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Bund beteiligt sich an Biotech-Firma
Curevac-Chef: Investment in mehr als einen Impfstoff

Das Biotech-Unternehmen Curevac darf seinen Corona-Impfstoff nun auch an Menschen testen. Der Bund beteiligt sich an der Firma. Zu dem unüblichen Umstand sagte Curevac-Chef Franz-Werner Haas im Dlf, es gehe um mehr als einen Impfstoff - nämlich um eine zukunftsweisende Technologie aus Deutschland.

Franz-Werner Haas im Gespräch mit Birgid Becker |
Man sieht im Vordergrund die Hand des Mannes in einem grünen Plastikhandschuh, der den durchsichtzigen Träger mit den Bakterienkulturen hält. Ansonsten ist von ihm im Hintergrund nur unscharf sein Kinn zu sehen.
Ob das Kaufinteresse der US-Regierung an CureVac eine Rolle gespielt habe, sei Spekulation, so CEO Franz-Werner Haas im Dlf (Sebastian Gollnow / dpa)
Im Rennen um einen Corona-Impfstoff belässt es die Bundesregierung nicht bei Kooperationen mit Firmen oder EU-Ländern, um sich Impfstoffvorräte zu sichern, nicht bei Fördergeldern, sondern steigt direkt bei dem Tübinger Biotech-Unternehmen als Anteilseigner ein. Curevac forscht wie ein anderes deutsches und ein weiteres US-amerikanisches Unternehmen an einer genbasierten Version eines COVID-19-Impfstoffs.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Konkret beteiligt sich die Bundesregierung mit 300 Millionen Euro an dem Tübinger Unternehmen, dessen Hauptinvestor der SAP-Gründer Dietmar Hopp ist. Der Bund wird im Rahmen einer Kapitalerhöhung über die Förderbank KfW einen Anteil von 23 Prozent an Curevac übernehmen. Darüber haben wir mit dem CEO von Curevac, Franz-Werner Haas gesprochen.
Birgit Becker:: Welche Erwartungen hat Curevac an seinen neuen Investor?
Franz-Werner Haas: Unsere Erwartungen sind natürlich erst mal, dass wir an uns Erwartungen gestellt bekommen, nämlich, dass wir die Entwicklung der Gesellschaft, der Technologieplattform und auch der Produktentwicklung vorantreiben neben der Produktion. Das ist eine ganz klare Erwartungshaltung, wofür auch dieses Geld zur Verfügung gestellt wird. Dem fühlen wir uns verpflichtet.
Mehrere Firmen im Rennen um einen Impfstoff
Becker: Nun setzt Curevac bei seinen Forschungsarbeiten, wie das auch der US-Biotech-Konzern Moderna tut und die Mainzer Biotech-Firma BioNTech, auf Impfstoffe auf Basis der sogenannten Boten-RNA, mRNA. Jetzt können wir kein Biotech-Seminar an dieser Stelle leisten. Ganz kurz geht es darum, dass menschlichen Zellen, die Informationen zur Produktion von Proteinen und damit zur Bekämpfung der Krankheitserreger vermittelt werden soll – das ist richtig?
Haas: Das ist absolut richtig, und das können Sie praktisch auf dieser Grundlage dieser Boten, dieser Messenger-RNA tun, indem Sie genau dieses Protein, was der Körper produzieren soll, draufcodieren, die RNA optimieren – optimieren im Sinne, eine entsprechende balancierte Immunantwort zu geben, damit der Körper geschützt ist und das in denselben Produktionsanlagen produziert wird für jegliche Proteine, weil wir hier in diesem Fall bei Impfstoffen nicht mit dem tatsächlichen Virus arbeiten, sondern tatsächlich nur mit dieser Informationssequenz.
Der Doktorand im weißen Kittel arbeitet vor einer halb heruntergelassenen Glasscheibe an dem Arbeitstisch und hält ein Gerät in der Hand. 
Welche Pharmafirmen sich am Corona-Abwehrkampf beteiligen
Die Spekulationen um ein angebliches Angebot der US-Regierung an die Impfstoff-Firma Curevac zeigen: Das Rennen um medikamentöse Abhilfe für das Coronavirus läuft - und wird im Zweifel mit harten Bandagen geführt.
"Kurz vor Zulassung einer klinischen Studie"
Becker: Nun hat BioNTech aus Mainz im April als erstes Unternehmen in Deutschland grünes Licht für eine klinische Studie, also für Versuche am Menschen, Versuche mit freiwilligen Probanden, mit einem Corona-Impfstoffkandidaten bekommen. Wie weit ist Curevac?
Haas: Wir sind auch kurz vor Zulassung einer klinischen Studie. Seit Ende Januar arbeiten wir mit prä-klinischen Versuchen an verschiedenen Konstrukten und haben dann aus diesen Tests die bestmögliche genommen, das bestmögliche Konstrukt, was wir dann auch in der Produktion eingeleitet haben, und stehen jetzt auch kurz vor Zulassung dieser klinischen Studien.
Becker: Dass sich der Staat an einem Hoffnungsträger für einen späteren Impfstoff beteiligt, scheint mir aber ein dennoch relativ unüblicher Weg zu sein. Ein recht üblicher Weg hingegen sind Kooperationen, wie sie zum Beispiel am Wochenende auch vereinbart wurden. Da hatten Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlange eine Vereinbarung mit dem Pharmakonzern AstraZeneca bekanntgegeben. Die staatliche Investition bei Ihnen, was verändert die im Unterschied zu einer Kooperation?
Haas: Das Investment der Bundesrepublik, jetzt vertreten durch die KfW in der Curevac, ist ein Investment in die Gesellschaft, und dafür wird die Bundesregierung auch an der Curevac selber an den Aktien der Gesellschaft beteiligt. Diese Kooperation, auf die Sie anspielen, mit AstraZeneca, dort geht es um eine Vorfinanzierung von einer Impfstoffentwicklung und der Zurverfügungstellung der hinterher entwickelten Impfstoffe, wenn es denn erfolgreich ist. Das sind zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Hier beteiligt sich der Bund an der Curevac im Rahmen eines normalen Investments, was Anteile an der Curevac gibt, mit allen Ansätzen, die die Curevac verfolgt in der Immunonkologie, im Impfstoffbereich wie auch in der molekularen Therapie. Das ist eine Beteiligung auf Gesellschaftsebene. Das andere, wie gesagt, ist dann eher ein Vorabkauf oder eine Reservierung von bestimmten Impfstoffen, wenn sie denn entwickelt werden.
Etwas anderes als ein Vorabkauf von Impfstoffen
Becker: Ordnungspolitisch betrachtet - hätte das nicht gereicht?
Haas: Natürlich. Wenn man dort den Fokus darauf gesetzt hätte, den Impfstoff zu bekommen, wäre das wahrscheinlich der richtige Weg gewesen. Hier geht es um die Entwicklungsförderung einer Gesellschaft, die eine Technologie anzubieten hat, die in verschiedenen Bereichen zum Einsatz kommen kann, und von daher ist es, glaube ich, eine ganz andere Zielsetzung, dieses Investment, als ein Vorabkauf von Impfstoffen, die sich momentan in der Entwicklung befinden.
Becker: Sie gehen aber davon aus, dass die Bundesregierung, trotz der staatlichen Investition, keinerlei Einfluss auf die Geschäfte von Curevac nehmen wird.
Haas: So wie der Herr Minister Altmaier heute gesagt hat, soll das nicht der Fall sein und ist auch so nicht reflektiert in den Verträgen.
Becker: Nehmen Sie ein gesteigertes politisches Interesse im Zeichen der COVID-19-Krise wahr, dass bestimmte Unternehmen vermittels eines Staatseinstiegs in Deutschland gehalten werden sollen?
Haas: Das kann ich so natürlich nicht bestätigen. In unserem Falle ist es so, dass der Bund sich an der Gesellschaft Curevac selber beteiligt. Was letztendlich die aktuelle Pandemie zeigt, dass wir in Deutschland sehr gute Technologieunternehmen haben, die aus Situationen wie der jetzigen reagieren können und Lösungen anbieten können. Technologie aus Deutschland ist ein gefragtes Gut. Das zeigt sich an solchen Situationen wie der jetzigen Pandemie, aber da gibt es natürlich auch andere Ansätze.
Wie kam es zu der staatlichen Investition?
Becker: Können Sie ein bisschen drüber berichten, wie es zu dieser staatlichen Investition in Ihr Unternehmen gekommen ist, genauer: Welche Rolle hat die Beteiligungsgesellschaft dievini dabei gespielt oder, präzise, deren Hauptanteilseigner, der SAP-Gründer Dietmar Hopp.
Haas: Die dievini als Investmentgesellschaft von Herr Hopp hat in verschiedenen Biotech-Gesellschaften seit Jahren investiert und hat damit natürlich auch eine entsprechende Sichtbarkeit, auch in der politischen Ebene. Durch dieses Investment von Herrn Hopp und der dievini gibt es diese Gesellschaften letztendlich auch in Deutschland. Es ist natürlich auch ein nicht risikoloses Unterfangen, sich an Biotechnologiegesellschaften aufgrund der langen Entwicklungszyklen der Innovationen, auch der Produktentwicklung, zu beteiligen. Von daher hat natürlich die dievini und auch Herr Hopp insbesondere da eine große Sichtbarkeit auch in der Politik, ganz klar.
Becker: Was meinen Sie mit großer Sichtbarkeit?
Haas: Eine große Sichtbarkeit, weil wenn man diese, glaube ich, originär 16 Gesellschaften sieht, sind sehr viele Arbeitskräfte damit verbunden, natürlich auch ein hohes Investment, diese Gesellschaften mit entsprechenden liquiden Mitteln zur Verfügung zu stellen, wodurch letztendlich die Biotechnologie in Deutschland, neben anderen natürlich, aber auch überhaupt existent ist. Damit geht natürlich die entsprechende Sichtbarkeit einher.
Becker: Welche anderen Kooperationspartner hat Curevac noch?
Haas: Im onkologischen Bereich sind wir mit der Firma Boehringer verpartnert im nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Wir arbeiten sehr eng im Impfstoffbereich mit der Bill & Melinda Gates Foundation zusammen, aber auch mit CEPI, dieser Koalition für pandemische Ausbrüche. Dann haben wir Ende letzten Jahres mit der Firma GenMap – das ist ein Antikörperspezialist – eine Kooperation geschlossen.
Welche Rolle spielte Trumps Idee, Curevac zu kaufen?
Becker: In einer früheren Pressemitteilung von Ihnen ist auch die Rede von einer Kooperation mit der Einrichtung, die das US-Verteidigungsministerium unterhält. Besteht die noch?
Haas: Diese Kooperation, die haben wir 2011 begonnen. Diese Kooperation besteht nicht mehr, aber aus dieser Kooperation sind damals die Impfstoffentwicklungen auf RNA-Basis mehr oder weniger entstanden. Das heißt, unsere Technologie wurde genommen, um in diesem Impfstoffbereich erste Versuche zu machen und die mRNA-Technologie für diesen Bereich auch zugänglich zu machen, aber diese Kooperation besteht nicht mehr, nein.
Becker: Besteht die Möglichkeit, dass Ihr Unternehmen politisch umso interessanter geworden ist im Zuge der Gerüchte, die es gab, um ein Kaufinteresse des US-Präsidenten? Also sind Sie darüber besonders in den Fokus gerückt und besonders begehrt geworden?
Haas: Nun, da können wir uns natürlich nicht an den Spekulationen beteiligen. Was es politisch ausgelöst hat, dass wir damit in den Fokus der Medien und der Öffentlichkeit gerückt sind, das ohne Zweifel.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.