17 von 18 Bundesligaclubs besitzen einen Glücksspielpartner, von Lotto bis hin zu Sportwetten. Nur RB Leipzig hat diese Saison keinen Sponsor aus dieser Branche. Nimmt man alle 36 Erst- und Zweitligisten zusammen, verfügt mehr als die Hälfte über Sponsoring-Partner, die für Glücksspiel werben.
Aber immer weniger Anhänger akzeptieren ein solches Engagement bei ihrem Club. Vor allen Sportwetten seien immer mehr verpönt, so eine repräsentative Umfrage unter Bundesliga-Fans der Managementberatung SLC: "Also da haben wir einerseits unter den über 5.500 Befragten, die sagen, wir finden es richtig, ein Verbot für Werbung für Sportwetten auszusprechen. Das sind über 70 Prozent. Das ist natürlich eine ganz klare Message zu sagen, okay, Glücksspiel verbieten", so Geschäftsführer Maximilian Madeja im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
Akzeptanz für Sportwetten-Sponsoren auf einem Tiefpunkt
Auch eine repräsentative Studie des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung hat letztes Jahr ergeben, dass sich fast zwei Drittel der Befragten für ein Sponsoring-Verbot von Sportwetten im Fußball aussprechen. Zudem sei die Branche, was die Akzeptanz anginge, auf einem neuen Tiefpunkt angekommen, so Madeja. Weniger als 15 Prozent der Befragten sähen Wettanbieter als Sponsor für ihren Club als geeignet an.
"Man ist ja im Sport, hat eine große Verantwortung, auch engagiert man sich im Nachwuchs, engagiert sich für die Umwelt, versucht nachhaltiger zu werden. Dem steht das Glücksspiel natürlich entgegen. Und das ist letztendlich der Wertespagat, den der ein oder andere Club eingehen muss."
Suchtgefahr bei Online-Sportwetten enorm hoch
Fast 95 Prozent sehen zudem einen tendenziell negativen Einfluss von Sportwetten auf Personen. Gerade bei Online-Sportwetten ist laut Experten die Suchtgefahr enorm hoch, auch weil man im Fußball-Umfeld der dazu gehörigen Werbung kaum noch entkommen könne. Allein hierzulande geht man von rund 1,3 Millionen Glücksspielsüchtigen aus.
"Nur als Beispiel: Beim DFB Pokal, die Bandenwerbung, im Drei-Minuten-Takt 30 Sekunden ein Wettanbieter. Das ist dann halt schon sehr prominent mitten am Tag, die ganze Zeit", so Kristina Schröder von der Fanorganisation "Unsere Kurve". Sie engagiert sich ebenfalls im Bündnis gegen Sportwetten-Werbung: "Da muss man dann halt einfach, wenn man sieht, wie groß das Suchtpotenzial ist, eben eingreifen. Und es betrifft ja eben gerade junge Leute, die ins Stadion gehen, die zum Fußball gehen, die sich mit Freunden treffen, die dann davon getriggert werden."
Keine Glücksspiel-Werbung mehr auf Premier-League-Trikots
Die Diskussion um die Suchtgefahr hat unter anderem dazu geführt, dass die Clubs der englischen Premier League ab der Saison 2026/27 auf Glücksspiel-Werbung auf der Vorderseite ihrer Trikots verzichten werden. Kein kleiner Einschnitt, denn derzeit haben acht Clubs der Premier League Sportwettanbieter auf ihrer Brust.
Und auch im deutschen Profi-Fußball hat der FC St. Pauli kürzlich als Erster verkündet, Sportwetten aus seinem Sponsoren-Pool zu verbannen. St-Pauli-Präsident Oke Göttlich macht im NDR deutlich, dass der Fußball nicht sofort auf Wettanbieter verzichten müsse. Aber: "Es wäre ein wünschenswertes Szenario, wenn wir im Fußball Sponsoring- und Partnerkooperationen hätten, die sich ausschließlich für eine transformative, nachhaltige Welt einsetzen würden."
Umsatz der Glücksspiel-Branche hierzulande gesunken
Der Umsatz der Glücksspiel-Branche hierzulande wird von solchen Entwicklungen jedenfalls nicht unbedingt gefördert. Zwischen 2021 und 2023 ist dieser um mehr als 1,5 Mrd. Euro gesunken. Von 9,4 auf 7,7 Mrd. Euro. Der Deutsche Sportwettenverband, der die lizensierten Anbieter hierzulande vertritt, macht dafür den großen Schwarzmarkt verantwortlich, der nach wie vor existiere und auch wachse.
Weltweit hat sich dagegen der Umsatz der Branche in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt – auf fast 250 Milliarden Dollar. In Deutschland ist der Trend dagegen gegenläufig. Um dem wiederum entgegen zu wirken, investieren die Sportwett-Unternehmen weiter massiv in die Bundesliga.
Mit Hertha BSC und dem VfB Stuttgart haben diese Saison gleich zwei Clubs neue Hauptsponsoren aus dieser Branche. Gerade die finanziell klamme Hertha aus der 2. Bundesliga konnte nach dem Abstieg fast gar nicht anders, als diesen Deal zur Existenzsicherung einzugehen.
Clubs auf Einnahmen angewiesen
Für Maximilian Madeja von der Managementberatung SLC ist klar, dass der Umgang mit Sportwetten die Bundesligaclubs weiter beschäftigen wird. Gerade um den Spagat zwischen zusätzlichen Einnahmen und moralischem Anspruch im Profi-Fußball zu bewältigen: "Ansonsten ist es ein klares Signal: Achtung bewegen uns vielleicht in der nächsten Zeit in eine Richtung, wo es womöglich unmöglich wird, Sponsoren zu gewinnen, die aus der Wettanbieter Branche kommen und dann muss diese finanzielle Lücke auch wieder geschlossen werden!"
Denn damit würden den Clubs signifikante Einnahmen entgehen, auf die sie aktuell mehr denn je angewiesen sind.
*In einer früheren Version ist Union Berlin ohne Glücksspielpartner genannt worden. Das stimmt so nicht, Union besitzt als Premium-Sponsor Lotto Berlin. Ein Vertrag mit einem Sportwetten-Anbieter ist dagegen vorzeitig beendet worden.