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Buhlen um Temelin-Erweiterung

Bayern und Österreich ist das nahegelegene tschechische Atomkraftwerk Temelin ein Dorn im Auge. Zwei Reaktorblöcke stehen bereits, zwei weitere sollen noch folgen. Ein Milliardenprojekt, um das sich die USA, Russland und Frankreich ein Kopf an Kopf Rennen liefern.

Von Stefan Heinlein |
    Ende Oktober in Washington. Der Empfang für Petr Necas im Weißen Haus ist herzlich. Barak Obama freut sich über seinen Besuch aus Prag:

    Der rote Teppich für einen tschechischen Ministerpräsidenten in Washington ist nicht selbstverständlich. Dieser Termin im Oval Office hat einen handfesten wirtschaftlichen Hintergrund. Der US-Atomkonzern Westinghouse ist einer der drei Bewerber für den Ausbau des tschechischen AKW Temelin. Petr Necas hat die Botschaft seines Gastgebers verstanden:

    "Der Präsident hat seine Unterstützung für die amerikanische Beteiligung an der öffentlichen Ausschreibung zugesichert. Ich habe eindeutig klar gemacht: Es wird ein faires Auswahlverfahren geben. Das Beste der drei Angebote wird gewinnen."

    Neben den US-Amerikanern werben auch die französische Areva-Gruppe und die russische Staatsfirma Rosatom um den lukrativen Großauftrag. Der Auftragswert liegt bei rund 20 Milliarden Euro. Besonders nachhaltig ist das Interesse in Moskau. Mitte Dezember kam der russische Präsident persönlich nach Prag:

    "Der Ausbau des AKW Temelin ist tatsächlich ein interessantes Projekt für Russland. Wir wünschen uns selbstverständlich den Erfolg unseres Angebotes", erklärte Medwedew der einen starken Unterstützer auf der Prager Burg hat. Der tschechische. Präsident Vaclav Klaus pflegt seit Jahren enge Kontakte zum Kreml. Er macht keinen Hehl aus seinen Sympathien:

    "Das russische Angebot ist sehr positiv, weil es den wahrscheinlich größten Anteil für tschechische Firmen vorsieht. Diese Tatsache halte ich für sehr bedeutsam."

    Doch die eindeutige Parteinahme des Präsidenten wird längst nicht von allen tschechischen Politikern geteilt. Derzeit bezieht Tschechien sein Erdgas zu 80 Prozent und sein Erdöl zu 70 Prozent aus Russland. Ein Hauptziel der Prager Energiepolitik ist jedoch die stärkere Unabhängigkeit von russischen Gas und Öl, meint der Politikwissenschaftler Petr Kratochwil:

    "Die Chancen für das russische Angebot sind deshalb relativ klein. Es geht nicht nur um den Preis, sondern auch um strategische Sicherheitsfragen. Die Amerikaner und Franzosen haben deshalb die besseren Karten beim Ausbau von Temelin."

    In Tschechien selbst stellen nur wenige Menschen den Atomkurs ihrer Regierung grundsätzlich infrage. In den Prager Ministerien wird derzeit am Energiekonzept der Zukunft gebastelt. Für Greenpeacesprecher Jan Rovensky sind die Planspiele der Regierung absurd.

    "Wenn Tschechien künftig fast 90 Prozent des Stroms aus der Atomkraft gewinnen will, kehren wir zurück in die Vergangenheit. Tschechien wird zu einer Atominsel mitten in Europa. Das ist verrückt und tragisch komisch."

    Dennoch sind die Chancen die Atompläne der Mitte-rechts-Regierung zu verhindern eher gering. Mit einer Informationsoffensive sollen auch die Bedenken in Deutschland und Österreich zerstreut werden. Ministerpräsident Necas kündigte an, mit öffentlichen Diskussionen in den beiden Nachbarländern über den Ausbau von Temelin zu informieren. Die Reaktionen aus Bayern sind freundlich zurückhaltend:

    Horst Seehofer weiß. Auf das große politische Spiel um das Milliardengeschäft Temelin hat er als bayerischer Ministerpräsident nur wenig Einfluss. Die Entscheidung über den Bau der beiden neuen Reaktorblocke fällt Ende 2013.