Trotz voller Rentenkassen wird der Beitrag zur Altersvorsorge nicht gesenkt. Der Bundestag brachte mit der Mehrheit von Union und SPD einen Gesetzesentwurf auf den Weg, mit dem die nach bisheriger Rechtslage eigentlich erforderliche Absenkung verhindert wird.
Mit den dadurch entstehenden zusätzlichen Einnahmen will die Große Koalition die von ihr geplanten Leistungsausweitungen finanzieren. Dazu zählen die Mütterrente und die abschlagsfreie Rente ab einem Alter von 63 nach 45 Beitragsjahren.
Der Gesetzentwurf wurde heute in erster Lesung beraten und an die Ausschüsse verwiesen. Weil das Gesetz auf dem gewöhnlichen Weg durch die Instanzen aber nicht mehr rechtzeitig zum Jahresende hätte in Kraft treten können, wählte die Koalition ein bisher einmaliges Vorgehen: Der Beitragssatz soll bereits morgen im Bundesanzeiger veröffentlicht werden, um Rechtssicherheit zu schaffen. Nach dem Willen von Schwarz-Rot soll das Gesetz damit bereits zum 1. Januar gelten. Regulär verabschiedet wird es aber wohl erst im Februar.
Ist das Vorgehen der Koalition verfassungswidrig?
Grüne und Linksfraktion warfen der Bundesregierung unlauteres Vorgehens vor. "Sie tricksen", schimpfte der Linke-Abgeordnete Matthias Birkwald. Die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Kerstin Andreae kritisierte: "Das ist mitnichten ein geordnetes Verfahren."
Auch die Arbeitgeber warnten vor einem möglicherweise verfassungswidrigen Vorgehen. Die Große Koalition laufe Gefahr, "mit einem verfassungswidrigen Gesetzesvorhaben in die 18. Legislaturperiode zu starten" heißt es in einer Stellungnahme der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), aus der die "Frankfurter Rundschau" zitierte.
Dagegen betonte der CDU-Abgeordnete Karl Schiewerling (CDU) im Bundestag, die Koalition halte "ein ordnungsgemäßes Verfahren ein". Die neue Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) verfolgte die Debatte von der Regierungsbank, griff aber - wie bei der ersten Lesung eines Gesetzentwurfs üblich - nicht ein. Ihre Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller (ebenfalls SPD) verteidigte das Vorhaben damit, dass die Koalition das Rentensystem "etwas gerechter machen" wolle.
Nach geltendem Recht hätte der Beitragssatz Anfang 2014 um 0,6 Punkte auf 18,3 Prozent sinken müssen. Eine Senkung muss immer dann zwingend erfolgen, wenn die Rücklagen 1,5 Monatsausgaben überschreiten. Das ist zum Jahresende mit etwa 31 Milliarden Euro der Fall. Um diesen Mechanismus auszuhebeln, legte die Koalition den neuen Gesetzentwurf vor.
Programmhinweis:
Im Deutschlandfunk hören Sie morgen früh um ca. 07.15 Uhr ein Interview mit Hans-Werner Sinn, dem Präsidenten des Ifo-Instituts München zum Thema "Schwarz-Rote Rentenpläne zu Lasten von Wirtschaft und Beschäftigten?"
Im Deutschlandfunk hören Sie morgen früh um ca. 07.15 Uhr ein Interview mit Hans-Werner Sinn, dem Präsidenten des Ifo-Instituts München zum Thema "Schwarz-Rote Rentenpläne zu Lasten von Wirtschaft und Beschäftigten?"