Jürgen Liminski: Der Auto-Manager Wolfgang Dürheimer meinte vor ein paar Jahren, der Elektromotor wird für Furore sorgen. Das wünschen sich heute nicht wenige Autofahrer, vor allem, wenn sie tanken. Die Benzinpreise sind es, die derzeit für Furore, für Wut und Ärger sorgen. Da ist die Nachricht, dass das Bundeskartellamt ein Wettbewerbsverfahren gegen die fünf großen Ölkonzerne BP/Aral, Esso, Shell, Jet und Total eingeleitet hat, Balsam auf die wunde Seele des Autofahrers und der verbindet damit auch manche Hoffnung. Hat dieses Verfahren Aussicht auf Erfolg und wenn ja, wie kann dieser aussehen? Wird es möglicherweise zu einem Ende des Oligopols der fünf Großen führen? – Am Telefon begrüße ich zu diesen Fragen den Präsidenten des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt. Guten Morgen.
Andreas Mundt: Ja guten Morgen, Herr Liminski.
Liminski: Herr Mundt, zunächst: Wie sehen Sie das Verhalten der fünf Konzerne? Sind Preisabsprachen zu beobachten?
Mundt: Wir haben den Bereich ja einer sehr umfangreichen Untersuchung unterzogen. Wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass die Unternehmen sich absprechen bei der Preisgestaltung, auch wenn viele Autofahrer das aufgrund der gleichförmigen Preisbewegungen vermuten. Nein, wir haben eigentlich vielmehr ein Muster gefunden, wie die Unternehmen sehr geschickt Preise voneinander abgucken und nachmachen. Also es ist ein ausgeklügeltes Preissetzungsmuster, mit dem die Unternehmen eigentlich einen Weg gefunden haben, wie sie Preiserhöhungen im Markt eigentlich gefahrlos durchsetzen können.
Liminski: Wie sieht dieses Muster aus?
Mundt: Das sieht im Prinzip so aus, dass immer Aral oder Shell, einer von beiden, der erste ist, der den Preis erhöht. Der jeweils andere folgt nach genau drei Stunden, möglicherweise mit dem einen oder anderen großen Mineralölunternehmen. Und wer nicht nach genau drei Stunden nachgezogen hat, der zieht den Preis nach exakt fünf Stunden nach. Das ist ein Muster, das finden Sie durchgängig in dem Untersuchungszeitraum, den wir hier vor Augen haben, für fast alle Preiserhöhungsrunden, die wir sehen. Das ist quasi so, als wenn die Unternehmen sich blind aufeinander verlassen können: der erste, der den Preis erhöht, weiß, dass die anderen nachziehen werden. Mit anderen Worten: Er muss nicht befürchten, gegenüber seinen Wettbewerbern einen zu hohen Preis zu haben.
Liminski: Nun haben Sie ein Verfahren eingeleitet. Worum geht es da?
Mundt: In dem Verfahren geht es darum, dass wir den Wettbewerb von außen gegenüber diesen großen fünf Mineralölunternehmen stärken. Das heißt, wir wollen die freien Tankstellen stärken. Die freien Tankstellen bekommen ihr Benzin von den fünf großen Mineralölunternehmen, und es sind immer wieder Beschwerden im Markt, die darauf abzielen, dass hier keine fairen Preise gestellt werden. Das kann einmal darin bestehen, dass die großen fünf Mineralölunternehmen ihr Benzin unter den eigenen Kosten anbieten, die sie an der Raffinerie gehabt haben, oder das kann darin bestehen, dass die großen fünf Mineralölunternehmen an die freien Tankstellen das Benzin zu einem Preis liefern, der über dem Preis liegt, den die großen Mineralölfirmen selber an ihrer Tankstelle vom Autofahrer verlangen. Es ist offensichtlich, dass eine freie Tankstelle bei solchen Preisen nicht wettbewerbsfähig ist.
Liminski: Sie sagen, es gibt ein Preissetzungsmuster, nach dem die Konzerne vorgehen. Aber das Verfahren selbst hat nur den Wettbewerb mit den freien Tankstellen zum Gegenstand, nicht die Preisabsprache – ich nenne das mal so – zwischen den Konzernen. Reicht das Muster nicht aus, um über den bloßen Verdacht hinaus Maßnahmen zu ergreifen, also auch weitere Verfahren einzuleiten?
Mundt: Ja, das ist kartellrechtlich natürlich nicht so einfach. Es ist nun mal so, dass wir keine Absprachen haben. Die wären kartellrechtlich angreifbar, die finden wir aber nicht oder wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass es sie gibt. Und das Preissetzungsmuster, das ich Ihnen eben genannt habe, ist kartellrechtlich nicht angreifbar. Es ist ja normal in der Marktwirtschaft, dass Sie Ihre Preise auch orientieren daran, wie Ihr Wettbewerber die Preise setzt. Dieses System des Abguckens und Nachmachens ist kartellrechtlich im Grunde nicht zu beanstanden. Das Besondere ist halt hier, dass wir einen sehr transparenten Markt haben, sodass die Unternehmen die Preise ihrer Wettbewerber unmittelbar kennen. Das Besondere ist, dass wir es mit sehr wenigen Unternehmen zu tun haben, nämlich nur fünf, von denen wir glauben, dass sie ein marktbeherrschendes Oligopol bilden, und das besondere ist eben, dass die Unternehmen dieses besondere Muster entwickelt haben und quasi blind aufeinander reagieren können. Vor dem Hintergrund ist es schwer für uns, Verfahren zu eröffnen, deswegen konzentrieren wir uns darauf, die freien Tankstellen eben zu stärken und darauf zu setzen, dass diese freien Tankstellen, die immerhin ein Drittel Marktanteil haben, diesen Zwei-Drittel-Marktanteilen, die die fünf großen Mineralölunternehmen haben, dass die in den Stand gesetzt werden, hier Wettbewerb zu machen.
Liminski: Wäre über diesen Wettbewerbsvorteil oder, ich sage mal, über die Wettbewerbsgerechtigkeit für die freien Tankstellen eine Preisminderung zu erwarten?
Mundt: Das ist immer schwierig zu sagen, was kommt dabei heraus, wenn wir den Wettbewerb an irgendeiner Stelle intensivieren, so wir denn die Verfahren erfolgreich zu Ende führen. Als Wettbewerbsrechtler gehen Sie halt davon aus, dass der Wettbewerb in der Lage ist, für die besten, sprich niedrigsten, Preise zu sorgen. Das lässt sich jetzt nicht wirklich beziffern in Cent und Euro, was da am Ende des Tages bei herauskommt, aber wir haben nun mal großes Vertrauen in den Wettbewerb und darin, dass der Wettbewerb eben auch das Instrument ist, das für die niedrigsten Preise sorgt.
Liminski: Die fünf sind Multis. Verständigen Sie sich mit Kartellbehörden innerhalb der EU, um das Oligopol anzugehen?
Mundt: Die Probleme, die wir hier in Deutschland haben, die finden Sie ja in vielen anderen Ländern, in Europa und auch außerhalb Europas, und wir sind in Europa in einem sehr intensiven Dialog mit unseren Schwesterbehörden in den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Aber wir sind hier sicherlich auch so ein bisschen Vorreiter in Europa, was ein Stück weit in dieser sehr breit angelegten Untersuchung begründet ist, die wir gemacht haben. Aber es gibt hier einen sehr breiten Dialog mit den anderen Wettbewerbsbehörden in Europa, aber eben nicht nur hier, sondern auch weltweit.
Liminski: Können Sie denn bei der Preisgestaltung auch vor dem Markt ansetzen, also beim Wettbewerb der Raffinerien zum Beispiel, und hier zu einer Entflechtung der fünf beitragen?
Mundt: Die Verflechtung der Unternehmen in diesem Bereich ist sicherlich nicht unproblematisch. Da werden gemeinsam Raffinerien betrieben, da werden gemeinsam Pipelines betrieben, es gibt Tauschgeschäfte zwischen den einzelnen Unternehmen, diese Verflechtung ist da und macht wettbewerbsrechtlich wahrscheinlich auch Probleme. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass manches auch effizient ist, was in diesem Bereich besteht – nehmen Sie hier den Köln-Bonner Raum. Wir haben hier in Wesseling eine große Raffinerie, die Shell gehört, die natürlich hier im Umland auch sehr viele Tankstellen beliefert. Das ist ja auch sinnvoll, dass hier nicht Tankzüge mit Benzin quer durch Deutschland fahren. Also da sieht man auf den ersten Blick, dass eine Entflechtung auch Nachteile haben kann. Deswegen: Man muss hier sehr, sehr vorsichtig herangehen, das ist nicht so einfach, und darüber hinaus muss man natürlich auch den Unternehmen einen Missbrauch nachweisen, damit man überhaupt zu diesem Instrument schreiten kann, denn die missbrauchsunabhängige Entflechtung kennen wir in Deutschland nicht. Also das ist sicherlich ein sehr schwieriges Unterfangen.
Liminski: Die hohen Öl- und Benzinpreise drohen, auch die Konjunktur abzuwürgen. Ist das nur eine politische Feststellung, können also nur Politiker etwas tun?
Mundt: Die Politik ist auch in keiner einfachen Lage, denn hier gibt es kein Patentrezept, was man hier tun kann. Ich habe schon angesprochen, dass das Problem, das wir hier in Deutschland haben, dass wir das rund um den Globus finden. Einige Länder sind ja dazu übergegangen, nicht die Preise zu regulieren, sondern eine Regulierung dafür zu finden, wann diese Preise verändert werden dürfen. Das prominenteste Beispiel, das hier genannt wird, ist immer Westaustralien. Dort müssen die Preise am Vortag festgelegt werden von den Mineralölunternehmen und dürfen dann am Folgetag nicht verändert werden. Dieses Modell hat sich jetzt unter anderem der Vorsitzende der Monopolkommission, Herr Haucap, mal genauer angesehen und ist zumindest zu dem Ergebnis gekommen, dass es wettbewerblich vielleicht keine großen Vorteile bringt, aber auch nicht schädlich ist, und so ein Modell hat ja zumindest, was den Verbraucher betrifft, den Vorteil, dass sie eine gewisse Spanne haben, innerhalb dessen der Preis gleich bleibt, dass sie in den Stand versetzt werden, innerhalb dieser Spanne den Preis vergleichen zu können, und dass, wenn sie dann zur Tankstelle fahren und tanken, dass sie diesen Preis dort auch noch vorfinden. Ich glaube nicht, dass man diese Modelle, auch wie Westaustralien, eins zu eins auf Deutschland übertragen kann, aber ich glaube schon, dass man mit solchen Modellen möglicherweise, wenn man sie richtig verändert für Deutschland, vielleicht auch richtige Signale setzen könnte und vielleicht auch Schlussfolgerungen für Deutschland schließen könnte. Das müsste man sich mal genau ansehen.
Liminski: Der Benzinpreis, das Oligopol und der Wettbewerb – das war hier im Deutschlandfunk der Präsident des Kartellamtes, Andreas Mundt. Besten Dank für das Gespräch, Herr Mundt.
Mundt: Ja! Vielen Dank, Herr Liminski. Auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Andreas Mundt: Ja guten Morgen, Herr Liminski.
Liminski: Herr Mundt, zunächst: Wie sehen Sie das Verhalten der fünf Konzerne? Sind Preisabsprachen zu beobachten?
Mundt: Wir haben den Bereich ja einer sehr umfangreichen Untersuchung unterzogen. Wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass die Unternehmen sich absprechen bei der Preisgestaltung, auch wenn viele Autofahrer das aufgrund der gleichförmigen Preisbewegungen vermuten. Nein, wir haben eigentlich vielmehr ein Muster gefunden, wie die Unternehmen sehr geschickt Preise voneinander abgucken und nachmachen. Also es ist ein ausgeklügeltes Preissetzungsmuster, mit dem die Unternehmen eigentlich einen Weg gefunden haben, wie sie Preiserhöhungen im Markt eigentlich gefahrlos durchsetzen können.
Liminski: Wie sieht dieses Muster aus?
Mundt: Das sieht im Prinzip so aus, dass immer Aral oder Shell, einer von beiden, der erste ist, der den Preis erhöht. Der jeweils andere folgt nach genau drei Stunden, möglicherweise mit dem einen oder anderen großen Mineralölunternehmen. Und wer nicht nach genau drei Stunden nachgezogen hat, der zieht den Preis nach exakt fünf Stunden nach. Das ist ein Muster, das finden Sie durchgängig in dem Untersuchungszeitraum, den wir hier vor Augen haben, für fast alle Preiserhöhungsrunden, die wir sehen. Das ist quasi so, als wenn die Unternehmen sich blind aufeinander verlassen können: der erste, der den Preis erhöht, weiß, dass die anderen nachziehen werden. Mit anderen Worten: Er muss nicht befürchten, gegenüber seinen Wettbewerbern einen zu hohen Preis zu haben.
Liminski: Nun haben Sie ein Verfahren eingeleitet. Worum geht es da?
Mundt: In dem Verfahren geht es darum, dass wir den Wettbewerb von außen gegenüber diesen großen fünf Mineralölunternehmen stärken. Das heißt, wir wollen die freien Tankstellen stärken. Die freien Tankstellen bekommen ihr Benzin von den fünf großen Mineralölunternehmen, und es sind immer wieder Beschwerden im Markt, die darauf abzielen, dass hier keine fairen Preise gestellt werden. Das kann einmal darin bestehen, dass die großen fünf Mineralölunternehmen ihr Benzin unter den eigenen Kosten anbieten, die sie an der Raffinerie gehabt haben, oder das kann darin bestehen, dass die großen fünf Mineralölunternehmen an die freien Tankstellen das Benzin zu einem Preis liefern, der über dem Preis liegt, den die großen Mineralölfirmen selber an ihrer Tankstelle vom Autofahrer verlangen. Es ist offensichtlich, dass eine freie Tankstelle bei solchen Preisen nicht wettbewerbsfähig ist.
Liminski: Sie sagen, es gibt ein Preissetzungsmuster, nach dem die Konzerne vorgehen. Aber das Verfahren selbst hat nur den Wettbewerb mit den freien Tankstellen zum Gegenstand, nicht die Preisabsprache – ich nenne das mal so – zwischen den Konzernen. Reicht das Muster nicht aus, um über den bloßen Verdacht hinaus Maßnahmen zu ergreifen, also auch weitere Verfahren einzuleiten?
Mundt: Ja, das ist kartellrechtlich natürlich nicht so einfach. Es ist nun mal so, dass wir keine Absprachen haben. Die wären kartellrechtlich angreifbar, die finden wir aber nicht oder wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass es sie gibt. Und das Preissetzungsmuster, das ich Ihnen eben genannt habe, ist kartellrechtlich nicht angreifbar. Es ist ja normal in der Marktwirtschaft, dass Sie Ihre Preise auch orientieren daran, wie Ihr Wettbewerber die Preise setzt. Dieses System des Abguckens und Nachmachens ist kartellrechtlich im Grunde nicht zu beanstanden. Das Besondere ist halt hier, dass wir einen sehr transparenten Markt haben, sodass die Unternehmen die Preise ihrer Wettbewerber unmittelbar kennen. Das Besondere ist, dass wir es mit sehr wenigen Unternehmen zu tun haben, nämlich nur fünf, von denen wir glauben, dass sie ein marktbeherrschendes Oligopol bilden, und das besondere ist eben, dass die Unternehmen dieses besondere Muster entwickelt haben und quasi blind aufeinander reagieren können. Vor dem Hintergrund ist es schwer für uns, Verfahren zu eröffnen, deswegen konzentrieren wir uns darauf, die freien Tankstellen eben zu stärken und darauf zu setzen, dass diese freien Tankstellen, die immerhin ein Drittel Marktanteil haben, diesen Zwei-Drittel-Marktanteilen, die die fünf großen Mineralölunternehmen haben, dass die in den Stand gesetzt werden, hier Wettbewerb zu machen.
Liminski: Wäre über diesen Wettbewerbsvorteil oder, ich sage mal, über die Wettbewerbsgerechtigkeit für die freien Tankstellen eine Preisminderung zu erwarten?
Mundt: Das ist immer schwierig zu sagen, was kommt dabei heraus, wenn wir den Wettbewerb an irgendeiner Stelle intensivieren, so wir denn die Verfahren erfolgreich zu Ende führen. Als Wettbewerbsrechtler gehen Sie halt davon aus, dass der Wettbewerb in der Lage ist, für die besten, sprich niedrigsten, Preise zu sorgen. Das lässt sich jetzt nicht wirklich beziffern in Cent und Euro, was da am Ende des Tages bei herauskommt, aber wir haben nun mal großes Vertrauen in den Wettbewerb und darin, dass der Wettbewerb eben auch das Instrument ist, das für die niedrigsten Preise sorgt.
Liminski: Die fünf sind Multis. Verständigen Sie sich mit Kartellbehörden innerhalb der EU, um das Oligopol anzugehen?
Mundt: Die Probleme, die wir hier in Deutschland haben, die finden Sie ja in vielen anderen Ländern, in Europa und auch außerhalb Europas, und wir sind in Europa in einem sehr intensiven Dialog mit unseren Schwesterbehörden in den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Aber wir sind hier sicherlich auch so ein bisschen Vorreiter in Europa, was ein Stück weit in dieser sehr breit angelegten Untersuchung begründet ist, die wir gemacht haben. Aber es gibt hier einen sehr breiten Dialog mit den anderen Wettbewerbsbehörden in Europa, aber eben nicht nur hier, sondern auch weltweit.
Liminski: Können Sie denn bei der Preisgestaltung auch vor dem Markt ansetzen, also beim Wettbewerb der Raffinerien zum Beispiel, und hier zu einer Entflechtung der fünf beitragen?
Mundt: Die Verflechtung der Unternehmen in diesem Bereich ist sicherlich nicht unproblematisch. Da werden gemeinsam Raffinerien betrieben, da werden gemeinsam Pipelines betrieben, es gibt Tauschgeschäfte zwischen den einzelnen Unternehmen, diese Verflechtung ist da und macht wettbewerbsrechtlich wahrscheinlich auch Probleme. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass manches auch effizient ist, was in diesem Bereich besteht – nehmen Sie hier den Köln-Bonner Raum. Wir haben hier in Wesseling eine große Raffinerie, die Shell gehört, die natürlich hier im Umland auch sehr viele Tankstellen beliefert. Das ist ja auch sinnvoll, dass hier nicht Tankzüge mit Benzin quer durch Deutschland fahren. Also da sieht man auf den ersten Blick, dass eine Entflechtung auch Nachteile haben kann. Deswegen: Man muss hier sehr, sehr vorsichtig herangehen, das ist nicht so einfach, und darüber hinaus muss man natürlich auch den Unternehmen einen Missbrauch nachweisen, damit man überhaupt zu diesem Instrument schreiten kann, denn die missbrauchsunabhängige Entflechtung kennen wir in Deutschland nicht. Also das ist sicherlich ein sehr schwieriges Unterfangen.
Liminski: Die hohen Öl- und Benzinpreise drohen, auch die Konjunktur abzuwürgen. Ist das nur eine politische Feststellung, können also nur Politiker etwas tun?
Mundt: Die Politik ist auch in keiner einfachen Lage, denn hier gibt es kein Patentrezept, was man hier tun kann. Ich habe schon angesprochen, dass das Problem, das wir hier in Deutschland haben, dass wir das rund um den Globus finden. Einige Länder sind ja dazu übergegangen, nicht die Preise zu regulieren, sondern eine Regulierung dafür zu finden, wann diese Preise verändert werden dürfen. Das prominenteste Beispiel, das hier genannt wird, ist immer Westaustralien. Dort müssen die Preise am Vortag festgelegt werden von den Mineralölunternehmen und dürfen dann am Folgetag nicht verändert werden. Dieses Modell hat sich jetzt unter anderem der Vorsitzende der Monopolkommission, Herr Haucap, mal genauer angesehen und ist zumindest zu dem Ergebnis gekommen, dass es wettbewerblich vielleicht keine großen Vorteile bringt, aber auch nicht schädlich ist, und so ein Modell hat ja zumindest, was den Verbraucher betrifft, den Vorteil, dass sie eine gewisse Spanne haben, innerhalb dessen der Preis gleich bleibt, dass sie in den Stand versetzt werden, innerhalb dieser Spanne den Preis vergleichen zu können, und dass, wenn sie dann zur Tankstelle fahren und tanken, dass sie diesen Preis dort auch noch vorfinden. Ich glaube nicht, dass man diese Modelle, auch wie Westaustralien, eins zu eins auf Deutschland übertragen kann, aber ich glaube schon, dass man mit solchen Modellen möglicherweise, wenn man sie richtig verändert für Deutschland, vielleicht auch richtige Signale setzen könnte und vielleicht auch Schlussfolgerungen für Deutschland schließen könnte. Das müsste man sich mal genau ansehen.
Liminski: Der Benzinpreis, das Oligopol und der Wettbewerb – das war hier im Deutschlandfunk der Präsident des Kartellamtes, Andreas Mundt. Besten Dank für das Gespräch, Herr Mundt.
Mundt: Ja! Vielen Dank, Herr Liminski. Auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.