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Bundesregierung
Ausgaben für externe Berater drastisch gestiegen

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren immer mehr Geld für externe Berater ausgegeben. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Matthias Höhn sieht darin eine massive Steuerverschwendung - und warnt wie auch der Bundesrechnungshof vor der möglichen Einflussnahme von Firmen auf Staat und Gesetzgebung.

Von Ann-Kathrin Jeske |
Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, liest vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt in seinen Unterlagen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) - sein Ministerium gab nach Auskunft des Finanzministeriums 2020 am meisten Geld für externe Berater aus (picture alliance / dpa / AP POOL / Markus Schreiber)
Mindestens 433 Millionen Euro gaben die Bundesministerien und das Bundeskanzleramt 2020 für externe Beratungsleistungen aus – eine Zunahme um 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus Anfragen des Linken-Bundestagsabgeordneten Matthias Höhn an das Bundesfinanzministerium hervor.
Die Zahlen sind allerdings vorläufig. Unschärfen und Lücken seien wegen der Kürze der Beantwortungszeit nicht auszuschließen, erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hagedorn gegenüber der dpa; für ein Interview mit dem Deutschlandfunk stand Hagedorn am Freitag nicht zur Verfügung.
Klar ist: Die hohen Ausgaben für Beratungsunternehmen folgen einem Trend. Schon 2019 waren die Kosten für externe Beratung um 63 Prozent gestiegen, auf damals knapp 300 Millionen Euro. Linken-Politiker Höhn erfragt die Zahlen seit 2018:
"Ausgangspunkt war damals der Beraterskandal im Verteidigungsministerium. Und es gibt zwei generelle Probleme damit: Das Eine ist, dass es natürlich Steuerverschwendung ist, weil externe Berater im Regelfall immer teurer sind als die eigenen Beamten im Ministerium. Und das Zweite: Die Unabhängigkeit des Staates ist gefährdet. Darauf hat der Rechnungshof schon vor geraumer Zeit hingewiesen. Wenn ich viele private Firmen ins Ministerium hole, dann beeinflussen die natürlich auch die Arbeit und die Entscheidungen in Ministerien."
Hochgestellte Stühle in einer Kita.
"Jetzt rächt sich, dass man über Jahre den öffentlichen Dienst kaputtgespart hat"
Ulrich Silberbach, der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, hat die Politik für den Umgang mit dem Öffentlichen Dienst kritisiert. Überall fehle Personal. Dabei hätten "junge Menschen wieder Spaß am öffentlichen Dienst", sagte er im Dlf. Aufgrund der Niedrigzinsphase sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um in die Zukunft zu investieren.

Innenministerium gab am meisten aus

An der Spitze der Ausgaben steht nicht zum ersten Mal das Bundesinnenministerium: Es gab mit über 200 Millionen Euro fast die Hälfte der insgesamt 433 Millionen Euro aus. Deutlich abgeschlagen folgen alle weiteren Ministerien. Das Verkehrsministerium auf Rang 2 mit über 60 Millionen Euro, dahinter das Finanzministerium mit gut 50 Millionen.
Allerdings weisen sowohl das Innen- als auch das Finanzministerium darauf hin, dass ein großer Teil dieser Kosten für ressortübergreifende Projekte wie die IT-Dienstleistungen geflossen seien. Das Finanzministerium beziffert diesen Anteil auf über 40 Prozent.
Matthias Höhn im Bundestag. Berlin, 18.12.2020
Der Linken-Politiker Matthias Höhn hat schon mehrere Anfragen zu Beraterausgaben der Bundesregierung gestellt (picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt)
Linken-Poltiker Höhn will das nicht gelten lassen. Er bemängelt, dass in der Verwaltung lange an Personal gespart worden sei. Deshalb stünde Fachpersonal für IT-Fragen nun nicht zur Verfügung.
"Die personellen Lücken in den Ministerien und Behörden müssen geschlossen werden. Und die Bundesregierung muss sich anstrengen, Fachpersonal in die Ministerien zu holen, damit sie aus eigener Kraft, aus eigener Kompetenz, die notwendigen Aufgaben erledigen können und nicht regelmäßig teure externe Firmen einkauft."

Rechnungshof warnt vor Abhängigkeiten

Dabei arbeiten insgesamt fast 500.000 Menschen in Bundesministerien – und behörden sowie bei den Bundesgerichten. Auch der Bundesrechnungshof kritisiert seit Langem, dass der Bund seine Kernaufgaben – wie das Verfassen von Gesetzen – mit eigenem Personal bewältigen muss, um Einflussnahme von Unternehmen zu verhindern. Der Bundesrechungshof stellte fest, dass sich deutliche Abhängigkeitsverhältnisse zu externen Beratern bereits entwickeln würden. Er forderte deshalb mehrfach mehr Transparenz, an welche Unternehmen Aufträge vergeben werden.
21.11.2018: Ursula von der Leyen (CDU), Bundesverteidigungsministerin, liest während der Generalaussprache im Bundestag in ihren Unterlagen.
Von der Leyens Berateraffäre und der Mangel an eigenen Fachleuten
Mehr als 200 Millionen Euro haben Verteidigungsministerium und Bundeswehr 2015 und 2016 laut Bundesrechnungshof für externe Berater ausgegeben – und dabei offenbar Vergaberichtlinien missachtet. Mangel an eigenen Fachleuten begünstige solches Fehlverhalten, so der Sicherheitsexperte und Journalist Thomas Wiegold im Dlf.