Das Beamtentum war in der Schweiz nie so stark verankert, wie etwa in Deutschland oder anderen Ländern. Als Ende der 90er Jahre darüber diskutiert wurde, den Beamtenstatus abzuschaffen, wurde dennoch wild gestritten. Gewerkschaften und links-grün befürchteten Sozialabbau. Außerdem hatten Sie Angst, dass das Grundangebot von Post und Bahn gefährdet werden könnte. Ihnen hielt der Liberale Kaspar Villinger entgegen:
"Wenn sich die Gesellschaft verändert, wenn sich die Wirtschaft verändert, dann muss sich auch der Staat anpassen. Dann müssen sich auch seine Organisationen und muss sich sein Handeln verändern."
Im November 2000 wurde das Volk gefragt. Eine Mehrheit der Schweizer stimmte damals für das Bundespersonalgesetz. Es löste das Beamtengesetz aus dem Jahr 1927 ab und machte mehr als 100.000 Beschäftigte von Bundesverwaltung, Post und Bahn von Beamten zu Angestellten. Gleich mehrere Ziele sollten mit diesem Schritt erreicht werden - ruft der Politikwissenschaftler Thomas Widmer von der Universität Zürich in Erinnerung:
"Man wollte flexible Arbeitsverhältnisse schaffen. Man wollte leistungskonforme Entlohnung ermöglichen. Man wollte eine bessere Personalentwicklung erreichen und auch Fortschritte erzielen bei der Personalführung. Man wollte auch von diesem Dualismus weg - Beamte auf der einen Seite und öffentliche Angestellte auf der anderen Seite. Und das ganze kann man sehen im Zuge des New Public Management, also bei dieser Verwaltungsreform, die in den 1990er-Jahren in der Schweiz prägend war."
"Der Beamte wird nicht sonderlich vermisst"
Die Reform ging ohne viel Aufhebens über die Bühne, auch weil der Kündigungsschutz für die ehemaligen Beamten ausgebaut wurde. Und anders als in Deutschland waren Schweizer Beamte sowieso nicht auf Lebenszeit dem Staat verpflichtet, sondern lediglich für jeweils vier Jahre gewählt. Auch zahlten sie in die allgemeine Rentenkasse ein. Politikwissenschaftler Thomas Widmer sagt, mit der Abschaffung des Beamtentums kam es zu einer weiteren Angleichung der Beschäftigungsverhältnisse im privaten und öffentlichen Sektor:
"Heute die großen Unterschiede zwischen einer öffentlichen Anstellung und einer privatrechtlichen Anstellung bestehen darin, dass der Kündigungsschutz etwas höher ist in der öffentlichen Anstellung. Es gibt dann auch noch einige Privilegien wie zum Beispiel das Ermächtigungsverfahren bei Strafverfahren, also, wenn ein öffentlicher Angestellter für seine Amtstätigkeit angeklagt wird in einem Strafverfahren, muss zuerst eine Ermächtigung erfolgen bevor überhaupt ein solches Verfahren in Gang gesetzt werden kann."
Eine andere Ausgangslage
Grundsätzlich könne er sich heute kaum noch vorstellen, dass ein Beschäftigter bei der Post zum Beispiel verbeamtet ist.
"Aufgrund der schweizerischen Tradition ist es jetzt nicht so, dass der Beamte als Einrichtung besonders vermisst wird in der Schweiz."
Außerdem gibt es nach wie vor Beamte bei unserem südlichen Nachbarn - nämlich Gruppen mit hoheitlichen Funktionen - wie Richter, Staatsanwälte und Polizisten. Könnte die Schweiz Deutschland als Vorbild dienen? Der Züricher Politikwissenschaftler Thomas Widmer schüttelt den Kopf:
"Die Ausgangslage ist kaum zu vergleichen. In Deutschland ist der Beamtenstatus eine deutlich robustere Einrichtung und die Differenzen zu privaten Anstellungen sind deutlich größer. Das berifft beispielsweise auch die Frage der Finanzierung der Rente. Das wäre ein starker Einschnitt, aber es betrifft auch andere Merkmale des Beamtentums in Deutschland, also die Ernennung auf Lebenszeit, beispielsweise."
Grundsätzlich sei die Reform der Schweiz schwer auf andere Länder zu übertragen.