Merkel sagte während des Dialogforums, dass Menschen mit Migrationshintergrund auch bei der Polizei und im Sozialbereich gebraucht würden, da sie allein von der Sprache her mehr Verständnis für die Bedürfnisse von Zuwanderern hätten.
Die Kanzlerin kritisierte zudem erneut die Flüchtlingssituation in Europa. Sie sei Europas nicht würdig. Deshalb müssten in Griechenland und Italien verstärkt Erstaufnahmestellen eingerichtet werden, wo über den weiteren Status entschieden werden soll. Die CDU-Politikerin sagte weiter, wer ein Anrecht auf Asyl habe, könne bleiben, und dann müsse über eine faire Verteilung in der Europäischen Union gesprochen werden. Wer aber nicht verfolgt werde und nicht aus einem Bürgerkriegsland komme, könne nicht bleiben. "Wir müssen die, deren Asylantrag keine Chance haben, wieder nach Hause schicken." Es sei nicht möglich, in Richtung Bulgarien oder Rumänien das Signal zu setzen: Ihr könnt kommen. Sonst sei es nicht mehr möglich, die Flüchtlingen zu unterstützen, die Hilfe brauchten.
Unkonventionelle Lösungen gesucht
Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen betonte die Bundeskanzlerin: "Wir können nicht im Normalmodus weitermachen." Weil das deutsche Planungsrecht nicht das schnellste sei, müssten einige Regelungen außer Kraft gesetzt werden. Mit Blick auf den bevorstehenden Winter gelte: "Hauptsache eine ordentliche Unterkunft."
Ähnlich äußerte sich auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Er forderte während eines Besuchs des niedersächsichen Erstaufnahmelagers Friedland gemeinsame Maßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden. Man werde sich für längere Zeit auf hohe Flüchtlingszahlen einrichten müssen, betonte der CDU-Politiker. Die Verwaltungen müssten angesichts dieser Herausforderung neue Wege gehen. Gefragt seien Improvisation und Engagement. Mit den gewohnten Verwaltungsabläufen sei das nicht zu schaffen.
Merkel besucht Flüchtlingsheim in Heidenau
Nach den Ausschreitungen im sächsischen Heidenau will Merkel morgen das dortige Flüchtlingsheim besuchen. Sie werde mit Migranten sowie ehrenamtlichen Helfern und Sicherheitskräften sprechen, teilte das Bundespresseamt mit. Merkel hatte die rechtsextremen Ausschreitungen gestern scharf verurteilt.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte unterdessen vor einer Hysterie in der Flüchtlingsdebatte. Deutschland dürfe die prinzipielle Offenheit der Gesellschaft nicht auf dem Altar der Flüchtlingspolitik opfern, sagte er auf einer Konferenz der deutschen Botschafter. Das sei man der Geschichte und den gemeinsamen europäischen Werten schuldig. Er warb erneut für ein Einwanderungsgesetz. Wenn eine definierte Zahl von qualifizierten Zuwanderern nach Deutschland kommen könne, würde die Zahl der Asylverfahren deutlich abnehmen. Leider sei die Politik davon aber noch weit entfernt.
(hba/dk)