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Bundesjustizminister Maas (SPD)
"Nie wieder in einer deutschen Großstadt"

Nach den Ausschreitungen im Umfeld des G20-Treffens in Hamburg hat Bundesjustizminister Maas weitere Gipfel dieser Art in einer deutschen Großstadt ausgeschlossen. Der SPD-Politiker unterstützte die Forderung von Koalitionspolitikern nach einer europäischen Datei für Linksextremisten.

    Zum Teil vermummte Randalierer bewerfen Polizisten mit Steinen.
    Im Hamburger Schanzenviertel geht die Polizei mit Waserwerfern gegen Randalierer vor - Archivbild (AFP/Odd ANDERSEN)
    Angeregt hatten die Datei für Linksextremisten der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mayer, und die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Högl, in der "Rheinischen Post". Bundesjustizminister Maas unterstützt den Vorschlag. Er beklagte in einem Gespräch mit "Bild.de", dass in Europa im linksextremistischen Bereich eine ausreichende Datengrundlage fehle. Das habe der Gipfel in Hamburg deutlich gemacht. Maas betonte, ein europaweites Register würde es den Behörden ermöglichen, bei Ereignissen wie dem G20-Gipfel "einen besseren Überblick zu bekommen und Leute an den Grenzen abzuweisen". Alle EU-Länder müssten darauf zugreifen können.
    Maas lehnte es ab, in deutschen Großstädten weitere politische Treffen dieser Art abzuhalten. "In einer deutschen Großstadt wird nie wieder so ein Gipfel stattfinden", sagte der SPD-Politiker. Der Parteivorsitzende Schulz und Bundesaußenminister Gabriel hatten sich bereits dafür ausgesprochen, Gipfeltreffen wie das der G20 künftig am Sitz der UNO in New York zu veranstalten.
    Schäfer-Gümbel (SPD): "Exzesse waren gut vorbereitet"
    SPD-Vize Schäfer-Gümbel schlug im Deutschlandfunk vor, auch logistische Unterstützer der Linksautonomen in den Blick zu nehmen. "Die Gewalttaten von Hamburg sind keine spontanen Exzesse, sondern gut vorbereitet gewesen", betonte Schäfer-Gümbel. Der Unions-Innenexperte Mayer plädierte dafür, die vor dem G20-Gipfel begonnenen Kontrollen an den deutschen Grenzen weiterzuführen.
    Bisher gibt es eine europaweite Datei nur für Rechtsextremisten und im Bereich der Terrorabwehr. Diese Register werden vom Bund und von den Ländern gemeinsam geführt. Die Dateien sollen bei der Prävention und Aufklärung von Straftaten helfen.
    Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lischka kritisierte, dass Bundesinnenminister de Maizière sich bisher "nie ernsthaft" für eine gemeinsame Datei der europäischen Sicherheitsbehörden eingesetzt habe. "Hamburg ist ein Ergebnis davon: Hunderte Brandstifter und Gewalttäter aus ganz Europa sind unerkannt nach Deutschland eingereist, um sich in Hamburg auszutoben", sagte der SPD-Politiker.
    Unterstützung für Extremistendatei auch aus den Ländern
    Auch aus den Bundesländern kommt Unterstützung für eine zentrale Erfassung linksorientierter Straftäter. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und baden-württembergische Innenminister Strobl sagte dem SWR-Hörfunk, solch eine Datei sei nötig, "um die marodierenden herumreisenden linksextremistischen Gewalttäter schon an der Grenze abzufangen". Strobl räumte jedoch ein, dass die Möglichkeiten begrenzt seien. Man könne "nur diejenigen festnehmen, von denen man auch weiß, dass sie Böses im Schilde führten".
    Im Hinblick auf die Versammlungsorte linksorientierter Aktivisten sprach sich der Unions-Innenexperte Mayer auch für eine Schließung von Autonomen-Zentren wie der Roten Flora in Hamburg und in der Rigaer Straße in Berlin aus. Diese rechtsfreien Räume dürften nicht mehr von den Behörden geduldet werden, forderte Mayer. FDP-Chef Lindner betonte in der "Bild"-Zeitung, in den dort besetzten Gebäuden würden Gewaltexzesse vorbereitet. Die Politik der falschen Toleranz müsse beendet werden.
    Angriff aus alles - von der "Bonzen-Karre" bis zum Kleinwagen
    Der Extremismusforscher Pfahl-Traughber nannte die Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels "erwartbar". Im Deutschlandfunk sagte er, die Szene habe über Monate hinweg im Internet für dieses Ereignis mobilisiert und sei auf Krawall aus. Die Besonderheit in Hamburg war nach Einschätzung des Wissenschaftlers die Intensität der Gewalt, die dann "übergesprungen sei". So sei nicht nur "die Bonzen-Karre", sondern auch der Kleinwagen "Micra" um die Ecke angezündet worden. Im Zentrum hätten nicht mehr die eigentlichen Feindbilder gestanden. "Alles ist angegriffen worden", so Pfahl-Traughber. Er äußerte die Vermutung, dass sich womöglich auch Trittbrettfahrer an den Straftaten beteiligten.