Vier Stunden lang Frontalunterricht in einem stickigen Hörsaal – und das an einem Samstagvormittag: Aber die knapp 100 Zuhörer in Raum 384 der Internationalen Moskauer Universität sind freiwillig hier. Wenn Russland seinen Präsidenten wählt, wollen sie als Wahlbeobachter mit eigenen Augen sehen, was vor sich geht an den Urnen und beim Auszählen der Stimmen. Ein Thema des Vortrages: Wie können Manipulationsmethoden erkannt und verhindert werden.
Organisiert wird das Seminar von der Initiative "Der Bürger als Beobachter", die für die Parlamentswahlen Anfang Dezember 500 Moskauer ausgebildet und in Wahllokale geschickt hat. Zur Präsidentschaftswahl ist ein Beobachterboom ausgebrochen: Um rechtzeitig alle Interessierten auszubilden, veranstaltet die Initiative derzeit drei Seminare täglich, am Wochenende sogar sechs pro Tag.
"Das ist für mich das erste Mal als Wahlbeobachterin. Ich habe mich dazu entschieden, als ich nach der Parlamentswahl die ganzen Videos auf Youtube gesehen habe, auf denen Fälschungen zu sehen sind. Das hat mich schockiert und beleidigt. Aber ich bin sehr nervös, deshalb versuche ich so viel wie möglich über meine Rechte und das Wahlgesetz zu lernen, damit ich weiß, wie ich im Wahllokal helfen kann."
Sagt die 35 Jahre alte Bankangestellte Arina, die fast jedes Wort des Dozenten mitschreibt.
Allein in Moskau werden am Sonntag knapp 10.000 unabhängige Wahlbeobachter aktiv sein, schätzt Dozent Mattvei Petuchow von den "Bürger-Beobachtern". Denn auch die renommierte Beobachterorganisation "Golos", übersetzt "Stimme", bildet weiter aus. Und der Anti-Korruptionsblogger Alexey Nawalny, der neue Star der Oppositionsbewegung, hat ein ähnliches Projekt ins Leben gerufen.
In den Regionen Russlands werden es deutlich weniger unabhängige Beobachter sein als in Moskau oder St. Petersburg, bedauert Petuchow. Fälschungen müsse man überall fürchten – trotz der Internetkameras für jedes Wahllokal, die Wladimir Putin medienwirksam als Reaktion auf Fälschungsvorwürfe bei der Parlamentswahl angeordnet hat.
"Das ist nur große Geldverschwendung. Auf Testbildern, die ich gesehen habe, konnte man nicht mal erkennen, ob da ein Wahlzettel eingeworfen wird oder zehn. Und hinzukommt, dass es überall technische Pausen bei der Übertragung der Bilder ins Internet gibt. In der Zeit kann alles Mögliche passieren im Wahllokal."
Der 22 Jahre alte Mathematik-Student Wladimir Morosow ist neuerdings ebenfalls Bürger-Beobachter. Nach dem Seminar besucht er eine Ausstellung, in der die Plakate ausgestellt sind, mit denen noch vor ein paar Wochen gegen Putin und gefälschte Wahlen demonstriert wurde. In ein paar Tagen schließt die Ausstellung wieder nach nur knapp zwei Wochen: Denn die Plakate werden gebraucht, für Proteste nach der Wahl. Auch Wladimir wird wieder dabei sein.
"Putin hat mir nie gefallen, aber erst nach der Parlamentswahl habe ich mit dem Protestieren angefangen. Ich fühlte mich vom Ablauf der Wahl persönlich beleidigt. Und davon, dass Putin und Medwedew schon im September bekannt gegeben haben, dass sie ihre Ämter tauschen wollen. Und dann wurden Wahlergebnisse vorgestellt, die nichts mit der Realität zu tun hatten."
Mit der Forderung nach fairen Wahlen versuchen neuerdings auch Putin-Unterstützer zu punkten: Die Jungaktivisten der Putin-Partei "Einiges Russland" begannen mit der Ausbildung von Wahlbeobachtern. Bisher waren sie bei kremlkritischen Medien eher dafür berüchtigt, Fälschungen unterstützt zu haben.
Außerdem entstand eine Bewegung mit dem Namen "Für saubere Wahlen", der laut eigenen Angaben 80.000 Wahlbeobachter in ganz Russland zu Verfügung stehen. Die Gruppierung, die vor allem aus jungen Juristen besteht, beteuert kein Kremlprojekt zu sein. Doch bei ihren Treffen sprechen auffallend oft Einiges Russland-Mitglieder. Und mit diesen Wahlbeobachtern zeigt sich selbst Putin gern im Staats-TV – während er die unabhängigen Wahlbeobachter von "Golos" vor Kurzem wieder einmal als Vaterlandsverräter beschimpfte.
Der Kampf um die Deutungshoheit über die Geschehnisse in den Wahllokalen hat längst begonnen. Und sowohl Putin-Gegner und als auch Unterstützer haben schon angekündigt, nach der Wahl auf die Straße zu gehen: Die einen um den Betrug anzuprangern, die anderen um den Sieg zu feiern.
Organisiert wird das Seminar von der Initiative "Der Bürger als Beobachter", die für die Parlamentswahlen Anfang Dezember 500 Moskauer ausgebildet und in Wahllokale geschickt hat. Zur Präsidentschaftswahl ist ein Beobachterboom ausgebrochen: Um rechtzeitig alle Interessierten auszubilden, veranstaltet die Initiative derzeit drei Seminare täglich, am Wochenende sogar sechs pro Tag.
"Das ist für mich das erste Mal als Wahlbeobachterin. Ich habe mich dazu entschieden, als ich nach der Parlamentswahl die ganzen Videos auf Youtube gesehen habe, auf denen Fälschungen zu sehen sind. Das hat mich schockiert und beleidigt. Aber ich bin sehr nervös, deshalb versuche ich so viel wie möglich über meine Rechte und das Wahlgesetz zu lernen, damit ich weiß, wie ich im Wahllokal helfen kann."
Sagt die 35 Jahre alte Bankangestellte Arina, die fast jedes Wort des Dozenten mitschreibt.
Allein in Moskau werden am Sonntag knapp 10.000 unabhängige Wahlbeobachter aktiv sein, schätzt Dozent Mattvei Petuchow von den "Bürger-Beobachtern". Denn auch die renommierte Beobachterorganisation "Golos", übersetzt "Stimme", bildet weiter aus. Und der Anti-Korruptionsblogger Alexey Nawalny, der neue Star der Oppositionsbewegung, hat ein ähnliches Projekt ins Leben gerufen.
In den Regionen Russlands werden es deutlich weniger unabhängige Beobachter sein als in Moskau oder St. Petersburg, bedauert Petuchow. Fälschungen müsse man überall fürchten – trotz der Internetkameras für jedes Wahllokal, die Wladimir Putin medienwirksam als Reaktion auf Fälschungsvorwürfe bei der Parlamentswahl angeordnet hat.
"Das ist nur große Geldverschwendung. Auf Testbildern, die ich gesehen habe, konnte man nicht mal erkennen, ob da ein Wahlzettel eingeworfen wird oder zehn. Und hinzukommt, dass es überall technische Pausen bei der Übertragung der Bilder ins Internet gibt. In der Zeit kann alles Mögliche passieren im Wahllokal."
Der 22 Jahre alte Mathematik-Student Wladimir Morosow ist neuerdings ebenfalls Bürger-Beobachter. Nach dem Seminar besucht er eine Ausstellung, in der die Plakate ausgestellt sind, mit denen noch vor ein paar Wochen gegen Putin und gefälschte Wahlen demonstriert wurde. In ein paar Tagen schließt die Ausstellung wieder nach nur knapp zwei Wochen: Denn die Plakate werden gebraucht, für Proteste nach der Wahl. Auch Wladimir wird wieder dabei sein.
"Putin hat mir nie gefallen, aber erst nach der Parlamentswahl habe ich mit dem Protestieren angefangen. Ich fühlte mich vom Ablauf der Wahl persönlich beleidigt. Und davon, dass Putin und Medwedew schon im September bekannt gegeben haben, dass sie ihre Ämter tauschen wollen. Und dann wurden Wahlergebnisse vorgestellt, die nichts mit der Realität zu tun hatten."
Mit der Forderung nach fairen Wahlen versuchen neuerdings auch Putin-Unterstützer zu punkten: Die Jungaktivisten der Putin-Partei "Einiges Russland" begannen mit der Ausbildung von Wahlbeobachtern. Bisher waren sie bei kremlkritischen Medien eher dafür berüchtigt, Fälschungen unterstützt zu haben.
Außerdem entstand eine Bewegung mit dem Namen "Für saubere Wahlen", der laut eigenen Angaben 80.000 Wahlbeobachter in ganz Russland zu Verfügung stehen. Die Gruppierung, die vor allem aus jungen Juristen besteht, beteuert kein Kremlprojekt zu sein. Doch bei ihren Treffen sprechen auffallend oft Einiges Russland-Mitglieder. Und mit diesen Wahlbeobachtern zeigt sich selbst Putin gern im Staats-TV – während er die unabhängigen Wahlbeobachter von "Golos" vor Kurzem wieder einmal als Vaterlandsverräter beschimpfte.
Der Kampf um die Deutungshoheit über die Geschehnisse in den Wahllokalen hat längst begonnen. Und sowohl Putin-Gegner und als auch Unterstützer haben schon angekündigt, nach der Wahl auf die Straße zu gehen: Die einen um den Betrug anzuprangern, die anderen um den Sieg zu feiern.