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Fußball-Bundesliga
Geldgeber gesucht

Seit Ausbruch der Pandemie hat die Bundesliga bisher mehr als eine Milliarde Euro Umsatzminus zu verzeichnen. Die Clubs setzen deshalb verstärkt auf alternative Finanzierungsquellen. Dabei helfen Investoren und Fans.

Von Thorsten Poppe | 02.07.2022
Blick auf den Eingang des blau erleuchteten Stadions von Schalke 04
Schalke 04 ist wieder erstklassig - doch der Verein schleppt Schulden in Höhe von mehr als 180 Mio. Euro mit sich herum. (Deutschlandradio / Marius Elfering)
„Wenn nicht mehr da ist, und ich habe mir auch die Tabellen rauf und runter angeguckt, dann ist einfach nicht mehr da. Dann muss man dem ins Auge gucken!“
Schalke-Sportvorstand Peter Knäbel muss als Bundesliga-Aufsteiger in der kommenden Saison sehr kleine Brötchen backen. Eine Verpflichtung des von Manchester City ausgeliehenen Schlüsselspielers Ko Itakura für etwa sechs Millionen Euro konnte sich Schalke nicht leisten. Denn der Verein schleppt Schulden in Höhe von mehr als 180 Mio. Euro mit sich herum.
Dazu ist durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auch der Vertrag mit dem Hauptsponsor aus Russland aufgelöst worden. Und das Jahr 2. Bundesliga hat ebenfalls zu finanziellen Einbußen geführt. Keine einfache Situation für Verein und Sportvorstand Peter Knäbel:
„Wir haben noch einmal betont: Wir können nicht mehr ausgeben, weil wir die Existenz des Vereins nicht aufs Spiel setzen wollen. Wir werden uns feiern, wenn wir es schaffen sollten, aber dieses Ziel Klassenerhalt ist jetzt nicht wirklich Understatement. Sondern das ist das, was drin ist. Was unsere aktuellen Mittel hergeben!“

Eine Milliarde Minus für die Liga

Allein in der Corona-Saison 2020/21 haben die Bundesligen ein Umsatzminus von mehr als eine Milliarde Euro zu verzeichnen. Das führt zu Verlusten bei den Clubs, die aufgefangen werden müssen. Allerdings passiert das auf sehr unterschiedliche Art und Weise. 
In Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim sind die Verluste von den dahinterstehenden Gesellschaftern ausgeglichen worden. Bei Hoffenheim sogar von einem sogenannten atypisch stillen Gesellschafter, der nicht im Handelsregister genannt werden muss.
Die meisten anderen Bundesligisten müssten allerdings auf alternative Finanzierungsquellen zurückgreifen, erklärt Sportökonom Christoph Breuer von der Sporthochschule Köln:
„Erstens kämpfen die Clubs noch immer mit den massiven Einnahmeausfällen durch die Pandemie. Und zweitens ist es erstmals zu einer Stagnation der Einnahmen aus der TV-Vermarktung gekommen. Strukturelle, finanzielle Unzulänglichkeiten können also nicht mehr übertüncht werden durch quasi automatisch steigende Einnahmen aus der Fernsehvermarktung. Folglich suchen aktuell die Clubs intensiver als je zuvor nach weiteren Finanzierungsquellen.“

Hertha, BVB und Stuttgart mit großem Minus

Denn in der Spielzeit 2020/21 haben nur drei Bundesligisten ein positives Ergebnis erzielt: der SC Freiburg, RB Leipzig und Meister FC Bayern München. Den größten Verlust nach Steuern haben Hertha BSC und Borussia Dortmund mit jeweils über 70 Millionen Euro gemacht.
Auch der VfB Stuttgart gilt durch die Folgen der Corona-Pandemie als finanziell angeschlagen. Die Schwaben haben jetzt an ihrer ausgegliederten Fußball-AG etwas mehr als ein Prozent der Anteile für rund vier Millionen Euro an einen Sportbekleidungshersteller abgegeben - um ihr Eigenkapital zu stärken.
Einen anderen Weg haben die Schalker gewählt. Sie lassen sich von ihren eigenen Anhängern unterstützen – mittels sogenannter Fananleihen. Hier geben die Vereine Zinspapiere aus, um kurzfristig an Kapital zu kommen.
Letztendlich dienen diese Anleihen immer nur zur Zwischenfinanzierung, erklärt der ehemalige Bundesliga-Profi und heutige Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar:
„Weil diese Anleihen sind Fremdkapital und müssen irgendwann wieder zurückgezahlt werden. Und dann trennt sich die Spreu vom Weizen. Was heißt das: Können diese Anleihen zur Endfälligkeit mit Zinsen zurückgezahlt werden? In der Regel nicht!“

Fananleihen sollen Schalke helfen

Mittlerweile hat Schalke vier Anleihen aufgelegt, die letzte brachte finanzielle Mittel in Höhe von etwas mehr als 30 Millionen Euro ein.
Allerdings müssen die komplett dafür verwendet werden, die erste Fananleihe vollständig abzulösen. Denn die Verzinsung für die Anleger ist hoch. Bei Schalke 04 beispielsweise 5,5 Prozent, bei der Anleihe von Werder Bremen sogar 6,5 Prozent. Doch mit der hohen Verzinsung steige auch das Risiko für die Anleger, stellt Molnar klar:
„Wir haben viele Beispiele aus dem Profibereich: Kaiserslautern, Schalke, HSV, wo Anleihen gegeben wurden. In der Regel wurden diese Anleihen immer wieder noch mal verlängert, oder die Zinsen wurden ausgesetzt. Ich persönlich halte davon wenig, weil einfach für den Anleger ein zu großer Schaden entstehen kann, wenn diese Fananleihe dann ausgesetzt, und das Geld dann nicht mehr zurückgezahlt wird.“
Manche Clubs können mittlerweile nur noch auf solch eine Finanzierungsquelle setzen, weil sie von den Banken wegen fehlender Kreditwürdigkeit kein Geld mehr bekommen. Christoph Breuer von der Sporthochschule Köln warnt deshalb davor, dass das Rattenrennen um sportlichen Erfolg im Profi-Fußball für die Clubs gefährlicher denn je sei. Denn am Ende werden nicht alle ihre sportlichen Ziele erreichen können – bei deutlich geringerer Liquidität: 
„Entscheidend ist aus ökonomischer Sicht vor allem den finanziellen Druck aus dem Rattenrennen herauszunehmen. Man muss die finanziellen Folgen des Nicht-Erreichens stärker abpuffern. Das kann zum Beispiel über Umverteilung erfolgen, dass ein Teil der im europäischen Wettbewerb erspielten Mittel in der Liga verteilt werden.“