Kostenlos bekommen die Bürger in Crailsheim das Stadtblatt zugestellt. Darin veröffentlicht die Gemeinde amtliche Bekanntmachungen und berichtet aus der Stadtverwaltung. Daneben gibt es aber auch immer wieder allgemeine Artikel über das Stadtleben, wie Berichte von Sportereignissen oder Volksfesten.
Dagegen hat die "Südwest Presse" geklagt. Das Argument: Journalismus ist Sache der Presse und nicht des Staates, findet auch Michael Rath-Glawatz, der Anwalt der "Südwest Presse": "Eine freie Presse kann es in einem demokratischen Rechtsstaat nur geben, wenn sie eben nicht staatlich ist. Die Meinungsbildung geht nicht von oben, vom Staat zum Bürger. Sondern über die freie Presse, vom Bürger zum Staat."
Die Presse muss staatsfern sein
Der Bundesgerichtshof hat in seinem heutigen Urteil diese Ansicht bestätigt. Die Stadt Crailsheim muss es unterlassen, das Stadtblatt in dieser Form zu verteilen. Denn das Grundgesetz fordere, dass die Presse staatsfern sein müsse. Der Staat selbst dürfe nicht Presse spielen.
Informieren über alles, was die Stadtverwaltung betrifft – das ist erlaubt. Aber redaktionelle Artikel über Lokales oder Sport, das sei Aufgabe der Zeitungen. Die Stadt Crailsheim muss also die Aufmachung ihres Blattes ändern. Sehr zum Leidwesen des Crailsheimer Oberbürgermeisters, Christoph Grimmer:
"Es ist wichtig als Stadt, die Bürgerinnen und Bürger an dem gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Das betrifft beispielsweise die Aktivitäten auch im Ehrenamt, das betrifft auch die Aktivitäten der Vereine, der Kirchen. So sind wir jetzt beschränkt auf kommunales Verwaltungshandeln. Und das ist eine Beschränkung die ich natürlich sehr bedauere."
Ähnliche Fälle in ganz Deutschland
Das Urteil hat Auswirkungen weit über Crailsheim hinaus. Denn zahlreiche Kommunen in ganz Deutschland haben solche Amtsblätter. Die heute vom BGH verkündeten Prinzipien gelten auch für sie. Kritik am Urteil gab es von Vertretern des Städtetages, wie Cornelia Petzold-Schick:
"Auf der einen Seite sind wir Kommunen im Moment aufgerufen, dass wir Bürgerbeteiligungen machen, dass wir Transparenz hochhalten. Das heißt, dass wir staatliches Handeln und unser kommunales Handeln erklären. In diesem Gesamtkontext kann ich überhaupt nicht verstehen, dass wir Konkurrenten der Presse sind, sondern wir sind eigentlich diejenigen, die in ganz kleinen Schritten die Menschen in ihrem alltäglichen Leben abholen."
Außerdem seien die Amtsblätter für Kirchengemeinden und Vereine oft die einzige Möglichkeit, über ihre Angelegenheiten zu informieren. Das falle nun weg. Der BGH ist die höchste Instanz für solche Fragen. Das heutige Urteil ist also rechtskräftig. Es ist auch ein wichtiger Fingerzeig für städtische Online-Portale. Denn das, was im Print verboten ist, dürfte wohl auch online nicht erlaubt sein.