"Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einst im Oktober 2013. Ihre Kritik richtete sich damals an den amerikanischen Geheimdienst NSA, nachdem bekannt geworden war, dass die Amerikaner ihr Handy abgehört hatten.
Nach neuen Erkenntnissen des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das für die deutschen Geheimdienste zuständig ist, hat der BND aber selbst ähnlich gehandelt. Kanzleramt und BND-Chef Gerhard Schindler informierten das Gremium am Mittwochabend. Nach übereinstimmenden Medienberichten des rbb, der "Mitteldeutschen Zeitung" und "Spiegel Online" kam bei der Sitzung heraus, dass der BND selbst jahrelang - mindestens bis ins Jahr 2013 - befreundete Staaten abgehört hat. Dabei gehe es um Behörden und Botschaften in den USA und auch in europäischen Ländern wie Frankreich.
Eigene Selektoren des BND?
Das Brisante an den neuen Erkenntnissen ist, dass der Geheimdienst auch eigene Suchbegriffe, sogenannte Selektoren, verwendet hat - möglicherweise auch solche, die unzulässig waren. Mithilfe der Selektoren können Geheimdienste den Datenverkehr analysieren und nach bekannten Telefonnummern, Benutzernamen oder E-Mailadressen suchen.
Bisher war bekannt, dass der BND Suchkriterien der amerikanischen NSA verwendet hat, wodurch befreundete Staaten ausgespäht wurden. Es stehe die Frage im Raum, ob die Suchkriterien des BND zum Auftragsprofil des Geheimdienstes gehörten, sagte der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger nach der Sitzung. Also um die Frage, ob der BND die Suchkriterien überhaupt verwenden durfte.
Außenpolitischer Sprengstoff
Das Parlamentarische Kontrollgremium will den Vorwürfen jetzt in der BND-Zentrale in Pullach nachgehen. Dort sollen unter anderem Mitarbeiter befragt werden. Das Kanzleramt stehe vor einem Erklärungsproblem, berichtet Falk Steiner aus dem DLF-Hauptstadtstudio. Es stecke außenpolitischer Sprengstoff in den Vorwürfen. Und anders als bei den NSA-Selektorenlisten könne Kanzleramtsminister Peter Altmaier dem Kontrollgremium die deutsche Selektorenliste kaum vorenthalten. Bei den NSA-Listen hatte Altmaier darauf verwiesen, dass diese nur in Absprache mit den USA freigegeben werden dürften.