Nachhaltigkeit im Sport
Die Bundesliga zwischen Klimaschutz und Geld verdienen

2022 hat die Deutsche-Fußball-Liga für die Klubs Nachhaltigkeitskriterien eingeführt, die Umsetzung verläuft aber teils schleppend. Ein Grund: Teile des Geschäftsmodells stehen im Widerspruch zu nachhaltigem Handeln. Das zeigt sich bei Sponsoren.

Von Maximilian Rieger |
Die Stadionleinwand zeigt Hinweise für Fans zur Müllentsorgung Mülltrennung von Abfall.
Die 36 Profi-Klubs haben sich darauf geeinigt, dass die DFL bei der Lizenzierung vor jeder Saison auch Nachhaltigkeitskriterien untersucht. (picture alliance / PICTURE POINT / Sven Sonntag)
Mit der Fähre zum Bundesliga-Spiel – in Bremen ist das möglich. Das Stadion liegt direkt an der Weser. Die schöne Lage bringt aber auch Gefahren mit sich. „Wir liegen tatsächlich in einem Hochwassergebiet. Dass heißt, das Thema Klimaschutz betrifft uns tatsächlich auch direkt", sagt Anne-Kathrin Laufmann, Geschäftsführerin für Sport und Nachhaltigkeit.
Auch deswegen hat sich Werder ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2030 will der Verein seinen CO2-Ausstoß um die Hälfte reduzieren. Deswegen beschäftigt sich Laufmann mit LED-Beleuchtungen, Wärmepumpen und vegetarischem Essen. „Das sind jetzt keine Themen, glaube ich, mit denen man Leute hinterm Ofen hervorlockt, sondern das sind einfach Dinge, die wir Stück für Stück umsetzen müssen und wo man jetzt weniger die Marketing-Brille aufsetzt, um zu gucken: Was können wir eigentlich nach außen kommunizieren?“

Fortschritte bei der Umsetzung der Kriterien erkennbar

Vor diesem Problem stehen auch die anderen Vereine in der 1. und 2. Bundesliga. Die 36 Profi-Klubs haben sich vor zwei Jahren darauf geeinigt, dass die Deutsche Fußball Liga bei der Lizenzierung vor jeder Saison auch Nachhaltigkeitskriterien untersucht. Dabei geht es nicht nur um ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch um soziale Aspekte und gute Vereinsführung.
Eine gewisse Wirkung ist erkennbar: Eine Deutschlandfunk-Abfrage bei den Vereinen zeigt, dass praktisch alle Klubs inzwischen Verantwortliche für Nachhaltigkeit haben und Nachhaltigkeit in ihrer Satzung oder Geschäftsordnung verankert haben. Mehr als zwei Drittel der Klubs kennen auch ihren CO2-Fußabdruck.
„Ich bin da sehr, sehr zufrieden. Wenn man auf die letzten zwei Jahre guckt, dann war das ein ganz schöner Ritt“, sagt die Leiterin der DFL-Nachhaltigkeits-Abteilung, Marika Bernhard.

Nur gut die Hälfte der Kriterien sind zur aktuellen Saison zu erfüllen

Der Ritt für die Vereine ist aber nicht mehr so anspruchsvoll, wie ursprünglich geplant. Zu Beginn gab es noch mehr als 100 Kriterien, die alle zu dieser Saison verpflichtend sein sollten. Inzwischen hat die DFL den Kriterienkatalog überarbeitet und die Anzahl auf 54 reduziert.
Und nur bei neun Kriterien führt ein Verstoß aktuell zu einer Sanktion. Dazu zählt der Nachweis einer Nachhaltigkeitsstrategie, aber auch leicht zu erfüllende Kriterien wie ein öffentliches Bekenntnis gegen Diskriminierung. Zur Saison 2025/26 verdoppelt sich dann die Anzahl.
„Und ich würde den Weg immer wieder so gehen. Denn wichtiger ist es mir, dass alle 36 mitgenommen werden, dass wir zum Kompetenzaufbau und Wissenstransfer beitragen und uns nicht selbst ein Bein stellen, indem wir die Messlatte von Anfang an zu hoch setzen und dann Klubs verlieren", sagt Bernhard im Deutschlandfunk-Sportgespräch.

Nachhaltigkeits-Check für Sponsoren nicht verpflichtend

Dass es nicht schneller geht, liegt auch daran, dass eine konsequente Umsetzung der Kriterien zu Umsatzeinbußen führen könnte. Ein sogenannter ESG-Check für Sponsoren, bei dem die Vereine potenzielle Partner auf deren Nachhaltigkeit untersuchen sollen, bleibt auch in der kommenden Saison nicht verpflichtend.
Die Vereine können also auch weiterhin Werbe-Partnerschaften mit Unternehmen eingehen, die nicht zu den Nachhaltigkeitszielen passen. Ein Widerspruch mit Folgen, findet Matthias Fifka. Er ist BWL-Professor an der Uni Erlangen-Nürnberg und forscht auch zur sozialen Verantwortung des Profi-Fußballs.
"Wenn man sich dann eben soziale und ökologische Verantwortung auf die Fahnen schreibt, aber dann gleichzeitig mit den entsprechenden Unternehmen oder Branchen kooperiert, die nicht in dieses Bild passen, dann führt das unweigerlich zu einem Glaubwürdigkeitsverlust."

Ölkonzerne oder Glücksspielanbieter als Sponsoren

Trotzdem ist der HSV vor zwei Jahren mit dem Ölkonzern Shell eine Partnerschaft eingegangen. Und fast alle Vereine werben trotz Suchtgefahr für Glücksspielanbieter, selbst Werder Bremen. „Auch wir sind natürlich durch Pandemie, durch Abstieg und Wiederaufstieg finanziell nicht in so einer Toplage, dass wir da bestimmte Branchen aktuell ausschließen. Vor allen Dingen Branchen, die sehr leicht zugänglich sind, auch für das ganze Business. Und da gehören Wettanbieter aktuell dazu.“
Bei einem solchen Sponsoring müsse der Verein dann aber auch Dinge wie Glücksspielsucht und Prävention angehen, betont Geschäftsführerin Laufmann. Und sie erwartet, dass es in den kommenden Jahren striktere Regulierung für alle geben wird.
„Ja, es gibt, und da möchte ich auch gar nicht irgendwie das jetzt schönreden, viele, viele Branchen auch im Fußball, die gerade das positive Image des Fußballs nutzen wollen, wo ich mir auch wünschen würde, dass wir da viel klarer mit umgehen würden.“

Balance zwischen Verantwortung und wirtschaftlichem Interesse

Auch Matthias Fifka, der einige Vereine bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitskriterien berät, glaubt, dass sich die Liga auf einen Ausschluss bestimmter Branchen einige müsste. "In der Konsequenz wird man da, wenn man das Thema ernsthaft verfolgen möchte, dann so agieren müssen, dass man sagt, da gibt es bestimmte Branchen, mit denen arbeiten wir nicht mehr zusammen, auch wenn es in finanzieller Hinsicht Einbußen bedeutet."
Im Moment sieht es danach aber nicht aus, schon gar nicht ohne politische Regulierung, sagt DFL-Nachhaltigkeitschefin Marika Bernhard. „Wie andere Unternehmen und Branchen auch ist natürlich auch der Fußball gezwungen und gefordert, die richtige Balance zwischen Verantwortung und wirtschaftlichen Interesse zu finden. Und solange Normen und Gesetze eingehalten werden, tun wir uns sehr schwer damit, tatsächlich einzelne Branchen und Unternehmen als No-Go-Area abzustempeln.“
Die DFL ist dabei auch von den 36 Vereinen abhängig. Die könnten sich theoretisch auf ein Werbeverbot für bestimmte Branchen verständigen. Dafür ist aber die die Interessenlage der Klubs zu unterschiedlich. Selbst innerhalb der Vereine müssen die Verantwortlichen abwägen, ob sie es sich leisten können und wollen, auf Einnahmen zu verzichten – und damit womöglich das sportliche Ziel zu gefährden.
Die Bundesliga wird also bis auf Weiteres mit so manchen Widersprüchen umgehen müssen.