Szenekundige Beamte heißen die Polizisten, die sich in Fanszenen besonders gut auskennen und die lokale Fansituation im Blick behalten. Nach ihnen sind die sogenannten SKB-Dateien benannt.
In diesen Dateien werden personenbezogene Informationen über Fans gesammelt. Das reicht von Straftaten bis hin zu Spitznamen. Die Dateien sollen dazu helfen, um beispielsweise Bereichsbetretungsverbote auszusprechen, mit denen es Fans verboten ist, sich an Spieltagen im Umfeld des Stadions aufzuhalten.
Öffentlich geworden sind diese Daten-Sammlungen durch szenekundige Beamte im Jahr 2014, als sich eine Anhängerin gegen solch eine präventivpolizeiliche Maßnahme gewehrt hatte. Gegen die Speicherung ihrer Daten hat sie mit Hilfe des Rechtsanwalts Andreas Hüttl geklagt, der auch in der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte arbeitet. Er sagt im Rückblick:
"Vorher wusste es ja schlicht keiner, dass es solche geheimen Datenbanken für Fußballfans gibt. Und das ganze Ausmaß dieser heimlichen Datensammlung quer durch die Republik über Fußballfans ist erst dadurch ans Licht gekommen. Nur deswegen können sich Fans überall konkret um Auskunft und Löschung ihrer Daten bemühen. Das war vorher schlicht nicht möglich."
Er erinnert sich an die Signalwirkung dieses Verfahrens.
"Im Allgemeinen muss man ja sagen, dass allein wegen diesem Verfahren, die dann gestellten Anfragen in den Landesparlamenten auf den Weg gebracht worden sind."
Im Laufe der Zeit haben immer mehr Bundesländer zugegeben, solche Dateien zu besitzen, die neben der bundesweiten Datei "Gewalttäter Sport" parallel geführt werden. Mittlerweile besitzen laut dem Ministerium des Innern und des Sports Rheinland-Pfalz fast alle solche Dateien:
"Nach den der Landesregierung vorliegenden Erkenntnissen werden weitestgehend in allen Bundesländern SKB- oder vergleichbare Arbeitsdateien geführt. Einzig das Bundesland Thüringen hat im Rahmen einer bundesweiten Abfrage mitgeteilt, dass dort keine solche Datei geführt wird".
Schon 2016 teilte Thüringen mit, aus datenschutzrechtlichen Bedenken keine eigene Datei zu führen, und dafür selbst nur die Datei "Gewalttäter Sport" zu nutzen. Trotzdem würden aber mit Hilfe von Auskunftsersuchen die SKB-Dateien der anderen Bundesländer regelmäßig abgefragt.
Seit dem Bekanntwerden, dass diese SKB-Dateien existieren, sind sie größtenteils überprüft worden. Das hatte mitunter zur Folge, dass sie völlig neu aufgestellt werden mussten.
Rechtswidrig bis 2014
In Rheinland-Pfalz beispielsweise wurde geprüft, ob die bundesweite Datei "Gewalttäter Sport" für die Ergreifung präventivpolizeilicher Maßnahmen nicht ausreichend ist. Das Ergebnis? Dafür seien zusätzlich genau diese SKB-Dateien notwendig. Warum dies so ist, ist nicht näher begründet worden. Auch dem Landesdatenschutzbeauftragten in Rheinland-Pfalz Dieter Kugelmann ist lediglich mitgeteilt worden, dass auf diese Dateien nicht verzichtet werde. Er verweist in dem Zusammenhang jedoch noch auf einen ganz anderen Aspekt:
"Nun, der Vorteil der SKB-Dateien ist natürlich der regionale Bezug. Also es geht um die Daten im konkreten Stadionumfeld zum konkreten Spielort. Andererseits kann genau das ein Problem sein. Wenn die Daten Leute betreffen, die sowieso schon in der Datei "Gewalttäter Sport" drin sind, ist es ja überflüssig, eigentlich, sie ein zweites Mal zu erheben, wenn man den gleichen Zweck verfolgt. Das heißt also, da müsste man schon aufpassen, dass man nicht doppelt die Leute behelligt!"
Im Fall der Fußball-Anhängerin, die gegen die Speicherung ihrer Daten in SKB-Dateien geklagt hat, hat Ende letzten Jahres das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen entschieden:
"Es wird festgestellt, dass die Speicherung der personenbezogenen Daten (..) bis zum 14. August 2014 rechtswidrig war".
"Kein nachvollziehbarer Grund"
Aber weil nach Bekanntwerden die Datei offiziell beim Landesdatenschutzbeauftragten angemeldet wurde, sei ab diesem Zeitpunkt die Speicherung als rechtmäßig anzusehen, sagte das Gericht in der Begründung. Seitdem haben die SKB-Dateien vor Gericht Bestand.
Fan-Anwalt Andreas Hüttl stellt das aber nicht zufrieden. Er ist weiter davon überzeugt, dass die bundesweite Datei "Gewalttäter Sport" ausreiche. Denn hier werde jeder Fußballfan mit über 50 Speicherungskriterien erfasst, und auch jede Polizeidienststelle könne auf die Datei zugreifen.
"Die Datenfelder in der Datei "Gewalttäter Sport" decken jede erdenkliche Information über die dort eingetragenen Bürger ab, von der Schuhgröße bis zu Vorlieben in der Kommunikation. Und natürlich kann jede vorstellbare polizeiliche Maßnahme nach den Polizeigesetzen mit den in der Datei "Gewalttäter Sport" gespeicherten Anlässen in Anführungszeichen "verwaltungsgerichtsfest" durchgeführt werden. Einen nachvollziehbaren Grund Fans doppelt zu speichern, gibt es aus meiner Sicht jedenfalls nicht."
Als einer der letzten hatte übrigens Brandenburg eine solche SKB-Datei 2017 eingeführt. Aktuell sind darin Personendaten im unteren zweistelligen Bereich gespeichert.