Die Große Koalition plant in der ersten Stufe der Pflegereform eine Anhebung der Pflegesätze um bis zu vier Prozent und damit eine Anhebung sämtlicher Leistungen für Pflegebedürftige. Zwei Drittel von ihnen werden zu Hause betreut. Ziel ist es, ihre Lebensqualität zu verbessern und Angehörige zu entlasten.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erklärte im Deutschlandfunk: "Das Wichtige gerade für Familien ist, dass die Leistungen besser der jeweiligen Situation in der Familie des Pflegebedürftigen und seiner Angehörigen angepasst werden können." Verschiedene Maßnahmen der Kurzzeit, der Tages- und Nachtpflege sollen besser miteinander kombiniert werden können. Auch die Zahl der Betreuungskräfte in Pflegeheimen soll erhöht werden.
Kritik von der Opposition
Zum Auftakt der Debatte im Bundestag, der heute in erster Lesung über das Gesetz beraten hat, sagte Gröhe: "Es kommt darauf an, dass wir 20 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung einen entscheidenden, einen guten Schritt nach vorne gehen."
Linke und Grüne ließen dagegen kein gutes Haar an den Plänen: Gute Pflege bleibe abhängig vom Geldbeutel, sagte die Linken-Politikerin Pia Zimmermann. Die Leistungsanpassung um vier Prozent gleiche nicht einmal die Preisentwicklung der vergangenen Jahre aus. Die Pflegeexpertin der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, sagte, die Koalition habe keine Vision und bleibe hinter den Erwartungen der Pflegebedürftigen zurück. Das Gesetz werde nicht helfen, eine bessere Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf zu erreichen. "Auch der Fachkräftemangel in der Pflege wird damit nicht gelöst", kritisierte sie. "Die wirklich brennenden Probleme packt dieses Gesetz nicht an."
Versicherungsbeiträge steigen
Um die im Gesetz festgeschriebene Ausweitung der Leistungen für Pflegebedürftige zu finanzieren, sollen die Beitragssätze zur Pflegeversicherung Anfang 2015 zunächst um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent des Bruttogehalts steigen. Das meiste Geld fließt direkt zurück zu den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie in die Pflegeheime. Ein Teil soll jedoch eingefroren und in einem neuen Pflegevorsorgefonds gesammelt werden. Mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr soll in diesen Fonds fließen, der mit Blick auf die geburtenstarken Jahrgänge gegründet wird, die ab etwa 2030 in das typische Pflegealter kommen. Damit sollen die Versichertenbeiträge auf stabilem Niveau gehalten werden.
Der Fonds ist umstritten: Die Opposition lehnt ihn ab, selbst SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis ist nicht von der Idee überzeugt. "Eine andere Möglichkeit ist es, durch Gelder Vorsorge zu treffen, dass im Jahr 2030, 2033 Menschen da sind, die bereit sind, andere Menschen zu pflegen", sagte sie im Bundestag.
Verbesserungen für Demenzkranke erst später
In dem Gesetz noch nicht enthalten ist die schon lange diskutierte Einbeziehung von Demenzkranken in die Pflegeversicherung. Auch dafür gab es Kritik von den Grünen.
Bundesgesundheitsminister Gröhe kündigte eine schnelle Umsetzung der geplanten zweiten Stufe der Pflegereform an: Dann soll das neue Begutachtungssystem folgen, wodurch Menschen mit Demenz und psychischen Erkrankungen stärker von den Leistungen der Pflegeversicherung profitieren sollen. Hierfür muss der Pflegebedürftigkeitsbegriff geändert werden, der festlegt, wer welche Ansprüche geltend machen kann. Bisher fallen darunter hauptsächlich körperliche Gebrechen. Nach Schätzungen wird die Zahl der Demenzkranken jedoch von heute 1,4 Millionen Menschen bis zum Jahr 2030 auf 2,2, Millionen steigen.
Damit die zweite Reformstufe wie angekündigt 2017 in Kraft treten kann, müsste der Bundestag Anfang 2016 das entsprechendes Gesetz beschließen. Die Beiträge zur Pflegeversicherung sollen dann noch einmal um 0,2 Prozentpunkte steigen.
(nin/kis)