Ein Satz – und spontan bricht Applaus aus im großen Saal der Universität von Delhi.
"Wir sollten den Abbau von Handelshemmnissen fortsetzen", sagt Frank-Walter Steinmeier, der Bundespräsident, der die mehreren Hundert Studenten direkt auf Englisch anspricht. Und der noch konkreter wird:
"Die EU und Indien sollten zügig zurück an den Verhandlungstisch, um ein Freihandelsabkommen auszuhandeln."
Applaus für Freihandel - an vielen anderen Orten der Welt wäre das im Moment kaum vorstellbar. Am wenigsten wohl im Weißen Haus in Washington. Diplomatisch kaum versteckte Irritation darüber bei Frank-Walter Steinmeier:
"Wir erleben, wie Staaten zunehmend den Wert von Regeln und Übereinkünften infrage stellen. Staaten, die behaupten, dass es im Alleingang besser gehe."
Mehr Interesse an der Entwicklung Indiens
Ausgerechnet das Land, so der Bundespräsident weiter, dass Deutschland nach 1945 den Weg zurück in die freie Welt gewiesen habe, ziehe sich jetzt aus der internationalen Gemeinschaft zurück und plane die Einführung von Strafzöllen. Dass Indien in dieser neuen Weltunordnung ein Partner sein könnte, diese Erwartung hatte Steinmeier schon zum Auftakt seiner Reise geäußert:
"Weil es eine gemeinsame große Überzeugung gibt: dass diese Welt eine internationale Ordnung braucht, die tatsächlich auch respektiert wird, dass wir eher den freien Handel unter Staaten aufrechterhalten und gewähren müssen."
Rhetorisch trifft der Wunsch des Bundespräsidenten nach mehr Zusammenarbeit in Indiens Führung auf Gegenliebe - Ministerpräsident Modi hatte erst im Januar beim Wirtschaftsforum in Davos ein flammendes Plädoyer für den Freihandel gehalten. Aber er war es auch, der die Freihandelsverhandlungen mit der EU abbrach. Und zuletzt hohe Zölle auf Autoteile erhoben hat – ein Ärgernis vor allem für deutsche Unternehmen in Indien.
Für Modi beginnt langsam der Wahlkampf und er bedient sich dabei offenbar so mancher Rezepte, an die man auch in Washington glaubt. Eine Ideologie des "India first" - nach dem Vorbild des Trumpschen "America first" sieht Umma Salma Bava, Professorin an der Nehru University aber nicht:
"Hier ist es eher, dass wir noch mehr Interesse an Indien haben wollen, an der Entwicklung Indiens - im Sinne: make in India. Bitte kommen Sie nach Indien und investieren hier. Ich glaube, da liegt der Unterschied zwischen "America first" und "make in India"
Wie weit der Unterschied reicht, wird Frank-Walter Steinmeier heute Nachmittag selbst ergründen können. Dann trifft der Bundespräsident auf den indischen Ministerpräsidenten. Vorsichtshalber, so wollte es der indische Gastgeber, ohne Presse.