Als letzte der großen Parteien haben CDU und CSU ihr gut 140 Seiten umfassendes Wahlprogramm mit dem Namen "Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland." im Juni 2021 vorgestellt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die nach gut 16 Jahren an der Regierung nicht mehr zur Wahl antritt, sagte, Deutschland stehe angesichts der Corona-Pandemie vor tiefgreifenden Umbrüchen und sprach von einem "Epochenwechsel". Dieser werde getrieben durch Innovation und Digitalisierung.
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Oppositionspolitiker monieren, dass das Programm an vielen Stellen zu unkonkret bleibt - vor allem in der Frage der Finanzierbarkeit. Der
Politologe Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen kritisierte im Dlf
, dass weiterhin die klassischen Unions-Themen im Vordergrund stünden - Innovation, Schuldenbremse einhalten, keine Steuererhöhungen - statt eines neuen Akzents für die Zeit nach der Coronakrise. Die Union biete eine Politik des "Status quo" - und nicht der Veränderung.
Außenpolitik
Anders als im Wahlprogramm der vergangenen Bundestagswahl stellen die Unionsparteien den außen- und europapolitischen Teil an den Anfang ihres Programmes. Bündnisse mit Demokratien stärken, Russland entschlossen und China auf Augenhöhe begegnen, heißt es dort. Dem pazifischen Raum soll mehr Aufmerksamkeit gelten.
Familien
Hier verspricht die Union Bürokratieabbau: Familienleistungen würden demnach in Zukunft automatisiert, digital und aus einer Hand zur Verfügung stehen. Die Sozialbeiträge für Geringverdiener sollen nicht steigen, die Beitragsbemessungsgrenze soll angehoben werden - perspektivisch auch der Freibetrag für Alleinerziehende auf 5.000 Euro. Familien könnten zum Beispiel beim Hauskauf durch verbilligte Kredite und eine Absenkung der Grunderwerbsteuer sowie perspektivisch mit dem vollen Grundfreibetrag für Kinder und damit dem Einstieg in ein "Kindersplitting" gefördert werden. Am Ehegattensplitting will die Union festhalten.
Bildung
Die Stärkung der beruflichen Bildung – das ist ein zentrales Thema für die CDU/CSU. Berufliche Ausbildung solle wieder gleichwertig werden zu akademischen Bildungsgängen, die Anerkennung solle da wieder steigen,
so Stefan Kaufmann vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
im Deutschlandunk.
Weitere Kernthemen des Bildungsprogramms: das duale Studium ausbauen, das BAföG-Programm flexibilisieren. Generell sieht die CDU darüber hinaus ein wachsendes und immer größeres Bedürfnis nach gemeinsamen Standards in der Bildung. Im Hinblick auf den Föderalismus im Bildungswesen gebe es hier Verbesserungs- und Verhandlungsbedarf zwischen Bund und Ländern.
Staatshaushalt und Steuer
Die Union sagt zu, dass es trotz der massiven Staatsverschuldung wegen der Coronakrise keine Steuererhöhungen geben soll. Den Solidaritätszuschlag will die Union auch für Besserverdienende schrittweise vollständig abschaffen. Es soll keinen höheren Spitzensteuersatz und keine Vermögenssteuer geben. Unternehmenssteuern will die Union bei 25 Prozent deckeln. Zudem soll es eine Verschiebung der Steuerstufen bei der Einkommenssteuer geben, um kleinere und mittlere Einkommen zu entlasten. Die Verdienstgrenze bei Minijobs soll von 450 auf 550 Euro monatlich erhöht werden. Eine weitere Aushebelung oder Abschaffung der Schuldenbremse lehnt die Union ab. CDU und CSU wollen zurück zur "Schwarzen Null". Man habe nach der Finanzkrise bewiesen, dass das möglich sei, sagte etwa Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der ARD.
Wirtschaft nach Corona
Nach dem Ende der Coronakrise strebt die Union so schnell wie möglich einen ausgeglichenen Haushalt an. Steuererhöhungen werden als falsch bezeichnet, kleine und mittlere Einkommen sollen steuerlich entlastet werden. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte im Dlf, dass man die Kosten der Coronakrise nicht zukünftigen Generationen überlassen sollte. Daher brauche es einen Wirtschaftsaufschwung. "Weil dieses Land, wenn es wirklich auch in Zukunft Wohlstand erhalten will und im Wettbewerb stehen will, wirklich eine andere Dynamik braucht." Dazu sollen Unternehmen durch ein "Entfesselungspaket" von Steuern und Bürokratie entlastet werden - in Milliardenhöhe. Lohnzusatzkosten sollen auf einem "stabilen Niveau von maximal 40 Prozent" gehalten werden.
Einige Ökonomen halten das für ungerecht, weil eine Entlastungsperspektive für Geringverdiener und Mittelschicht fehle. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz nannte Steuersenkungen für Unternehmen gar einen "absurden Einfall".
Klimaschutz
Die Union setzt verstärkt auf die Kräfte des Marktes - auch mit Blick auf den CO2-Preis. Der soll das zentrale Instrument werden, "anhand dessen auch Unternehmen in Größenordnungen Ideen entwickeln, und die sollen dann am Ende auch Exportschlager werden", erklärte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Dlf. Klimaschutz solle fair organisiert werden, dass er bezahlbar bleibe und die Wirtschaft im Land halte. Zum sozialen Ausgleich soll zum Beispiel die EEG-Umlage abgeschafft werden, also Strom günstiger werden. Synthetische Kraftstoffe werden als Ergänzung zur E-Mobilität ins Spiel gebracht. In ihrem Programm setzt die Union zudem auf einen Ausbau erneuerbarer Energien und will mit einem Sonnenpaket den Ausbau der Photovoltaik fördern. Klimaziele verbindet die Union allerdings auch mit Versprechen an die Autoindustrie, allen Antriebsarten eine Zukunft zu erhalten.
Rente und Altersvorsorge
Es gibt einige Rentenversprechungen und -garantien. So soll etwa das Renteneintrittsalter nicht weiter erhöht werden und das Rentensystem nachhaltiger werden. Hier gelte es erstmal "Ruhe ins System zu bringen", sagte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Deutschlandfunk. Im Gespräch ist zudem die Idee einer "Generationenrente" als vierte Säule der Altersvorsorge. Das könnte eine kapitalgedeckte Altersorsorge von Geburt an sein: Der Staat würde dafür künftig einen Betrag pro Kind in einen Pensionsfonds einzahlen. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte im Dlf, es handele sich dabei um die Summe von etwa 100 Euro. Bis zuletzt gab es aber auch Streitpunkte bei den Unionspartnern. Die CSU würde gern die Mütterrente ausbauen, während die CDU das für unfinanzierbar hält. Hier herrscht weiter Dissenz zwischen den Unionsparteien, somit hat es dieses Thema nicht ins Wahlprogramm geschafft. Die CSU hat angekündigt, damit auf eigene Faust in den Wahlkampf zu gehen und das bei eventuellen Koalitionsverhandlungen einzubringen, was zuletzt schon gelungen war.
Innere Sicherheit
Die Union setzt auf eine harte Linie: Mehr Polizeipräsenz, Videoüberwachung mit intelligenter Technik im öffentlichen Raum, automatisierte Gesichtserkennung, Bodycams auch bei Einsätzen in Wohnräumen. Der Staat müsse hart gegen Straftäter, Terroristen und Clans vorgehen. Außerdem will die Union erneut darauf hinwirken, auf "europäischer Ebene eine grundrechtskonforme Regelung zur Speicherung und zum Abruf von Telefonnummern und IP-Adressen zu schaffen, die den Einsatz der sogenannten Vorratsdatenspeicherung als schärfster Waffe im Kampf gegen den Kindesmissbrauch ermöglicht".
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Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen erklärte im Dlf
, die CDU wolle als Alleinstellungsmerkmal den gesicherten Wohlstand auch nach der Ära Merkel etablieren. CDU-Chef Armin Laschet betonte, dass sich die Union in ihrem Programm mit einem "Dreiklang" aus Klimaschutz, Wirtschaft und sozialem Ausgleich von den Mitbewerbern abhebe.
In ihrem Programm setzen CDU und CSU nämlich ebenfalls auf den Klimaschutz - eigentlich Kernkompetenz der Grünen und eines der Hauptthemen des Wahlkampfes. Von den Grünen grenzt sich die Union aber klar ab, nennt sie sogar "Verbotspartei". Allerdings schreibt die Union in ihrem Programm im Gegensatz zu den Grünen nicht konkret, wie sie zum Beispiel die Klimaneutralität bis 2045 erreichen will oder und nennt keine Zahlen für den angestrebten CO2-Preis. CDU und CSU betonen hier weiter das Zusammenspiel von Ökonomie und Klimaschutz. "Die Grünen wollen die Wirtschaft belasten, wir wollen die Wirtschaft entlasten", sagte etwa Markus Söder. "Man kann auch grüne Politik machen ohne die Grünen." Armin Laschet erklärte, die Union habe ein "sehr konkretes Programm" vorgelegt, das sozial ausgewogen sei und den Weg aufzeige, wie man ein klimaneutrales Industrieland werden könne, ohne Arbeitsplätze zu verlieren.
Bei dem Thema, wie es nach der Coronakrise weitergehen wird, will die Union die Wirtschaft "entfesseln" - ein Begriff, den schon FDP und Grüne nutzten. Zu diesem Zweck stellt die Union Steuererleichterungen für Unternehmen in Aussicht, gleichzeitig werden jegliche Steuererhöhungen ausgeschlossen. Wie diese finanzintensive Vorhaben finanziert werden soll, bleibt allerdings unklar - einer der Kritikpunkte von anderen Parteien.
CDU-Kanzlerkandidat Laschet will "30 plus x"-Prozent bei der Bundestagswahl erreichen und erklärte: "Es darf kein Bündnis gegen die Union geben." Ausdrücklich warnte Laschet vor einer rot-rot-grünen Koalition und einer Ampelkoalition - damit könne es kein Modernisierungsjahrzehnt geben. Die Linken haben einem Bündnis mit der CDU bereits eine Absage erteilt.
Am 23. Juli hat der CSU-Vorstand auf seiner Klausurtagung am Tegernsee ein eigenes Wahlprogramm einstimmig verabschiedet, das das gemeinsame Programm mit der CDU ergänzen soll. Unter anderem spricht sich die CSU dafür aus, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie dauerhaft zu senken, die Mütterrente auszuweiten und das Eltergeld länger als bisher zu zahlen. Parteichef Markus Söder erklärte, er sehe die CSU mit dem Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet bei der Forderung nach Entlastungen auf einer Linie. Seine Partei akzentuiere aber bestimmte Punkte noch etwas stärker.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Union den Kanzler stelle, sei zwar hoch, es sei aber nichts sicher, sagte Söder. Der bayerische Ministerpräsident betonte zudem den Anspruch seiner Partei auf mindestens drei Ministerposten in einer neuen Regierung nach der Bundestagswahl Ende September.
Quelle: Dlf-Hauptstadtstudio, dpa, Reuters, afp, og