fragte mich: Wie will ich den Rest meines Lebens verbringen? Da habe ich mich entschieden, Nonne zu werden."
Heute leitet sie in der Nähe von Bangkok den buddhistischen Songdhammakalyani-Tempel und das dazugehörige Nonnenkloster. Bevor Dhammananda den Entschluss fasste, als Nonne zu leben, lehrte sie an der angesehenen Thammasat Universität in Bangkok. Sie hieß damals noch Chatsumarn Kabilsingh und war der breiten Öffentlichkeit bekannt durch ihre Fernsehshow, in der sie Fragen rund um den Buddhismus behandelte. Ihren Ehemann und die drei Söhne verließ sie, als sie sich für die Ordination entschied.
"Zunächst erhielt ich die Weihe zur 'samaneri', einer Novizin, und nach zwei Jahren bekam ich dann die volle Ordination: Ich wurde eine Bhikkhuni. Als die Leute mich erstmals mit kahlgeschorenem Kopf und in safranroter Robe gesehen haben, waren sie schockiert: eine Frau im gleichen Gewand wie die Mönche. Es gab viele Diskussionen und heftige Kritik an meinem Verhalten. Aber irgendwie habe ich das durchgestanden."
Bhikkhuni Dhammananda war die erste Frau in Thailand, die als Nonne in der Theravada-Tradition geweiht wurde. Ihre Mutter erhielt bereits 1971 in Taiwan die Ordination, von Nonnen und Mönchen des Mahayana-Buddhismus. Sie war die erste, voll ordinierte Nonne in Thailand überhaupt.
Allerdings erkennt der Höchste Rat der thailändischen Buddhisten die Ordination von Nonnen nicht an. Eine Vorschrift besagt, dass eine einmal unterbrochene Ordinationslinie nicht wieder aufgenommen werden darf. Und die Nonnenorden wurden schon vor achthundert Jahren aufgelöst.
Trotzdem gibt es in einem anderen Theravada-Land, in Sri Lanka, seit 1998 wieder buddhistische Nonnen. Auch die thailändische Nonne Dhammananda erhielt ihre Weihe in Sri Lanka. Ihrem Beispiel folgten viele Frauen.
"Seit meiner Weihe 2001 erhielten etwa einhundert Frauen die volle Ordination. Dies ist eine beachtliche Zahl in nur fünfzehn Jahren. Mittlerweile gibt es Bhikkhunis in zwanzig thailändischen Provinzen und in allen Landesteilen. Im Norden, in Chiang Mai, gibt es einen großen, von Nonnen geführten Tempel."
Nonnen in safranroten Roben sind erst seit fünfzehn Jahren in der Öffentlichkeit zu sehen. Frauen in weißen Gewändern hingegen gehören schon länger zum Straßenbild. Auch diese Nonnen sind in Thailand nicht gern gesehen. Die meisten Thais werfen ihnen vor, sich nicht um ihre Eltern zu kümmern und somit Schande über ihre Familien zu bringen.
Trotzdem entscheiden sich immer wieder Frauen für ein Klosterleben. Die Nonnen im Songdhammakalyani-Tempel kommen aus ganz verschiedenen Gesellschaftsschichten: Einige sind Akademiker, andere wiederum sind fast ohne Schulbildung.
"Wir treffen uns jeden Morgen und Abend, um gemeinsam zu singen. Zum Frühstück und Mittagessen kommen wir auch zusammen. Jetzt gleich treffen wir uns im Hof, um draußen zu arbeiten. Aufräumen, Fegen, unseren Gemüsegarten umgraben, Erde beiseiteschaffen – alles, was eben so anfällt. Zum Teil ist es wirklich schwere Arbeit. Wir arbeiten eine Stunde zusammen, dies festigt unsere Gemeinschaft."
Dhammananda setzt sich besonders für Frauen ein. Rund 90 Prozent der Besucher des Songdhammakalyani-Tempels sind Frauen. Die Nonnen und die Leiterin des Tempels kümmern sich um die Besucherinnen.
"Mütter und Ehefrauen konzentrieren sich oft viel zu sehr auf ihren Ehemann und die Kinder. Deshalb rate ich ihnen, auch Zeit für sich selbst zu beanspruchen. Ansonsten werden sie mit der Zeit unzufrieden und ärgern sich über ihren Mann und die Kinder. Und ich erinnere sie daran, die Lehre Buddhas in das tägliche Leben zu integrieren."
Dhammananda folgt dem Bodhisattva-Pfad. Das bedeutet unter anderem: Ihre Taten und ihr Verhalten sollen selbstlos sein und nur dem Wohlergehen der Mitmenschen und der anderen Lebewesen dienen.
"Ich rede nicht nur mit Leuten und Frauen, die zum Tempel kommen. Ich kümmere mich auch um Frauen, die nicht nach draußen dürfen. Um Frauen im Gefängnis zum Beispiel. Auch wenn Nicht-Buddhisten Probleme haben, besuche ich sie."
Die Nonnen geben Ratschläge, helfen bei der Betreuung kranker und alter Menschen und versuchen, familiäre Probleme zu lösen. Die Folge:
"Die Leute hier in der Gegend unterstützen uns. Und da sie wissen, dass wir Vegetarier sind, bieten sie uns auf unseren Almosengängen auch kein Fleisch an. Am Sonntag bekommen wir dann soviel, dass davon leicht vierzig Leute satt werden könnten – zwei große Körbe voll Obst und Gemüse, jeden Sonntag."
Bhikkhuni Dhammananda hält immer wieder Vorträge zur Lehre Buddhas in ihrem Tempel. Und sie spricht über die Ordensregeln.
"Die Lehre Buddhas und die praktische Ausbildung sind für uns Nonnen wichtig. Die Frauen lassen sich ordinieren, aber wissen zu wenig über die Ordensregeln, und sie haben nur Grundkenntnisse, was den Buddhismus betrifft. Und deshalb respektieren die Leute sie nicht. Wir Nonnen erhalten keine Ausbildung wie die Mönche: Die werden im Tempel umfassend geschult. Das versuchen wir jetzt auch in unserem Tempel."
Nonnen in Thailand sind den Mönchen noch längst nicht gleichgestellt. Aber Bhikkhuni Dhammananda ist zuversichtlich, dass sich in Zukunft etwas ändern wird.
"In diesem Jahr habe ich erstmals Frauen ordiniert. Aber bei der Ordination müssen sowohl Mönche als auch Nonnen anwesend sein. Deshalb findet die Zeremonie bis jetzt in Sri Lanka statt, da uns die Mönche dort unterstützen. Ich bin zuversichtlich, dass sich in dieser Beziehung auch in Thailand etwas ändern wird. Die Mönche hier müssen anerkennen, dass Bhikkhunis ihren Platz in der thailändischen Gesellschaft haben und zu ihrer Verbesserung beitragen.