Wer durch Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer seine Rente aufbessert, hat gute Chancen, dass er dieses Arbeitszimmer von der Steuer absetzen kann - und zwar unbeschränkt. Mit einer heute veröffentlichten Entscheidung hat der Bundesfinanzhof nun gleich in mehreren Streitfragen Klarheit geschaffen. Die wichtigste: Für diese volle Anerkennung zum Beispiel der anteiligen Miet- und Nebenkosten schadet es nicht, wenn der Ruheständler seine wesentlichen Einkünfte nicht aus der Nebentätigkeit, sondern als Rente oder Pension bekommt. Zum Hintergrund: Das Gesetz sieht vor, dass das häusliche Arbeitszimmer normalerweise nicht geltend gemacht werden kann.
Selbst wenn der Steuerpflichtige keinen anderen Arbeitsplatz - also kein Büro beim Arbeitgeber - hat, kann er nur einen Teil der Kosten ansetzen, höchstens 1225 Euro. Etwas anderes gilt nur, wenn das häusliche Arbeitszimmer tatsächlich den Mittelpunkt der Tätigkeit ausmacht. Im konkreten Fall hatte ein Ingenieur vor der Pensionierung viel auswärts auf der Baustelle gearbeitet. Danach fertigte er nebenher noch Gutachten an - von zu Hause aus. Die Steuerbehörden ließen ihn nur die gedeckelten Kosten ansetzen - schließlich bestritt er seinen Lebensunterhalt zum großen Teil aus der Pension. Anders jetzt die höchsten Finanzrichter. Der Vorsitzende des achten Senats Heinz-Jürgen Pezzer:
"Das Neue an der Entscheidung ist, dass die Pensionärseinkünfte aus einer früheren Zeit, aus abgeschlossener Tätigkeit für die Frage des Mittelpunkts keine Rolle spielen. Es kommt also auf die Haupttätigkeit an, die tatsächlich noch verrichtet wird, und das war dann hier die Gutachtertätigkeit."
Arbeitszimmer auch im Keller möglich
Im Fall des Ingenieurs stellten die Richter auch klar, dass sich ein solches Zimmer im Keller befinden kann, wenn es wohnlich eingerichtet ist. Bei der Berechnung des Anteils muss auch dann nicht der ganze Keller in die Gesamtfläche eingerechnet werden. Es ist einer von immer mehr Fällen, in denen der Bundesfinanzhof zugunsten des Steuerpflichtigen entscheidet, sagte Gerichtspräsident Rudolf Mellinghoff in München bei der jährlichen Pressekonferenz:
"Insbesondere bei den Revisionen: Wir haben alleine im vergangenen Jahr 42 Prozent der Verfahren zugunsten des Steuerpflichtigen. Das, finde ich, ist eine gewaltige Zahl, die spricht für sich."
Das Steuerrecht werde immer komplizierter, so erklärt er sich die Entwicklung.
"Wenn Sie die Berichte des Bundesrechnungshofes sehen, dann sagt der ja auch, dass die Anwendung für die Finanzverwaltung vielfach so schwierig geworden ist, dass wirklich nicht in allen Fällen die Steuer richtig und zutreffend festgesetzt wird."
Er wünscht sich mehr Pauschalierung, weniger aufwendige Suche nach Einzelfallgerechtigkeit im Detail. Und:
"Immer dann, wenn Sie Tätigkeiten unterschiedlich behandeln, wenn Sie unterschiedliche Steuersätze für dieselbe Tätigkeit haben, wenn Sie differenzieren nach unternehmerischen und anderen Einkünften, dann gibt das eine Grenze. Und wenn Sie dann wie zum Beispiel bei der Erbschaftssteuer Unterschiede von 40 Prozent bei der Steuerbelastung haben, dann kämpfen die Steuerpflichtigen und suchen auch Gestaltungen um in den für sie günstigen Bereich zu kommen."
Komplizierter werde das Steuerrecht aber in Zukunft in jedem Fall. Durch den Einfluss internationalen und vor allem europäischen Rechts, das in immer mehr Verfahren mit beachtet werden muss. Und immer öfter auch vom Europäischen Gerichtshof entschieden. Kein europäisches Gericht trägt so viele Fälle nach Luxemburg wie der Bundesfinanzhof.