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Bundesregierung
CSU: "Krokodilstränen" der SPD in der Steuerdebatte

Hoeneß, Schwarzer und jetzt der Berliner Staatssekretär Schmitz – die Steuerdebatte ist wieder da. Und die SPD will die Regeln der Selbstanzeige verschärfen. Doch die CSU warnt: So riskiere man ein "verfassungsrechtliches Problem", sagte im Deutschlandfunk Hans Michelbach, Mitglied im Finanzausschuss im Bundestag.

    Hans Michelbach: Guten Tag!
    Breker: In der Nachschau, Herr Michelbach, müssen wir zugeben: Es war doch klug, die Steuer-CDs zu kaufen. So wurde erst der Druck aufgebaut, der die Serie von Selbstanzeigen möglich gemacht hat.
    Michelbach: Besser wäre gewesen, wir hätten die Steuervereinbarung mit der Schweiz durchgeführt. Dann hätten wir sehr viel mehr Steuereinnahmen gehabt. Die SPD will zwar die Bekämpfung der Steuerhinterziehung für sich reklamieren, aber wie wir ja seit diesen Tagen wissen, ist da sehr viel Heuchelei dabei, denn die SPD-Mitglieder Wowereit und Schmitz haben ja vor der eigenen Tür zu kehren. Wir haben auch im Koalitionsvertrag ganz deutlich gemacht: Wir wollen die Steuerhinterziehung entschlossen bekämpfen. Daran arbeiten wir als CDU/CSU in der Bund-Länder-Kommission, und hier gibt es auch neue Vorschläge zur Verschärfung der Bekämpfung der Steuerhinterziehung.
    Breker: Aber zunächst einmal, Herr Michelbach, ist Fakt, dass die Selbstanzeigen den Finanzämtern Millionen-Beträge bringen.
    Michelbach: Das ist richtig, und dieses Instrument ist auch für die Zukunft zu erhalten, denn wenn wir dies nicht tun, haben wir ja auch die Unsicherheit, dass die Konten leergeräumt werden, in neuen Steueroasen ein bisschen weiter weg stattfinden. Also, wir müssen darauf vertrauen, dass wir als Gesetzgeber eine Verschärfung auch verfassungsrechtlich hinbekommen. Es geht nicht an, dass das Rechtsinstitut der strafbefreienden Selbstanzeige dann wieder vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben wird. Damit befassen wir uns in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe insbesondere, denn es gibt im deutschen Strafrecht natürlich das Selbstbelastungsverbot von Verfassungs wegen, und dann könnten wir gar nicht mehr in einem Strafverfahren erkennen, gibt es noch andere Konten, gibt es noch andere Steuerhinterziehungen? Also, das ist leicht gefordert, es sind Krokodilstränen einiger SPD-Abgeordneter, die aber in der Substanz natürlich den Problemen nicht standhalten.
    "Haben eine Verschärfung der Selbstanzeigen vorgenommen"
    Breker: Verstehe ich Sie richtig, Herr Michelbach, Sie finden, dass die Strafbefreiung bei Selbstanzeigen nicht in Frage gestellt werden sollte?
    Michelbach: Nein! Es gibt natürlich Möglichkeiten, das noch zu verschärfen. Wir haben die strafbefreiende Selbstanzeige im Jahr 2009 und 2011 als CDU/CSU schon einmal wesentlich verschärft. Straffreiheit erlangt ja nur noch der, wer vollständig alle Teile der Steuerhinterziehung aufdeckt, also sich nicht scheibchenweise offenbart, und das ist ja das Problem auch im Fall Hoeneß. Und dann haben wir natürlich: Künftig bei der Selbstanzeige muss das vor einer Prüfungsanordnung des Finanzamtes stattfinden, und die Straffreiheit tritt nur dann ein, wenn die Steuern innerhalb der ihm vom Finanzamt gesetzten Frist auch nachentrichtet wurden. Also die Rechnung, die dem Steuersünder präsentiert wird, beinhaltet natürlich auch die Verzinsung und die Wiedergutmachung der Steuerschuld und so weiter. Ich glaube, es wäre auch falsch, letzten Endes ein verfassungsrechtliches Problem einzugehen, denn wir haben nun mal das Selbstbelastungsverbot von Straftaten oder Straftätern. Wir müssen natürlich alles dafür tun, dass Steuerhinterziehung bekämpft wird, und da gibt es auch jetzt in dieser Kommission gute Ansätze, und ich denke, dass wir da auch wesentlich vorankommen werden. Krokodilstränen nützen da wenig.
    Breker: Herr Michelbach, die Höhe des Steuerbetrugs, so die Überlegung einiger Sozialdemokraten, könnte man vielleicht einfließen lassen in Sachen Straffreiheit. Wäre das etwas, mit dem Sie leben können, was Sie in Ordnung finden?
    Michelbach: Hinterziehungsvolumen kann man natürlich begrenzen. Das Thema ist: 50.000 Euro hinterzogen, wer da mehr hat, der kann keine Selbstanzeige machen. Man kann natürlich noch mal eine Verschärfung durchführen. Wir haben 2009 und 2011 als CDU/CSU-Bundestagsfraktion uns hier sehr engagiert und eine Verschärfung der Selbstanzeigen vorgenommen. Die Situation ist ja, dass wir erhebliche Selbstanzeigen im Moment haben, und das wird sich auch natürlich noch weiter ergeben. Wenn wir das Instrument zumachen, dann befürchte ich, dass die Selbstanzeigen immer weniger werden; dass die Gelder, die hinterzogen wurden, in andere Steueroasen abwandern. Dann haben wir gar nichts davon. Wir müssen hier sehr konsequent einerseits, aber auch sehr intelligent vorgehen.
    Ist Steuerbetrug eine Oberschichten-Kriminalität? Nein!
    Breker: Herr Michelbach, solange es Steueroasen gibt, wird es auch den Steuerbetrug geben, und Steuerehrlichkeit wird durch ein kompliziertes Steuersystem behindert. Diese beiden Thesen, was fällt Ihnen dazu ein?
    Michelbach: Es ist so, dass wir ja den OECD-Standard in Deutschland voranbringen. Wir haben jetzt mit anderen fünf Ländern ein Abkommen geschaffen, das sogenannte FATCA-Abkommen, das fünf europäische Staaten mit den USA geschlossen haben. Das Abkommen verpflichtet die Vertragsparteien, steuerrelevante Daten von Finanzinstituten zu erheben und auch regelmäßig auszutauschen, also einen automatischen Informationsaustausch. Das ist der richtige Weg, um Steueroasen trockenzulegen. Insbesondere muss auch in der weiteren Gesetzgebung deutlich werden, dass Verstöße von Banken gegen das Steuerrecht in Verbindung mit Kunden auch sofort zu Sanktionen führen, bis zum Lizenzentzug dieser Banken. Also wir packen von mehreren Seiten an, um letzten Endes für die Gerechtigkeit in der Steuerpolitik ein Tor zu öffnen und voranzukommen.
    Breker: Und ein einfaches Steuerrecht, was durchschaubar ist, nachvollziehbar und als gerecht empfunden wird, das bleibt in Ferne?
    Michelbach: Ja, das ist ein hehres Ziel. Wir haben nur natürlich die Einzelfall-Gerechtigkeit, die von den Steuerpflichtigen natürlich bis in alle Instanzen gerichtlich ausgekostet wird. Das macht das ganze deutsche Steuersystem nicht einfacher. Natürlich kämpfen wir auch an dieser Front der Steuervereinfachung, aber ich weiß, dass das natürlich nicht über Nacht zu erreichen ist, genauso wie die Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Aber man kann deutlich feststellen, dass wir uns diesen Herausforderungen mit einem großen Engagement widmen.
    Breker: Kann man das so sagen, Herr Michelbach, dass Steuerbetrug eine Oberschichten-Kriminalität ist?
    Michelbach: Nein, glaube ich nicht. Es ist natürlich die Größenordnung schon unterschiedlich, aber wir haben Sozialbetrug, wir haben Schwarzarbeit, also Lohnsteuerbetrug, wir haben Kapitalertragssteuer-Betrug. Steuerhinterziehung war in Deutschland immer wieder so als Kavaliersdelikt anzusehen. Ich glaube, hier ist eine Veränderung entstanden, weil wir auch Ernst gemacht haben mit unseren Verschärfungen der Gesetze, und ich glaube, es ist deutlich geworden, dass man dem Gemeinwohl, der Gemeinschaft in Deutschland die notwendigen Steuermittel hinterzieht, dass dies natürlich hier gemeinwohlwidrig ist und natürlich auch bekämpft werden muss.
    Breker: Im Deutschlandfunk war das die Position von Hans Michelbach. Er ist der Obmann im Finanzausschuss für die Union. Herr Michelbach, ich danke für dieses Gespräch.
    Michelbach: Ich danke auch.
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