Christiane Florin: In wenigen Tagen treffen sich im Allgäu tausende Buddhisten zu einem Sommerkurs. Sie wollen meditieren, der Erleuchtung näherkommen und vor allem wollen sie Ole Nydahl zuhören, einer buddhistischen Berühmtheit. Unsere "Sendung Aus Religion und Gesellschaft" nimmt heute Abend um 20:10 Uhr das Wirken einiger spiritueller Stars unter die Lupe, eben auch das von Ole Nydahl.
Feature "Buddhistische Populisten und ihre Macht"
Mittwoch, 26. Juli, 20:10 im Dlf.
Mittwoch, 26. Juli, 20:10 im Dlf.
Kinderkriegen als Kulturkampf, verkündet Nydahl - das ist eine eher unbekannte Seite der sanften Lehre, eine andere ist der Machtmissbrauch von Lehrern gegenüber ihren Schülerinnen. Mechthild Klein hat für uns recherchiert. Sie ist die Autorin der Sendung von heute Abend und gibt nun einen Einblick in ihre Werkstatt. Frau Klein, wie haben Sie Verdacht geschöpft, dass die buddhistische Welt nicht nur aus Yoga und innerem Gleichgewicht besteht?
Mechthild Klein: Das war eher ein Zufall. Ich recherchierte zu einem anderen Thema im Buddhismus. Ich war bei einer überregionalen Veranstaltung und habe dort buddhistische Meister erlebt, die ihre Übersetzerin total vorgeführt haben. Ein tibetischer Meister hat superlange Absätze gesprochen und die Übersetzerin hatte Schwierigkeiten, im Deutschen hinterher zu kommen. Der Vortrag des Meisters war inhaltlich dermaßen flach und mit Binsenweisheiten gespickt, dass ich mich wunderte, dass dieser Mann so hofiert und gefeiert wurde. Dann fing ich an, genauer hinzusehen und nachzuforschen.
Im Internet habe ich Plattformen, Dokumente und Zeitschriften gefunden, die den Machtmissbrauch aufgegriffen haben. Da waren Meister im Fokus, die Dutzende von Affären mit ihren Schülerinnen hätten - natürlich unter dem Deckmäntelchen der Verschwiegenheit. Wenn man sich vorstellt: Diese buddhistischen Lehrer werden von ihren Anhängern verehrt und als erleuchtet angesehen. Und was machen diese Meister? Nicht die Welt retten. Nicht den Menschen helfen, ihr spirituelles Potenzial zu entwickeln oder Mitgefühl zu kultivieren. Sondern sie nutzen die Frauen aus oder sondern rechtsradikale Ansichten ab.
"Manche Buddhisten begegneten mir eher verhalten"
Florin: Wie in dem Beispiel gehört. Kritik gibt es nicht?
Klein: Es war sehr unterschiedlich in meinen Recherchen. Ich habe Interviewanfragen gestellt. Einige sind Gesprächsterminen lieber aus dem Weg gegangen. Andere wollten nicht mit Namen genannt werden, obwohl sie sehr wütend auf ihren Ex-Guru waren. Andere wollten kontrollieren, in welchem Kontext ihre Aussagen erscheinen. Also da gab es sehr viel Skepsis und Misstrauen.
Manche Buddhisten begegneten mir eher verhalten. Die sahen zwar vereinzelt Probleme, hatten aber Angst, dass das zarte Pflänzchen Buddhismus in Deutschland Schaden nimmt, denn es hat noch gar keine Wurzeln. Sie haben Angst, dass ihnen die Leute davonlaufen. Erfreulicherweise habe ich aber auch kritische Buddhisten und Wissenschaftler getroffen, die diese Fehler im System durchaus sahen und benennen konnten.
Florin: Die ja auch heute Abend in dem Feature zu Wort kommen.
Klein: Ja. Einige kommen zu Wort. Grundsätzlich sehe ich es als Problem an, dass junge Buddhisten einen Machtmissbrauch gar nicht wahrnehmen. Denen fehlt es einfach an buddhistischem Background, die kennen die Strukturen und Geschichte des Buddhismus kaum.
Florin: Sie haben schon einiges zum Thema Machtmissbrauch im Buddhismus veröffentlicht, unter anderem auch in "Tag für Tag". Welche Reaktionen hattten Sie bisher und welche erhoffen Sie sich?
Klein: Diejenigen, die kritisch auf den Buddhismus schauen, unterstützen mich. Die sind der Ansicht, dass das Problem noch nicht wahrgenommen wird und vor allem der buddhistische Sangha und die Spitze ...
Florin: Sangha ist die Gemeinschaft.
Klein: Ja, dass die etwas tun muss. Das muss in den Fokus rücken, darüber muss diskutiert werden. Wie kann man diesen Meistern einen Riegel vorschieben kann, wie kann man Stoppregeln finden, wie kann man Regeln finden? Bisher gibt es noch nichts. Das würde ich mir sehr wünschen. Mit Wegsehen ist noch keiner Gemeinschaft geholfen worden.