Terenzio Facchinetti gehört zu den Gründern der Darmstädter Gliederung von "Pulse of Europe". Seit vierzig Jahren lebt der gebürtige Italiener in Deutschland, er hat beide Staatsbürgerschaften. Zum ersten sogenannten "Hausparlament" der europafreundlichen Basisbewegung ist Terenzio Faccinetti als Moderator für eine Gruppe Studierende eingeteilt.
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Die Gruppe hat sich über das Darmstädter Studierendenwerk für das "Hausparlament" angemeldet, um über die aktuelle EU-Politik zu diskutieren.
Strukturierte Fragebögen mit Pro- und Contra-Argumenten
Treffpunkt ist ein Café im Darmstädter Staatstheater. Terenzio Fachinetti hat Teilnahmebögen mit zentralen Diskussionsfragen an acht Studierende ausgeteilt und erklärt jetzt die Regeln der Gesprächsrunde.
"Wie ihr gesehen habt, jeder von Euch hat den gleichen Teilnahmebogen. Und auf diesem Fragebogen sind drei Fragen. Und auf diesen Bögen gibt es drei Pro-Argumente und drei Gegenargumente."
Der Maschinenbaustudent Jannis liest die Fragen vor: "Frage 1 ist: Soll die EU einen Arbeitslosenfonds einführen, der in Notzeiten von betroffenen Ländern benutzt werden kann, um die Folgen vor Arbeitslosigkeit zu mildern? Frage 2 wäre: Soll die EU eine CO2-Steuer zum Klimaschutz einführen? Und die letzte Frage, die diskutiert wird, ist: Soll zum Schutz der Außengrenzen die Grenzschutzagentur Frontex personell und in ihren Befugnissen ausgebaut werden?"
Das ist reichlich Stoff für die gut zwei Stunden Debatte, die nun folgen. Immer wieder werden Zwischenergebnisse der Diskussion in die Fragebögen eingetragen. Diese sollen schließlich am Ende den Spitzenkandidaten für die Europawahl vorgelegt werden, erklärt Terenzio Fachinetti der Gruppe: "Und diese Spitzenpolitiker sollten auch sich äußern und sagen: Was denken wir und so weiter."
Schon die erste, gut halbstündige Debattenrunde zum möglichen europäischen Arbeitslosenfonds verläuft kontrovers: Die meisten Teilnehmer sind akademisch gebildet, sie stehen der EU mehrheitlich positiv gegenüber. Doch die Studierenden und die etwas älteren "Hausparlamentarier" am Nachbartisch kennen die großen Vorbehalte, die es hierzulande gegen Transferleistungen vor allem in den europäischen Süden gibt.
"Wir haben jetzt Nationalstaaten, die möglicherweise ihre eigenen Arbeitslosenfonds haben. Und auch ganz verschiedene Arbeitslosenraten haben. Spanien, Italien und Länder wie Deutschland oder noch weiter nördlich, die eben in einer ganz anderen Situation sind."
"Mein erster Impuls war, ich wäre uneingeschränkt dafür, finde es toll. Das wäre der richtige Schritt in eine soziale Richtung. Aber, wenn der Mensch nicht so wäre, wie der Mensch nun mal ist. Das es eben versucht wird auszunutzen, wo man es ausnutzen kann."
"Das ist völliger Unsinn. Der Mensch arbeitet gern, er ist nicht gerne arbeitslos und er hat sicherlich den Wunsch, aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen. Deswegen ist das für mich kein Argument."
Gesprächsformat erinnert "ein wenig an Schulaufsatz"
Mehr inhaltliche Übereinstimmung gibt es später bei der Frage einer möglichen CO2-Steuer der Europäischen Union. Strittig bleibt jedoch die Frage, ob der Handel mit Emissionsrechten ein sinnvolles Instrument gegen den CO2-Ausstoss ist oder nicht:
"Für mich ist das eher so ein Geschiebe. Ich kaufe irgendwelche Emissionspapiere und darf dafür irgendwas Umweltschädliches tun. Das ist im Grunde so wie beim Müll: Ich vermeide ihn doch besser."
"Aber ich denke, hier geht es um größere Dinge, die die Industrie verursacht. Und die Industrie, die Betriebswirte in der Industrie, die haben nur einen Lenkungsmechanismus – und das ist Geld."
Am Schluss der lebendigen Diskussionsrunden im Darmstädter Staatstheater sammelt Terenzio Facchinetti die Fragebögen ein. Schon am nächsten Tag soll in der Stadt an einem anderen Ort ein weiteres "Hausparlament" von "Pulse of Europe" stattfinden.
Joachim Born ist noch nicht ganz überzeugt von diesem Gesprächsformat: "Das erinnert mich ein wenig an einen Schulaufsatz. Da wird ein Thema vorgegeben und dann muss man Pro und Contra sammeln."
Der "Pulse of Europe"-Aktivist wünscht sich für künftige Veranstaltungen dieser Art eine weniger strukturierte und damit freiere Debatte.