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Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt

Der Vorschlag der Bundesregierung, die Maghreb-Staaten als "sichere Herkunftsländer" einzustufen, ist im Bundestag kontrovers diskutiert worden. Ein Ja gab es am Ende trotzdem. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte das Vorhaben. Einige Nordafrikaner kämen nach Deutschland, "weil die Leistungen besser sind als vielleicht die Lebensbedingungen im Herkunftsland."

    Toureg-Bevölkerung aus Timimoun in Algerien bei einer Tee-Zeremonie.
    Toureg-Bevölkerung aus Timimoun in Algerien bei einer Tee-Zeremonie. (imago stock&people)
    Mit den Stimmen der großen Koalition beschloss das Parlament einen Gesetzentwurf von Bundeskanzlerin Merkel. Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten können damit nach einem verkürzten Verfahren schneller abgeschoben werden. De Maizière sagte vor der Abstimmung in einer Rede, die von Zwischenrufen der Opposition begleitet war: "Zum Helfen gehört auch Nein sagen können." Über 99 Prozent der Migranten aus Marokko, Algerien und Tunesien hätten keine relevanten Asylgründe.
    Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die Asylverfahren zu verkürzen. Wer aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat kommt, hat in der Regel kein Recht auf Asyl. Nach Artikel 16a des Grundgesetzes sind das Länder, bei denen "gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet". Aus der Unionsfraktion erhält de Maizière Unterstützung:
    Mehr Menschen aus dem Maghreb in Deutschland
    Im vergangenen Jahr hatten die Behörden einen Anstieg der Zahl der Neuankömmlinge aus dem Maghreb registriert. Inzwischen kommen wieder weniger. Die Anerkennungsquote von Asylbewerbern aus Tunesien, Marokko und Algerien lag im ersten Quartal dieses Jahres bei 0,7 Prozent. De Maizière sagte, einige Nordafrikaner kämen nach Deutschland, "weil die Leistungen besser sind als vielleicht die Lebensbedingungen im Herkunftsland". Aus der abstrakten Androhung einer Todesstrafe oder einer Bestrafung von Homosexualität ergebe sich aber noch kein Anspruch auf Asyl. Es komme auf die individuelle Verfolgung an - wenn sie vorliege, werde man Schutz gewähren, so der Minister.
    Die Opposition und einige SPD-Politiker kritisieren den Vorstoß - auch weil Homosexualität in den Maghreb-Staaten strafbar ist. Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, sagte: "Wir lehnen grundsätzlich so ein Asylrecht zweiter Klasse ab." In allen drei Staaten werde gefoltert.
    Die Sprecherin der Grünen-Fraktion für Flüchtlingspolitik, Luise Amtsberg, verwies besonders auf sexuelle Gewalt, die nicht ausreichend geahndet werde. Einem solchen Umgang mit Frauen drücke die Bundesregierung durch die geplante Einstufung ein Gütesiegel auf. Ähnlich hatte sich auch Grünen-Politikerin Roth im SWR geäußert:
    Pro Asyl bezeichnete das Gesetz als verfassungswidrig. Staaten, in denen gefoltert werde, demokratische Grundrechte missachtet und die Menschenrechte verletzt würden, seien keine sicheren Herkunftsstaaten.
    (vic/tgs)