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Bundesregierung bremst Börsengeschäfte

Kaufen und Verkaufen im Millisekundentakt - das ist das Geschäftsmodell von Hochfrequenzhändlern. Mit komplexen Algorithmen versuchen sie minimale Kursunterschiede an der Börse auszunutzen. Weil sie damit für zum Teil heftige Kursausschläge verantwortlich sein sollen, will die Bundesregierung sie nun an die Kette legen.

Von Andreas Baum |
    Es sind vor allem drei Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung die Auswüchse im Hochfrequenzhandel in den Griff bekommen will: Es soll ein Zulassungsverfahren für Händler geben, damit nachvollzogen werden kann, wer hinter den teilweise verschlüsselten Händler-Identitäten steckt. Scheinangebote, die nur abgegeben werden, um Kurse zu manipulieren, sollen aufgedeckt und sanktioniert werden. Wer Order in einer Zahl abgibt, die die tatsächlichen Transaktionen um ein Erhebliches übersteigt, muss Strafen zahlen. Und wenn Kurssprünge auffällig werden, soll es eine Möglichkeit geben, den Handel zu stoppen. Dies deshalb, weil in Deutschland vermieden werden soll, was in den Vereinigten Staaten vorgekommen ist: Im Jahr 2008 fiel der Dow Jones innerhalb weniger Minuten um über Eintausend Punkte – weil ein Algorithmus unkontrolliert zu verkaufen begonnen hatte. Und August dieses Jahres verlor die Wall-Street-Firma Knight Capital ein einer dreiviertel Stunde rund 440 Millionen US-Dollar, nachdem eine fehlerhafte Software im Alleingang einen Aktienberg von sieben Milliarden Dollar angehäuft hatte – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble glaubt, dass das Gesetz helfen kann, Katastrophen dieser Art zumindest unwahrscheinlicher zu machen.

    "Mehr Transparenz. Zulassungspflichten für die Hochfrequenzhändler, Transparenz, die es der Aufsicht ermöglicht, Missbräuche schneller zu erkennen, auch die Möglichkeit für die Börsenaufsicht, unmittelbar den Handel auszusetzen, im übrigen auch, dass man in der Zukunft erkennen kann, ob Order von Händlern oder von Computern erteilt werden."

    Im Bundesfinanzministerium macht man sich keine Illusionen: der Missbrauch im Hochfrequenzhandel wird nicht völlig zu unterbinden sein – es geht offenbar darum, eine schrittweise Verbesserung zu erreichen. Den Hochfrequenzhandel ganz zu verbieten, wie die Linkspartei und andere dies fordern, hält Schäuble für realitätsfern. Denn schon jetzt wird es Verlagerungseffekte geben: Teile des Handels wandern ab in Länder, in denen keine Strafen drohen.

    "Wir brauchen leistungsfähige Finanzmärkte. Der Finanzplatz Deutschland muss leistungsfähig bleiben, sonst hat die deutsche Wirtschaft keine Wachstumschancen, also, man darf nie das Kind mit dem Bade ausschütten. Ich bin zuversichtlich, dass das auch helfen wird, schnell in Europa sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen."

    In Brüssel steckt der Entwurf zwischen Ministerrat und Europäischem Parlament fest, und die Bundesregierung will nicht länger warten, sondern vorangehen, auch, um Brüssel etwas anzutreiben. Den Sozialdemokraten geht der Entwurf nicht weit genug. Peer Steinbrück zufolge, Ex-Finanzminister und vielleicht Kanzlerkandidat, würde die SPD, wäre sie an der Regierung, die Börsenhändler zwingen, die Karten ganz auf den Tisch zu legen.

    "Wir sagen: Nicht nur die Handelsunternehmen, die am Hochfrequenzhandel beteiligt sind, sollen zugelassen werden, nein, der ihrer Handelsstrategie zugrunde liegende Logarithmus muss einer Zulassung unterworfen werden. Das ist das Entscheidende. Und wenn sie diesen Logarithmus, der ihre Handelsstrategie bestimmt, ändern, dann muss der neu zugelassen werden."

    Auch plädieren die Sozialdemokraten für eine Mindestverweildauer von Anteilsscheinen bei den Händlern. 500 Millisekunden – dieser Vorschlag kursiert auch im europäischen Parlament – sollten es schon sein.