Taucherbrille, Werkzeug-Koffer, Puppe, Kostüm - der Bund für Umwelt und Naturschutz hat neun Kinder-Produkte neun unterschiedlicher Hersteller gekauft und in einem Labor untersuchen lassen. Im Fokus der Untersuchung standen fortpflanzungsschädigende Weichmacher und krebserregende Stoffe wie Formaldehyd und Polyzyklische aromatische Verbindungen. Das Ergebnis: Nur bei einem Produkt wurde das Labor nicht fündig. "Erschreckend" findet die Chemikalien-Expertin des BUND das Kinder-Schnorchelset "Reef DX" der Firma Aqua-Lung:
"Darin hat das Labor einen richtigen Cocktail an Weichmachern gefunden."
"Deutliche Konzentrationen" an Weichmachern fanden sich auch in der Plastikkatze "Tiffany" von imc toys, der "Color Me Mine"-Maltasche von Simba und der Kinder-Schwimmbrille von Aqua Sphere. Nur in einem Fall aber wurden wirklich auch gesetzliche Grenzwerte überschritten: Im Hammer-Griff eines Kinder-Werkzeugsets fand das Labor mehr Weichmacher Diethylhexylphthalat als erlaubt, ein Stoff der die Entwicklung der Sexualorgane von Kindern schädigen kann.
Giftiger Kinder-Hammer
Der giftige Spielzeug-Hammer wird vertrieben von Corvus, einer süddeutschen Firme mit acht Mitarbeitern. Inhaber Heiner Gramsch sagt: Seine Firma verkaufe das Werkzeugset seit über zwei Jahren mit einem Hammergriff ohne Weichmacher, das habe ihm der Hersteller auf jeder Rechnung schriftlich zugesichert. Der BUND habe bei Amazon schlicht ein älteres Werkzeugset gekauft, dass beim Händler noch im Lager gelegen habe:
"Wir haben damals vor über zwei Jahren gemerkt, dass wir da aufpassen, dass es einfach nicht geht, dass man derartige Produkte in den Handel bringt. Wir haben uns also alle Mühe gegeben, das zu Verhindern und hatten jetzt das Pech, dass aus einer alten Charge noch so ein Hammer angeboten wurde."
Man sieht es den Produkten nicht an
Dem BUND reicht das nicht. Verbraucher hätten kaum eine Möglichkeit zu erkennen, welche Stoffe im Spielzeug sind, sagt BUND-Expertin Kallee:
"Sie sehen als Verbraucher das den Produkten leider nicht an. Es ist immer ein guter Hinweis, wenn die Sachen irgendwie komisch riechen, sollten sie die auf jeden Fall im Regal stehen lassen. Was sie tun können als Verbraucher ist, die Firmen anfragen, ob gefährliche Chemikalien enthalten sind. Die Firmen sind verpflichtet, ihnen innerhalb von 45 Tagen zu antworten."
Der Deutschlandfunk hat alle kritisierten Hersteller per Mail kontaktiert, drei haben reagiert. Matell verweist auf das Statement des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie. Die Lobbyorganisation beklagt im Kern, der BUND habe intransparente Maßstäbe angelegt, die viel strenger seien als die gesetzlichen Vorschriften. Der BUND würde Produkte kritisieren, obwohl die enthaltenen Weichmacher keinen gesetzlichen Grenzwert überschreiten. Für einige Weichmacher gebe es "mangels wissenschaftlicher Bedenken" gar keine Grenzwerte und trotzdem würde der BUND solche Produkte anprangern. Genau das sei das Problem, sagt Ulrike Kallee vom BUND: Die Grenzwerte seien viel zu lax oder fehlten komplett. Sie fordert daher, Weichmacher und potenziell krebserregende Stoffe aus allen Produkten zu verbannen, mit denen Kinder in Berührung kommen:
"Das lässt sich immer durchsetzen. Es gibt für alle diese Stoffe Alternativen, die Frage ist, wie gross ist der Druck. Wir haben festgestellt zum Beispiel bei den Textilien. Da haben sich viele Hersteller freiwillig bereit erklärt, auf diese Schadstoffe zu verzichten, das klappt auch sehr, sehr gut und ich denke, bei Kinderspielzeug ist das genauso möglich."