Eigentlich ist es nicht nur ein "Toiletten-Gesetz", das die republikanische Mehrheit im Parlament des Bundesstaates North Carolina in Windeseile Ende März beschlossen hat. Aber der Begriff hat Schlagzeilen gemacht. Wahrscheinlich auch, weil sich am Beispiel der Toiletten am besten veranschaulichen lässt, worum es geht.
Der Gesetzgeber schreibt darin nämlich vor, auf welche Toilette wer zu gehen hat. Männer aufs Herrenklo und Frauen aufs Damenklo. Soweit wäre es ja noch in Ordnung, allerdings schreibt das Gesetz vor, dass sich diese Wahl nach dem "biologischen Geschlecht" richtet, welches in der Geburtsurkunde vermerkt ist. Wer heute eine Frau ist, aber bei der Geburt dem männlichen Geschlecht zugeordnet wurde, müsste demzufolge auf die Herrentoilette gehen. Das betrifft alle öffentlichen Gebäude, also auch Schulen und Universitäten.
Der republikanische Gouverneur von North Carolina, Pat McCrory, verteidigt die Regelung: Es sei eine normale Erwartungshaltung von Eltern, dass nur Menschen mit dem gleichen "biologischen Geschlecht" auf dieselbe Toilette gingen wie ihre Kinder. Befürworter des Gesetzes sehen die Gefahr von Übergriffen in Toiletten, wenn sich jeder freie Wahl hat.
Proteste von LGBT-Gruppen
Schwulen-, Lesben-, Bi- und Transgendergruppen sind über das neue Gesetz in North Carolina empört und rufen immer wieder zu Protesten auf. Ende April übergaben sie nach eigenen Angaben mehr als 170.000 Unterschriften an die Regierung in Raleigh. Das Büro des Gouverneurs betonte dagegen, es habe sich nur um zwei Kartons voller Unterschriften gehandelt.
Die Aktivisten bekommen jetzt Unterstützung vom US-Justizministerium. Das macht dem republikanischen Gouverneur in einem Brief klar: Das Gesetz verstößt in Teilen gegen die bundesweit geltenden Bürgerrechte.
Denn abgesehen vom "Toiletten-Teil" des Gesetzes geht es darin vor allem um Diskriminierung am Arbeitsplatz. Demnach ist eine Diskriminierung wegen der Rasse, Religion, Hautfarbe, Herkunft, Alter, Behinderung oder biologischem Geschlecht, wie es auf der Geburtsurkunde steht, nicht erlaubt. Sexuelle Orientierung oder Identität werden in dem Gesetz nicht erwähnt - und betroffene Bürger sind damit auch nicht entsprechend geschützt. Der Staat verbietet außerdem untergeordneten Behörden eigene Anti-Diskriminierungs-Standards zu setzen.
Das Justizministerium warnt in seinem Brief nun vor rechtlichen Schritten gegen North Carolina und droht damit, Subventionen in der Bildungspolitik in Höhe von Hunderten Millionen Dollar zu kürzen.
Vorwurf: "Radikale linke Agenda" unter Obama
Gouverneur McCrory kritisierte die Drohung und warf der Regierung unter Präsident Barack Obama eine "radikale linke Agenda" vor. Er dachte, es handele sich um ein Gesetz des gesunden Menschenverstandes, so McCrory. Er gehe nicht davon aus, dass Bundesgelder gekürzt würden. Die Fronten zwischen der US-Regierung und North Carolina sind verhärtet.
Mehrere Organisationen, wie etwa die Amerikanische Bürgerrechtsunion, wollen gerichtlich gegen die Gesetzgebung vorgehen. Unter den Kritikern des "Toiletten-Gesetzes" sind auch einige Prominente. Unter anderem haben die Musiker Bruce Springsteen und Ringo Starr Konzerte in North Carolina abgesagt. Man müsse ein Zeichen gegen diejenigen setzen, die versuchten Bürgerrechte einzuschränken und Hass zu verbreiten.
Und selbst der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump, der für seine durchaus streitbaren Positionen bekannt ist, sagte in einem Fernsehinterview zur Gesetzgebung in North Carolina: Man hätte die alten Regelungen lieber beibehalten sollen: "Leute benutzen die Toilette, die sie für angemessen halten. Es hat sehr wenig Probleme damit gegeben."