Der Abschlussbericht macht deutlich, was sich die Menschen in Deutschland mit am meisten wünschen: Toleranz und einen rücksichtsvollen Umgang miteinander. Doch gerade im Internet mangelt es daran häufig. Beleidigungen, Bedrohungen, Volksverhetzung und Gewaltaufrufe zu Straftaten - sogenannte Hasskriminalität ist dort so stark verbreitet wie nie zuvor. Die Ängste der Bürger aufgrund solcher Tendenzen will die Bundesregierung ernst nehmen und "gegen diese besorgniserregenden Entwicklungen mit aller Entschlossenheit" vorgehen, heißt es in dem Bericht zum Bürgerdialog. Besorgt zeigten sich die Befragten darin auch über die Zunahme rechtsextremistischer Gewalt und rechtsradikalen Terrors. "In dieser Entwicklung sahen sie eine große Gefahr für den Rechtsstaat, die es dringend abzuwehren gilt", schreibt die Bundesregierung dazu.
Kriminalität im Netz besonders stark gestiegen
In dem Abschlussbericht "Gutes Leben in Deutschland" wird dieser Eindruck auch mit Zahlen belegt. Die sind allerdings keineswegs neu, sie stammen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2015, die bereits im Mai vorgestellt wurde. Demnach sind Hasskriminalität-Straftaten, die sich zum Beispiel gegen politische Einstellungen, Nationalitäten, Hautfarben oder Religionen richten, 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 77 Prozent gestiegen. Besonders drastisch ist demnach die Zunahme von Hasskriminalität im Internet, sie liegt bei 176 Prozent. Und auch fremdenfeindliche Straftaten stiegen deutlich an - um 116 Prozent.
Facebook in der Kritik
Besorgt zeigte sich die Bundesregierung auch damals schon. "Der starke Anstieg der politisch motivierten Kriminalität zeigt eine bedrohliche gesellschaftliche Entwicklung auf", sagte etwa Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei der Vorstellung der Statistik. Und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte in der Folge mehrfach seine Sorge über die zunehmende Hasskriminalität geäußert und ein konsequenteres Vorgehen gegen die Täter gefordert.
Vielen geht das nicht weit genug: Anfang Oktober hatten die Länderjustizminister Maas aufgefordert, schärfer gegen volksverhetzende und andere strafbare Kommentare auf Facebook vorzugehen. Die Zeiten "des Kaffeetrinkens und des Hoffens auf einen Bewusstseinswandel bei Facebook" seien vorbei, sagte etwa Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD). Auch die Grünen wollen mehr Druck auf die sozialen Netzwerke ausüben, um Hasskommentare einzudämmen.
Abschlussbericht im Kabinett
Jetzt nimmt die Bundesregierung die Ergebnisse des Abschlussberichts "Gutes Leben in Deutschland" offenbar zum Anlass, sich erneut mit dem Thema Hasskriminalität im Netz zu befassen. Das 323 Seiten starke Papier soll am Mittwoch im Kabinett beraten werden. Die Bundesregierung hatte von April bis Oktober 2015 Menschen in Deutschland zum Thema Lebensqualität befragt. Etwa 16.000 Bürger beteiligten sich online oder postalisch an der Umfrage, oder besuchten eines der rund 200 Dialogforen mit Regierungsmitgliedern.
(gwi/tj)