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Bundesmittel für digitale Bildung an Schulen
"Diese Kofinanzierung muss dauerhaft weitergehen"

Der Bund hat rund fünf Milliarden Euro für den Ausbau der IT-Infrastruktur in allgemeinbildenden Schulen zur Verfügung gestellt. Sie sehe das als einen Anfang an, sagte die rheinland-pfälzische Kultusministerin Stefanie Hubig im DLF. Die Digitalisierung an den Schulen sollte dauerhaft vom Bund unterstützt werden.

Stefanie Hubig im Gespräch mit Jörg Biesler |
    epa04840061 Justizstaatssekretärin Stefanie Hubig bei der Ankunft zu einem informellen Treffen der Justizminister bei der EU in Luxemburg am 10. Juli 2015. EPA/MATHIEU CUGNOT
    Stefanie Hubig, Kultusministerin von Rheinland-Pfalz. (picture alliance / dpa / EPA/MATHIEU CUGNOT)
    Jörg Biesler: "Heute berät in Stuttgart die Kultusministerkonferenz mit dem Bund über den Digitalpakt Schule. Mit dem wollen Bund und Länder die Schulen besser ausstatten mit IT-Technik. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hatte dafür Milliarden in Aussicht gestellt. Und die werden wohl auch gebraucht, weil es ja kaum helfen wird, jedem Kind ein Tablet in die Hand zu drücken.
    Es müssen sinnvolle und auch kritische Unterrichtseinheiten erarbeitet werden. Es müssen Lehrer lernen, wie die Technik den Unterricht bereichern kann. Und auch, was ihr Einsatz für negative Folgen haben kann. Pure Begeisterung also wird da nicht reichen. Mit dabei in Stuttgart ist die Kultusministerin des Landes Rheinland-Pfalz, Stefanie Hubig. Sie habe ich kurz vor der Sendung gefragt, wie groß denn nun nach Monaten des Ankündigens bei ihr die Hoffnung ist, dass heute Nachmittag Entscheidendes passiert."
    Stefanie Hubig: Ich denke schon, dass heute Nachmittag Entscheidendes passiert. Wir haben zusammen mit dem Bund jetzt in den letzten Monaten eine Bund-Länder-Vereinbarung vorbereitet, heute sollen die Eckpunkte dieser Bund-Länder-Vereinbarungen beschlossen werden. Die Bund-Länder-Vereinbarung selber kann aber natürlich erst abgeschlossen werden, wenn das Geld auch tatsächlich im Haushalt des Bundes eingestellt ist, und das ist es bislang noch nicht.
    Biesler: Die meisten Schulen, um jetzt mal das ganz große Fass aufzumachen, haben technisch vielleicht gerade mal einen Beamer aufzubieten im Augenblick und einen Computerraum möglicherweise. Und wenn man jetzt noch mal einen Schritt zurückgeht: Oft ist der bauliche Zustand so jämmerlich, dass sich die Frage stellt, wo man die Hotspots fürs WLAN eigentlich an die bröckelige Wand nageln kann. Dann gibt es eben noch die Kosten für die Entwicklung von Unterrichtseinheiten und die Schulung von Lehrerinnen und Lehrern. Die Digitalisierung ist ja deutlich mehr, als einen Bestellzettel auszufüllen für Geräte! Was erwarten Sie denn vom Bund?
    Hubig: Also, es ist in der Tat so, dass Digitalisierung natürlich nicht darin besteht, dass ich irgendwo einen Laptop hinstelle. Und ich kann zu Rheinland-Pfalz sagen, dass der Zustand etwas besser ist als der, wie Sie ihn beschrieben haben!
    "Wir in Rheinland-Pfalz fangen mit Medienkompetenz sehr früh an"
    Biesler: Da haben Sie Glück, ja!
    Hubig: Ja, da haben wir Glück. Wir arbeiten aber auch schon lange daran. Wir sind der Meinung, dass eben die Digitalisierung wie überhaupt die Bildung natürlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und dass sich der Bund daran finanziell beteiligen muss. Wir in Rheinland-Pfalz treten auch ein für die Aufhebung des Kooperationsverbotes, um das eben in vielen Bereichen möglich zu machen. Sollte der Bund, und dass hoffen wir, dass Frau Wanka die fünf Milliarden nicht nur angekündigt hat, sondern dann auch am Ende im nächsten Haushalt des Bundes diese fünf Milliarden stehen, dann können wir die sehr gut als Länder gebrauchen.
    Denn wie Sie sagen, wir müssen die technische Ausstattung mitfinanzieren, das ist in erster Linie Sache der Schulträger, der Kommunen, aber dafür sind wir natürlich auch mit zuständig. Und dann müssen wir gucken, dass wir die Lehrpläne verändern für die Schülerinnen und Schüler, damit sie die Kompetenzen dann auch richtig erwerben, die sie erwerben sollen, und wir müssen natürlich uns darum kümmern, dass die Lehrkräfte im Studium, also die angehenden Lehrkräfte in Studium und Vorbereitungsdienst die entsprechenden Inhalte vermittelt bekommen, und dann auch danach in der Weiterbildung bei denjenigen, die schon fertig sind.
    Biesler: Und die kritische wissenschaftliche Begleitung wird man vielleicht auch noch in Erwägung ziehen können, um zu schauen, ob das eigentlich eine gute Sache ist. Also, die Digitalisierung ist ein gesellschaftliches Phänomen, aber zu welchem Zeitpunkt Schülerinnen und Schüler am besten mit solchen Geräten in Kontakt gebracht werden und auf welche Weise, das ist ja doch noch nicht so ganz sicher geklärt?
    Hubig: Ja. Also, es gibt schon dazu natürlich Studien und es gibt auch dazu wissenschaftliche Forschung. Wir in Rheinland-Pfalz fangen sehr früh an, wir haben schon seit zehn Jahren ein Programm, das heißt "Medienkompetenz macht Schule". Da vermitteln wir den Schülerinnen und Schülern eben Medienkompetenz, damit sie auch richtig mit Computern, mit dem Internet, mit diesen Dingen umgehen können. Das haben wir jetzt seit diesem Schuljahr probeweise auf die Grundschulen ausgedehnt, wir sind der Meinung, dass wir schon früh – mit aller Vorsicht und Zurückhaltung, aber schon früh – damit anfangen sollten. Es gibt Studien, die sagen, dass das auch der richtige Weg ist, schon relativ früh anzufangen.
    Biesler: Die gehen dann trotzdem noch mal nach draußen und sehen einen Baum, das gehört wahrscheinlich auch noch mit dazu!
    Hubig: Das gehört in Rheinland-Pfalz genauso mit zum Unterricht, das ist ganz wichtig, ja, natürlich.
    "Wir müssen das Geld haben, das ist ganz einfach so"
    Biesler: Sie haben das Kooperationsverbot angesprochen. Das lässt ja eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an den Kosten im Augenblick nicht zu, die Ausstattung kann dann finanziert werden, aber Sie haben es auch gesagt, die Geräte müssen gewartet werden, es wird regelmäßig neue Software geben, auch die Geräte sind irgendwann veraltet, die Unterrichtsplanung, die Schulung von Lehrerinnen und Lehrern, das bleibt dann doch am Ende bei den Ländern hängen. Es geht ja um Kooperation und nicht um Alleinfinanzierung durch den Bund! Haben Sie denn das Geld?
    Hubig: Wir müssen das Geld haben, das ist ganz einfach so. Die Digitalisierung der Schulen ist ein ganz wichtiger Baustein in der schulischen Bildung. Wir müssen schulische Bildung auch für die Zukunft sichermachen und wir kümmern uns darum schon. Wir haben in Rheinland-Pfalz sogar schon eine Expertenkommission eingesetzt, die gerade die Studieninhalte und für den Vorbereitungsdienst überarbeitet, die wird im Sommer schon die Ergebnisse vorlegen. Wir haben umfangreiche Lehrerfortbildungsprogramme und Weiterbildungsprogramme, die wir aber natürlich entsprechend noch mal ausdehnen müssen.
    Die Eckpunkte, die heute vereinbart werden sollen, sind aus unserer Sicht da wirklich sehr gut, weil sie einerseits vorsehen, dass der Bund eben die WLAN-Ausstrahlung in den Schulen mitfinanziert und die Breitbandanbindung, aber eben auch die Wartung. Das war ein Punkt aus rheinland-pfälzischer Sicht, der ganz wichtig war, weil wir immer wieder von Schulen hören, dass sie natürlich zunehmend digitalisiert sind, was uns sehr freut, aber es eben immer schwieriger wird, auch die Wartung zu finanzieren. Und dafür sind die Schulträger und nicht das Land zuständig. Deshalb sind wir sehr froh, dass das der Bund mit übernimmt.
    Biesler: Reichen denn die fünf Milliarden da oder bleibt am Ende noch was übrig für was anderes?
    Hubig: Ich glaube nicht, dass die fünf Milliarden sozusagen nur zur Hälfte aufgebraucht werden. Wir sehen das ehrlich gesagt eher als einen Anfang an. Der Bund möchte das nur einmalig zur Verfügung stellen, wir sind aber der Meinung, dass das eine Aufgabe ist, die ja nicht in zwei Jahren erledigt ist und danach hat man einen Status quo, den man permanent halten kann, sondern wir sind der Meinung, diese Kofinanzierung muss dauerhaft weitergehen.
    "Es gibt Schulen, die machen 'Bring your own device'"
    Biesler: Aber wenn Sie sagen, Breitbandanbindung und WLAN-Ausstattung wird vom Bund finanziert, dann heißt das, die Kinder bringen in Zukunft ihre eigenen Geräte mit, "Bring your own device", um damit dann zu arbeiten?
    Hubig: Nee, das ist ganz unterschiedlich. Also, wir in Rheinland-Pfalz statten Schulen auch mit digitalen Mitteln aus, also mit zum Beispiel … entweder mit Laptops oder auch mit iPads. Das machen wir zum Beispiel im Rahmen jetzt dieses "Medienkompetenz macht Schule"-Programms, dass wir iPads mit zur Verfügung stellen oder Geld dafür. Es gibt Schulen, die machen "Bring your own device", das ist zum Teil ganz unterschiedlich. Auch die Länder handhaben das sehr unterschiedlich.
    Ich weiß zum Beispiel von Niedersachsen, dass sie dort "Bring your own device" richtig eingeführt haben. Wir sind in Rheinland-Pfalz da noch so ein bisschen dabei, uns mit den Schulen auch abzustimmen, um zu gucken, was da der richtige Weg ist, denn das ist auch mit Blick auf sozial schwächere Kinder und Jugendliche natürlich immer nicht eine ganz einfache Lösung.
    Biesler: Heute und morgen beraten Bundestag und Bundesrat ja über die künftige Finanzaufteilung zwischen Bund und Ländern. Das ist hier natürlich auch Thema in Fragen der Bildung. Wenn es da eine dauerhafte Mitfinanzierung der Schulen und der IT gibt, dann stellt sich natürlich die Frage, und Sie fordern das ja auch, dass es eine dauerhafte Finanzierung gibt: Macht denn dann wieder jedes Bundesland trotzdem sein eigenes kleines Digitalreich? Also, werden dann 16 unterschiedliche Apps für die unterschiedlichen Geräte entwickelt, um Mathematik zu unterrichten? Oder wird man da Verbünde schaffen oder möglicherweise sogar alle gemeinsam so etwas dann in Auftrag geben?
    Hubig: Genau, das ist auch vorgesehen in den Eckpunkten der Vereinbarung, dass wir Verbünde bilden können und auch ruhig bilden sollen, mehrere Länder untereinander oder auch alle zusammen. Da arbeiten im Moment auch gemeinsam die Länder an einer Schul-Clowd mit dem Bund zusammen, um hier auch eine einheitliche Lösung zu finden für alle Länder.
    Ich selber werde heute auf der KMK eine App aus Rheinland-Pfalz vorstellen, die heißt "Zukunft läuft", da geht es um Berufs- und Studienorientierung. Die haben wir für Rheinland-Pfalz entwickelt, haben auch sogar einen Preis dafür bekommen und ich werde heute den übrigen 15 Ländern anbieten, dass sie diese App auch bekommen können, den Quellcode dafür, und sie dann eben auch jeweils in ihren Ländern einsetzen können.
    Biesler: Stefanie Hubig war das, die Kultusministerin von Rheinland-Pfalz, über den Digitalpakt Schule, dessen Eckpunkte heute Nachmittag vorgestellt werden bei der Kultusministerkonferenz. Danke schön!
    Hubig: Gerne, vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.