Am Sitz der Vereinten Nationen in Genf stellte der Leiter der Untersuchungskommission, Paulo Pinheiro, am Vormittag seinen zehnten Bericht zu Syrien vor, für den mehr als 300 Flüchtlinge und Experten befragt wurden. Das Ergebnis: Keine Seite hält sich in dem seit vier Jahren tobenden Bürgerkrieg an humanitäres Völkerrecht. Die syrische Luftwaffe habe großflächig Stadtteile von Aleppo, Damaskus und Idlib bombardiert und dabei zivile Opfer in Kauf genommen. Hubschrauber des Assad-Regimes hätten gezielt Streubomben über Märkten abgeworfen.
Doch auch die Aufständischen gehen nach den Erkenntnissen der Kommission gezielt gegen Zivilisten vor. Auch sie hätten in der Vergangenheit bewohnte Viertel bombardiert. Oppositionelle Milizen nähmen zudem Geiseln, um Geld oder Gefangene zu erpressen. Menschen in belagerten Vierteln würden ausgehungert, indem man ihnen Wasser und Nahrungsmittel vorenthalte. Als besonders brutal geißelt die Kommission des Menschenrechtsrates terroristische Gruppen wie die Al-Nusra-Front und den "Islamischen Staat". In den von ihnen kontrollierten Gebieten würden Menschen hingerichtet, vergewaltigt oder versklavt. Besonders betroffen sind den Angaben zufolge religiöse Minderheiten wie die Jesiden.
"Die internationale Gemeinschaft tut nichts"
Pinheiro warf der Weltgemeinschaft vor, die Zivilbevölkerung in ihrem "unvorstellbaren Leid" im Stich zu lassen. "Die internationale Gemeinschaft tut nichts, während fast die Hälfte der syrischen Bevölkerung auf der Flucht ist."
Der Brasilianer forderte eine internationale Kraftanstrengung, um die Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen in Syrien zu stoppen und den Bürgerkrieg politisch zu lösen. Stattdessen lieferten jedoch mehrere Staaten weiter ungehindert Waffen nach Syrien, kritisierte Pinheiro. "Ohne eine größere Anstrengung, die Parteien zu Friedensverhandlungen zu drängen, wird das Morden und Zerstören in absehbarer Zukunft weitergehen."
(am/ach)