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Buenos Aires
Aus Zoo wird Ökopark

Der 140 Jahre alte Zoo von Buenos Aires soll zu einem Ökopark umgebaut werden. Anstatt mitten in der Stadt exotische Tiere auszustellen, will die Leitung künftig Biovielfalt erhalten und vermitteln. Doch das Leben der Tiere zu verbessern, wird nicht leicht.

Von Victoria Eglau |
    Kinder im Alter von ca. zahn Jahren und ihre Eltern füttern Giraffen in einem Gehege, im Zoo von Buenos Aires, Argentinien
    Besucher füttern Giraffen im Zoo von Buenos Aires, 21. Januar 2016 (imago/Xinhua)
    Vor dem runden, hohen Affenkäfig stehen Kinder. Jede Bewegung der beiden schwarzen, flinken Klammeraffen kommentieren sie aufgeregt. Dann ziehen ihre Mütter sie fort, in Richtung Giraffen-Gehege. Noch ist der 140 Jahre alte Zoológico von Buenos Aires ein herkömmlicher Zoo, doch das soll sich nun ändern. Am Haupteingang im Stadtteil Palermo steht seit kurzem ein großes Schild mit der Aufschrift "Ecoparque" - Ökopark.
    "Es geht uns darum, das aus dem neunzehnten Jahrhundert stammende Konzept zu ändern, seltene und exotische Tiere mitten in der Stadt auszustellen. Die vorrangige Aufgabe des neuen Ökoparks wird der Erhalt der Biovielfalt sein", erklärt die Argentinierin Rosario Espina, die viele Jahre lang bei Greenpeace arbeitete. Ihr neuer Job heißt "Direktorin für das Tierwohl" im Noch-Zoo von Buenos Aires, einem 18 Hektar-Areal, das von verkehrsreichen Avenidas umgeben ist.
    Um das Wohl der rund 1.500 Zoo-Insassen war es in den vergangenen Jahrzehnten nicht allzu gut bestellt. 2013 starb ein Eisbär – im Dezember, einem der heißesten Monate von Buenos Aires.
    Tod eines Eisbären löste Umdenken aus
    "Durch seinen Tod wurde vielen Leuten klar, wie absurd es ist, in Buenos Aires einen Eisbären zu halten. Und wie schlecht seine Lebensbedingungen waren. Von da an gab es immer mehr Anzeigen von Tierschützern und Forderungen, den Zoo in seiner bisherigen Form abzuschaffen."
    Das Schicksal einiger Tiere sorgte für besonders viel Anteilnahme. Ende 2014 erstritten Tierschützer die Freilassung von Sandra, einem Orang Utan-Weibchen, das vor zwanzig Jahren in Deutschland geboren wurde. Doch Sandra hat den Zoo von Buenos Aires immer noch nicht verlassen. Nachdem die Stadt in diesem Jahr dem Privatbetreiber die Konzession entzogen und den Zoo unter ihre Fittiche genommen hat, überprüft jetzt ein Team von Biologen und Veterinären, wo und wie jedes Tier künftig leben soll. Nur in wenigen Fällen könnten Zoo-Tiere in die völlige Freiheit entlassen werden, erklärt Rosario Espina:
    "Tiere, die immer eingesperrt waren, in ihrem natürlichen Lebensumfeld auszusetzen ist schwierig. Die meisten sind auf ein Leben in Freiheit nicht vorbereitet. Für jedes Tier treffen wir eine individuelle Entscheidung: Kann es an einen besseren Ort verlegt werden, ja oder nein?"
    Eulen trainieren, in größeren Räumen zu fliegen
    Ob Tiere den Zoo verlassen können, ob sie überhaupt transportfähig sind, hängt von ihrer Gattung, ihrem Alter und Gesundheitszustand ab. Im Juli wurden die ersten Zoo-Bewohner in ein Schutzgebiet gebracht: vier Eulen. Zurzeit trainieren sie ihre Muskulatur und lernen, in größeren Räumen zu fliegen. Für sie wird ein Leben in Freiheit tatsächlich möglich sein, doch das ist die Ausnahme.
    Die meisten Zoo-Insassen werden wohl dauerhaft in Schutzgebieten unterkommen, oder aber in Tierparks mit mehr Auslauf-Fläche, als der Zoo von Buenos Aires zu bieten hat. Hernán Ibanez gehört zum Team, das über das Schicksal jedes einzelnen Tieres entscheidet:
    "In Argentinien versuchen wir, Tiere in der Umgebung anzusiedeln, aus der sie ursprünglich stammen. Ein Brüllaffe etwa gehört in den Norden, in die Provinz Misiones."
    Rosario Espina steht vor dem Papageien-Käfig, in dem große, in prachtvollen Farben leuchtende Aras um die Wette schreien. Die Aras könnten in einem Schutzgebiet im Nachbarland Brasilien ein neues Zuhause finden, sagt die Tierwohl-Direktorin. Viel schwieriger ist es, die Giraffen, Löwen, Tiger und Elefanten des Zoos dorthin zu bringen, wo sie ursprünglich beheimatet sind. Afrika und Asien sind weit weg.
    Viele Tiere können nicht umgesiedelt werden
    "Wir glauben, dass eine recht große Zahl von Tieren hier bleiben wird, im neuen Ökopark, weil sie nicht umgesiedelt werden können. Unsere Aufgabe ist, ihre Lebensbedingungen hier erheblich zu verbessern."
    Mit der Renovierung der Käfige und Tierhäuser des denkmalgeschützten Zoos von Buenos Aires wurde bereits begonnen. Die Herausforderung ist nun, nach und nach mehr Platz zu schaffen für die Tiere, die im künftigen Ecoparque leben werden. Um Lärm und Stress zu verringern, ist die Besucherzahl auf täglich zweitausend begrenzt worden. Und statt nur Tiere anzugucken, sollen Kinder über Biodiversität, Natur- und Artenschutz lernen. Zum Erhalt der Biovielfalt will der Ökopark auch ganz konkret beitragen.
    "Kondore, Jaguare, Tapire oder Aras, diese vom Aussterben bedrohten Tiere haben wir hier. Wir können dazu beitragen, Nachwuchs zu züchten, um diesen dann in freier Wildbahn aufwachsen zu lassen."
    Sumpfbiber und Große Pampashasen, beides Nagetiere, laufen heute frei im Ecoparque herum und bieten ein idyllisches Bild. Doch bis der bisherige Zoo den neuen Namen Ökopark wirklich verdient, muss noch viel geschehen. Mara, eine 52-jährige Elefanten-Dame, kommt heute nur vier Stunden pro Tag an die frische Luft. Und Sandra, das Orang Utan-Weibchen, hat bislang nicht die Bewegungsfreiheit, die ihr ein argentinisches Gericht zugesprochen hat.