150 Seiten stark ist die Wahlanfechtung der FPÖ. Sie liegt seit heute beim Verfassungsgerichtshof, der bereits mit der Prüfung begonnen hat, so ein Sprecher. In fast allen Wahlbezirken Österreichs wollen die Rechtspopulisten Verstöße bei der Auszählung der etwa 700.000 Briefwahl-Stimmen bei der Bundespräsidentenwahl am 22. Mai festgestellt haben. Der unterlegene FPÖ-Kandidat Norbert Hofer sagte dazu heute im ORF.
"Wesentlich sind für mich die Fehler, wo die Kuverts geöffnet waren, als die Kommission zusammengetreten ist."
Das Innenministerium hatte schon eine Woche nach der Wahl Pannen eingeräumt. So wurde in einigen Wahlbezirken mit der Auszählung der Briefwahlstimmen nicht erst am Montag nach der Wahl begonnen, sondern bereits am Wahltag zuvor. Aber, so Innenminister Sobotka:
"Es war nicht der Fehler der Briefwähler, auch nicht, wann die Briefwahl abgegeben wurde. Es war der Fehler auf der Bezirksebene, wir zählen bereits schon am Sonntag aus und nicht am Montag. Die schlicht und ergreifend ein Gesetzt missachtet haben."
Das Wiener Innenministerium stellte deshalb auch Strafanzeige gegen die Betreffenden. Es hat auch Einzelfälle gegeben, wo Jugendliche gewählt haben, die das noch nicht durften, also jünger als 16 Jahre alt waren. Aber: Auch FPÖ-Vertreter hatten es bei der Auszählung der Briefwahl-Stimmen nicht so genau genommen, hatte Robert Stein, Leiter der Wahlbehörde im Wiener Innenministerium vor einer Woche angemerkt.
"In allen Fällen haben die Beisitzer unterschrieben, dass sie um 9 Uhr am Montag mit der Auswertung begonnen haben - auch die FPÖ-Vertreter."
FPÖ-Kandidat Hofer hatte bei der Bundespräsidentenwahl mit rund 31.000 Stimmen hinter dem Wahlsieger Alexander van der Bellen gelegen, der von den Grünen unterstützt wurde. Den Ausschlag gaben die Briefwähler, die traditionell nicht den Rechtspopulisten ihre Stimme geben. FPÖ-Chef Strache stellte heute die Briefwahl an sich auf den Prüfstand.
"Briefwahl wie wir sie heute haben, gehört in Wahrheit abgeschafft."
In der Vergangenheit wurden in Österreich schon öfter Wahlen angefochten, meist auf Gemeinde-Ebene. 1995 wurde auch eine Parlamentswahl bemängelt. Und auch bei der Wahl von Bundespräsident Fischer 2004 hatte es Anfechtungen gegeben. Aus FPÖ-Sicht lohnte sich in der Vergangenheit das Infragestellen von Wahlergebnissen: Sie konnte so Bürgermeistersessel und Mandate erobern. Die Anfechtung der Bundespräsidentenwahl jetzt bringt den Rechtspopulisten auf der Straße allerdings wenig Sympathien.
Sollte das Bundesverfassungsgericht mit seiner Prüfung länger als bis zur geplanten Vereidigung Alexander van der Bellens am 8.Juli brauchen, dann würden die Wiener Parlamentspräsidentin und ihre beiden Vertreter kommissarisch einspringen. Einer heißt Norbert Hofer.