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Bundesbank: Keine Finanzstabilität ohne Krisenlösung

Die Bundesbank sorgt sich wegen der Euroschuldenkrise um die Stabilität der deutschen Banken. "Die Risiken für das deutsche Finanzsystem haben in diesem Jahr deutlich zugenommen", heißt es im jährlich erscheinenden Finanzstabilitätsbericht der Notenbank.

Von Brigitte Scholtes | 10.11.2011
    Die Risiken für das deutsche Finanzsystem haben deutlich zugenommen. Und das liegt vor allem an der Staatsschuldenkrise. Deshalb sei es vorrangig, diese Krise zu lösen, meint die Bundesbank. Deren Vorstand Andreas Dombret empfiehlt der Politik:

    "Wegen dieser hohen Staatsschulden ist es aus unserer Sicht besonders wichtig, eine nachhaltige Finanzpolitik zu verfolgen und zugleich flankierende Strukturreformen durchzuführen. Auch in Deutschland muss die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte fortgesetzt werden. In Europa müssen die Anreize für solide nationale Finanzpolitik wieder hergestellt werden. Die Trennung von Geld- und Finanzpolitik ist zu respektieren."

    Das größte Problem sei der Vertrauensverlust, meint Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger. Doch habe sich auch einiges zum Positiven entwickelt, bescheinigt den deutschen Finanzinstituten zwar:

    "Die deutschen Banken sind heute für die Krise besser gerüstet als im Jahr 2008. Wir können auf mehr Eigenkapital blicken, es gibt stabilere Refinanzierung durch mehr Kundeneinlagen. Entgegen den Befürchtungen der Jahre 2008 und 2009 sind die deutschen Banken ihrer Intermediationsfunktioin nachgekommen. Eine Kreditklemme hat es also in Deutschland nicht gegeben und wir sehen derzeit noch keine Anzeichen dafür."

    Aber die Liste der Minuspunkte sei länger, sagt Bundesbank-Vorstand Dombret. So seien auch die Altlasten der Banken aus Gewerbeimmobilien und strukturierten Wertpapieren noch nicht vollständig verarbeitet. Die Forderungen der deutschen Banken und Versicherungen gegenüber den Krisenländern Griechenland, Irland und Portugal seien beherrschbar. Vom Volumen her bedeutender seien die Forderungen gegenüber Schuldnern der großen Euroländer Italien und Spanien. Die Entwicklung in Italien hänge davon ab, ob die Politik die Reformen glaubhaft und konsistent durchsetze. Zur Lösung der Schuldenkrise seien zwar neue Ideen willkommen, sagte Dombret, den Vorschlag des Sachverständigenrats von gestern, einen Schuldentilgungsfonds einzurichten, sieht er dennoch kritisch:

    "Der Vorschlag, wenn ich ihn richtig verstehe, sieht ja in den kommenden Jahren eine Emission von Eurobonds im Volumen von 2,3 Billionen Euro vor, ganz erheblicher Betrag. Und es würde ja dabei, wenn ich das richtig gelesen habe, auch keine differenzierten Zinssätze geben, was zu einer starken Nivellierung der Zinsbelastung führen kann, was auch die Anreize zur soliden Staatsfinanzierung deutlich schwächen könnte."

    Bundesbank-Vizepräsidentin Lautenschläger sorgt sich auch um eine Abschwächung der Ertragslage der Banken, wenn die Konjunktur abkühle. Nur vier der 13 großen, international tätigen deutschen Banken müssen nach Berechnung der europäischen Bankenaufsicht EBA ihre Eigenkapitalquote erhöhen, darunter auch die Commerzbank. Nach aktuellem Stand müssten sie das wohl ohne Staatshilfe schaffen, meint Sabine Lautenschläger:

    "Wir müssen einfach schauen, wie es weitergeht in den nächsten neun Monaten. Die Märkte sind volatil. Es ist schwierig heutzutage. Aber die derzeit feststehende Höhe des Kapitalbedarfs lässt auf jeden Fall die Möglichkeit offen."