Wie können Verbraucher besser geschützt werden? Ein möglicher Weg sind Änderungen im Wettbewerbsrecht. Ende September beschloss das Kabinett eine umfassende Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, kurz GWB, das Missbrauch verhindern soll. Hauptstoßrichtung der Komplettüberarbeitung: die digitalen Märkte. Insbesondere Dienstleistungen, die sich nicht über Entgelte durch die Verbraucher, sondern über Werbung finanzieren, und Netzwerkeffekte, also die Marktmacht, die dadurch entsteht, dass besonders viele Menschen einen Anbieter nutzen, stehen dabei im Mittelpunkt. Hier soll das Bundeskartellamt künftig genauer hinschauen können.
Doch den Fraktionen von CDU, CSU und SPD reicht die Vorlage des Wirtschaftsministeriums noch nicht aus, meldete zuerst die Frankfurter Allgemeine Zeitung: Die Verhandlungsführer von Unions- und SPD-Fraktion hätten sich darauf geeinigt, die Kompetenzen des Kartellamts im Zuge der Novelle vor allem beim Verbraucherschutz noch zu erweitern. Die meisten Details sind noch offen, aber Marcus Held, SPD, erläutert:
"Wenn solche Fälle auftauchen sollen sich Bürger künftig an das Kartellamt wenden können und das Kartellamt entscheidet dann, ob es tätig wird."
Bei Zuwiderhandlung soll die Bonner Behörde Bußgelder verhängen
Einig sind sich die Koalitionäre in einem zentralen Punkt: Zukünftig soll die Behörde bei massiven Verstößen gegen verbraucherrechtliche Vorschriften verfügen können, dass Unternehmen diese Verstöße unterlassen – und bei Zuwiderhandlung soll die Bonner Behörde Bußgelder verhängen. Der Verhandlungsführer der Unionsfraktion Matthias Heider setzt auf das technische und juristische Know-how des Bundeskartellamtes: Die zusätzlichen Kontrollmöglichkeiten sollten Verbraucher vor allem gegen undurchsichtige Regelungen schützen, die sie in die Irre führen könnten.
Verbraucherschutzorganisationen können in solche Fällen schon heute auf Unterlassung klagen, aber:
"Wir können vor Gericht ziehen und langjährige Prozesse anstreben, wir können aber keine Ordnungsverfügung erteilen. Das kann nur eine Behörde und da brauchen wir das Kartellamt an unserer Seite", erläutert Klaus Müller, der Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen VZBV.
"Wir kennen eigentlich in allen relevanten Verbrauchermärkten die Strukturen, dass es Aufsichtsbehörden gibt, die direkt durchgreifen können mit Ordnungsgeldern. Und die Verbraucherzentralen, die dann zum Beispiel Musterprozesse führen können, um höchstrichterliche Urteile zu erstreiten. Beides greift in anderen Bereichen sehr gut Hand in Hand und schon heute haben wir mit dem Kartellamt eine intensive Diskussion."
Über den Umfang einer Aufstockung gibt es noch keine Klarheit
Auch Katharina Dröge, die wettbewerbspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion begrüßt die Pläne aus der Regierungskoalition im Grundsatz. Sie wünscht sich jedoch mehr: Tatsächlich sei es für eine Behörde wie das Bundeskartellamt sehr schwierig, die vielen komplex strukturierten Märkte gleichzeitig im Blick zu haben. Zentral sei es daher, den Schutz der Verbraucher institutionell breit aufzustellen. Insbesondere die Herangehensweise der Koalitionäre stört daher die Grünenpolitikerin:
"Man versucht jetzt hier einen sehr populären Markt, nämlich die Digitalwirtschaft aufzugreifen und da erste Vorschläge zu machen, aber es liegen schon seit vielen Jahren andere Vorschläge auf dem Tisch und die geht die Koalition nicht an."
Der SPD-Politiker Marcus Held weist diese Kritik zurück. Der Verbraucherschutz würde deutlich verbessert:
"Das Kartellamt wird natürlich aufgewertet, im Moment hat das Kartellamt rund 350 Mitarbeiter. Hier braucht man natürlich eine ganz andere Abteilung zusätzlich, die hier tätig werden muss. Und deshalb müssen natürlich auch die Personalkosten für das Bundeskartellamt im Bundeshaushalt erhöht werden."
Doch ob und wenn ja in welchem Umfang diese Aufstockung kommen kann, ist derzeit zwischen den Koalitionsfraktionen noch nicht geklärt.