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Bundesbildungsbericht
Mehr Menschen in Bildungseinrichtungen als je zuvor

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sieht in dem neuen Bildungsbericht einen Erfolg. Die Betreuung im Vorschulalter sei massiv ausgebaut worden, die Zahl der Studenten um rund 40 Prozent gestiegen. Und dennoch: Die Achillesferse des deutschen Bildungssystems lässt sich nicht wegdiskutieren.

Von Sören Brinkmann |
    Porträtfoto von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) am 13.06.2014 bei einer Pressekonferenz in Berlin, auf der sie den fünften Bildungsbericht "Bildung in Deutschland" vorstellt.
    Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) fühlt sich durch den neuen Bildungsbericht ermutigt. (dpa picture alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Als Ermutigung und Auftrag bezeichneten Bundesbildungsministerin Wanka und ihre Kollegin aus Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann, einmütig den neuen Bundesbildungsbericht. Ermutigendes verkünden Politiker üblicherweise gerne. So können sie die eigenen Erfolge herausstellen.
    Als Erfolg sehen es die Bildungspolitikerinnen zum Beispiel, dass mehr Menschen als je zuvor in Bildungseinrichtungen untergebracht sind. Das liege vor allem daran, so Bildungsministerin Wanka, dass die Betreuung im Vorschulalter massiv ausgebaut wurde. Außerdem sei die Zahl der Studierenden an den Unis in den zurückliegenden sieben Jahren um rund 40 Prozent gestiegen.
    Ministerin Johanna Wanka:
    "Wir haben in der Zeit durch den Hochschulpakt die Kapazitäten ausgebaut. Und wir haben trotz dieser stark steigenden Studentenzahlen eine ungefähr gleichbleibende Betreuungsrelation."
    Schwerpunktthema des Bundesbildungsberichts ist in diesem Jahr die Inklusion von behinderten Kindern und Jugendlichen. Auch hier zeigten sich schrittweise die Erfolge, so die Präsidentin des Kultusministerkonferenz, Sylvia Löhrmann.
    "Inklusion geht nicht auf Knopfdruck, sondern es wird schrittweise aufwachsen. Und die Länder sind von unterschiedlichen Ausgangspukten gestartet. In einem großen Land ist es sogar so, dass wir in unterschiedlichen Städten ganz unterschiedliche Anteile haben."
    Schlechte Chancen für sozial Schwache
    Doch der Bericht weist deutlich auch auf Schwächen hin. Ein Problem bleibt, dass junge Menschen aus sozial schwachen Familien und insbesondere mit Migrationshintergrund schlechtere Chancen haben - die Achillesferse des deutschen Bildungssystems, sagt Sylvia Löhrmann.
    "Das zeigt, dass wir daran weiter arbeiten müssen, weil wir es uns in Zeiten der Demografie gar nicht leisten können, auf das Potential der Kinder und Jugendlichen zu verzichten. Was wir bei den Frauen so erfolgreich geschafft haben, das müssen wir auch bei den Jugendlichen schaffen, die aus sozial benachteiligten Milieus kommen."
    Im Blick ist auch eine andere Entwicklung. Während immer mehr junge Menschen an die Unis gehen, fangen immer weniger eine Ausbildung an. 2013 gab es zum ersten Mal in Deutschland mehr Studienanfänger als Personen, die in eine Ausbildung gestartet sind. Da vor allem die Wirtschaft immer wieder über den Fachkräftemangel klagt, beschäftigt dieser Trend auch die Bildungsministerin.
    "Für uns ist jetzt die große Herausforderung: Wie kann man das in eine vernünftige Balance bringen. Und das kann man nicht mit Planwirtschaft. Sie können den jungen Leuten nicht verbieten, die Chancen, die sich aus einer akademischen Ausbildung ergeben, zu ergreifen. Und deswegen ist die Frage, die wir ganz intensiv diskutieren, wie kann man dafür sorgen, dass das eine gute Balance ist. Und dazu gehört natürlich präventiv zu sein. Das heißt, wenn jemand Abitur macht, dass er individuell beraten wird."
    Wirtschaft beklagt Mangel an Auszubildenden
    Auch die deutsche Wirtschaft zeigt sich besorgt - Esther Hartwich vom Industrie- und Handelskammertag.
    "Der Akademisierungstrend und auch die Demografie sind zwei der gravierendsten Faktoren, die dafür sorgen, dass wir nicht genug Auszubildende zur Verfügung haben. Die Berufsorientierung ist natürlich auch ein ganz wichtiger Faktor. Wenn an den Schulen immer wieder vermittelt wird: Ihr müsst studieren gehen, dann ist auch klar, dass wenige sich für eine duale Ausbildung entscheiden."
    Deshalb sagt Bildungsministerin Wanka:
    "Es kommt darauf an, dass wir jetzt in sehr starkem Maße die Attraktivität der dualen Ausbildung stärken – mit unterschiedlichen Facetten."
    Sie erwarte, dass ein Teil der freigewordenen Bildungsmilliarden von den Ländern in die Beratung von Schülern fließe, so Wanka - damit diese nicht mit falschen Vorstellungen in die Uni gehen und die Abbrecherquote in der Folge gesenkt wird.