Kanzler verspricht Hilfe
Bund und Land Niedersachsen wollen Meyer Werft befristet übernehmen

Der Bund und das Land Niedersachsen wollen die finanziell angeschlagene Meyer Werft in Papenburg übergangsweise verstaatlichen. Bundeskanzler Scholz sicherte der Belegschaft während einer Betriebsversammlung Unterstützung zu. Die Meyer Werft sei ein industrielles Kronjuwel und systemrelevant für die maritime Wirtschaft in Deutschland.

    Scholz trägt einen weißen Arbeitshelm und spricht in einer Werfthalle in ein Mikrofon.
    Bundeskanzler Scholz bei der Betriebsversammlung in Papenburg. (IMAGO / diebildwerft / IMAGO / diebildwerft)
    Scholz zeigte sich zuversichtlich, dass eine Lösung zwischen Bund, Land, den Firmenbesitzern und den Banken gefunden werde. Details nannte der SPD-Politiker nicht. Niedersachsens Ministerpräsident Weil erklärte, man wolle das Fundament legen, damit das Unternehmen künftig wieder unter privater Regie an alte Erfolge anknüpfen könne.

    Beteiligung von Bund und Land?

    Im Gespräch ist eine Beteiligung des Bundes und des Landes Niedersachsen an der Werft, die auch für eine Erhöhung des Eigenkapitals um 400 Millionen Euro sorgen soll. Außerdem benötigt die Werft Bürgschaften, um Kredite für den Bau von Schiffen zu bekommen. Aus Berliner Regierungskreisen hieß es zuletzt, Bund und Land könnten mit jeweils rund 900 Millionen Euro bürgen und vorübergehend 80 bis 90 Prozent der Werft übernehmen. Einer solchen Lösung müssten aber unter anderem der Haushaltsausschuss des Bundestags und die EU-Kommission zustimmen.
    Das Unternehmen beziffert den Bedarf bis Ende 2027 auf mehr als 2,7 Milliarden Euro. Nach Informationen des NDR soll die Familie Meyer im neuen Aufsichtsrat mit einem Sitz vertreten sein und auch ein Rückkaufsrecht für die Anteile haben.

    Habeck zuversichtlich

    Vor dem Scholz-Besuch hatte sich bereits Wirtschaftsminister Habeck zuversichtlich gezeigt, dass die Werft gerettet werden könne. Im Wirtschaftsministerium sei in den letzten Wochen intensiv an Lösungen gearbeitet worden, sagte Habeck. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Houben, warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen. Der politische Wille zur Rettung der Werft sei zwar vorhanden, allerdings gestalte sich die Umsetzung schwierig, sagte Houben im Deutschlandfunk (Audio-Link). Vor allem rechtliche Bedenken der EU müssten ausgeräumt werden.

    Kreditwürdigkeit nicht mehr gegeben

    Die Meyer Werft, bekannt für ihre Kreuzfahrtschiffe, steckt in einer schweren Krise. Sie geriet während der Corona-Pandemie in die roten Zahlen. Aus Sicht der Banken ist die Kreditwürdigkeit trotz voller Auftragsbücher nicht mehr gegeben. Rund 3.300 Arbeitsplätze sind bei dem Unternehmen aus Papenburg im Emsland in Gefahr. Insgesamt hängen in der Region laut tagesschau.de rund 18.000 Stellen direkt oder indirekt von der Werft ab.
    Hintergrund der finanziellen Schieflage ist, dass einige Verträge für Kreuzfahrtschiffe vor der Corona-Pandemie abgeschlossen wurden und keine Anpassung an die seitdem drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vorsehen. Zudem werden in der Branche üblicherweise 80 Prozent des Baupreises erst bei Auslieferung des Schiffes gezahlt. Hinter den Kulissen wurde deshalb bereits seit Wochen über einen staatlichen Einstieg verhandelt.

    Neuer Großauftrag

    Erst vor wenigen Tagen verzeichnete die Werft einen neuen Großauftrag: Bis 2031 soll sie vier Kreuzfahrtschiffe für die Disney Cruise Line bauen. Nach Unternehmensangaben handelt es sich um den größten Auftrag in der Geschichte der Meyer Werft.
    Diese Nachricht wurde am 22.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.