Nach Solingen-Anschlag
Regierungskoalition plant Schritte gegen Waffengewalt

Die Bundesregierung hat nach dem Anschlag von Solingen Konsequenzen angekündigt. Bundesinnenministerin Faeser und Bundesjustizminister Buschmann wollen über verschiedene Maßnahmen beraten. Bundeskanzler Scholz hat in Solingen der Opfer gedacht.

    Der mutmassliche Täter des Messerangriffs von Solingen wird von einem Hubschrauber zu einer Wagenkolonne geführt. Diese bringt ihn zum Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshof (BGH), der über einen Haftbefehl entscheiden wird.
    Der Tatverdächtige ist ein 26-jähriger abgelehnter Asylbewerber aus Syrien. Er hatte sich am Wochenende der Polizei gestellt und befindet sich in Untersuchungshaft. (picture alliance / dpa / Uli Deck)
    Buschmann (FDP) und Faeser (SPD) besuchten heute das "Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" in Berlin. Anschließend teilten sie mit, dass sie über Maßnahmen zur Bekämpfung von Islamismus, schnellere Abschiebungen in andere EU-Staaten und Waffenrechtsverschärfungen beraten wollen. Der Justizminister, der bislang skeptisch gegenüber einer Verschärfung des Waffenrechts war, sagte, es dürfe keine Tabus geben. Faeser betonte, es gehe jetzt darum, "präzise" hinzuschauen bei der Aufklärung der Tat. Erneut bekräftigte sie den Willen, Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern auch nach Afghanistan und Syrien zu ermöglichen.
    Die Sprecherin der Grünen für Innen- und Religionspolitik im Bundestag, Kaddor, hat Bevölkerung aufgerufen, wachsam zu sein. Sie sagte im Deutschlandfunk, plötzliche Wesensveränderungen seien ein Indiz für eine Radikalisierung. Sie riet dazu, sich dann an die Polizei zu wenden oder an spezielle Projekte, die sich um solche Fälle kümmern.

    Scholz gedenkt in Solingen der Opfer

    Bundeskanzler Scholz hat heute in Solingen der Opfer gedacht. Er bezeichnete den Anschlag als "Terrorismus gegen uns alle" und kündigte Konsequenzen an. Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wüst (CDU) und Solingens Oberbürgermeister Kurzbach (SPD) legte Scholz in der Solinger Innenstadt weiße Rosen nieder.
    Der Bundeskanzler sagte im Anschluss, er sei wütend auf diese Tat; sie müsse schnell und hart bestraft werden. Er kündigte an, alles dafür zu tun, dass Menschen, die nicht in Deutschland bleiben dürften, schneller abgeschoben würden. Auch die Zahl der Menschen, die irregulär nach Deutschland kämen, müsse gesenkt werden. Auch Scholz betonte, das Waffenrecht müsse insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit Messern verschärft werden. Er sei überzeugt, dass eine entsprechende Gesetzesänderung schnell verabschiedet werde. 

    Wüst fordert Erleichterung von Abschiebungen

    NRW-Ministerpräsident Wüst kündigte umfassene Aufklärung an. Mit Blick auf die nicht erfolgte Abschiebung des Verdächtigen sei im konkreten Fall zu schauen, ob alles richtig gelaufen sei, sagte er in Solingen. Der CDU-Politiker rückte dabei auch die Arbeitsbedingungen der für Asylverfahren und Abschiebungen zuständigen Behörden in den Blick, denen die Arbeit schwer gemacht werde. Wüst verwies auf bürokratische Hemmnisse oder rechtliche Schlupflöcher.
    Beim "Fest der Vielfalt" zum 650. Solinger Stadtjubiläum waren am Freitagabend drei Menschen getötet und acht verletzt worden, vier davon schwer. Die Terrormiliz IS reklamierte den Anschlag für sich. Tatverdächtig ist ein 26-jähriger abgelehnter Asylbewerber aus Syrien. Er hatte sich am Wochenende der Polizei gestellt und befindet sich in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in einer Terroristischen Vereinigung im Ausland. Der tatverdächtige Syrer sollte im vergangenen Jahr abgeschoben werden. Er war 2022 über Bulgarien nach Deutschland eingereist. Die Abschiebung nach Bulgarien sei gescheitert, weil der Mann untergetaucht sei, hieß es.
    CDU-Chef Merz hatte gestern in seinem E-Mail-Newsletter "MerzMail" einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan verlangt. Darin schrieb er wörtlich: "Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter." Im ARD-Brennpunkt betonte Merz: "Wenn Solingen jetzt für die Koalition nicht der Wendepunkt ist, dann weiß ich nicht, was noch passieren muss, damit hier einige Leute endlich mal zur Besinnung kommen."

    Kühnert: Aufnahmestopp mit Grundgesetz nicht vereinbar

    SPD-Generalsekretär Kühnert wies die Forderungen nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan zurück. Kühnert sagte im ARD-Fernsehen, dies sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Man müsse sich jetzt anschauen, warum die Rückführung des mutmaßlichen Täters von Solingen nicht geklappt habe. Bulgarien sei offenbar bereit gewesen, ihn zurückzunehmen. Daher müsse das Land Nordrhein-Westfalen jetzt die Fakten auf den Tisch legen.
    Diese Nachricht wurde am 26.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.