Bessere Arbeitsbedingungen und der Kampf gegen den Fachkräftemangel sind Themen in den Wahlprogrammen. SPD, Grüne, BSW und Linke wollen prekäre Jobs eindämmen, sie fordern einen Mindestlohn von 15 Euro. CDU/CSU und FDP schlagen steuerfreie Zuschläge für Überstunden und flexible Wochenarbeitszeiten vor. Die AfD konzentriert sich auf inländische Fachkräfte, bleibt aber konkrete Vorschläge schuldig, um Frauen im Arbeitsmarkt zu stärken.
CDU/CSU
Die Union schlägt vor, die tägliche durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen. Überstundenzuschläge bei Vollzeitarbeit sollen steuerfrei werden. Eine höhere Pendlerpauschale soll Arbeitnehmer vor allem auf dem Land finanziell entlasten. Älteren Beschäftigte will die Union ermöglichen, über die Regelaltersgrenze hinaus weiterzuarbeiten, und dafür Arbeitsverträge rechtssicher machen.
Am Mindestlohn hält die Union fest, möchte Anpassungen aber weiterhin der unabhängigen Mindestlohnkommission überlassen. Den Fachkräftemangel sieht sie als eines der größten wirtschaftlichen Risiken und plant eine zentrale digitale „Work-and-Stay-Agentur“, die Fachkräftezuwanderung von der Anwerbung bis zur Visavergabe koordiniert.
Frauen in Teilzeit sieht die Union als wichtiges Potenzial für den Arbeitsmarkt. Sie fordert bessere Rahmenbedingungen für Vollzeit- oder vollzeitnahe Arbeit.
SPD
Die Sozialdemokraten wollen den Mindestlohn bis 2026 auf 15 Euro anheben. Sachgrundlose Befristungen will die SPD abschaffen. Minijobs sollen sozial abgesichert werden. Für bestehende Arbeitsverhältnisse und bestimmte Gruppen wie Rentnerinnen und Rentner sollen Ausnahmen gelten.
Langzeitarbeitslose und Bürgergeldempfänger sollen durch Weiterbildungsprogramme und sozialversicherungspflichtige Jobs neue Perspektiven erhalten. Gleichzeitig setzt die SPD auf eine Ausbildungsgarantie und ein Recht auf Weiterbildung, damit jeder in jeder Lebensphase neue Chancen erhält.
Für mehr Lohngerechtigkeit will die SPD den Gender-Pay-Gap schließen. Dazu entwickelt sie das Entgelttransparenzgesetz zu einem Lohngerechtigkeitsgesetz weiter.
Die SPD will den Fachkräftemangel bekämpfen, unter anderem indem kostenfreie und praxisnahe Ausbildungen in Gesundheitsberufen angeboten werden. Frauen in Teilzeit und junge Menschen ohne Abschluss sollen gefördert werden. Außerdem sollen Fachkräfte aus dem Ausland schneller anerkannt, Sprachkurse ausgeweitet und Integrationskurse verbessert werden. Der Schutz vor Diskriminierung soll ebenfalls gestärkt werden.
Grüne
Die Grünen wollen Minijobs schrittweise in reguläre Jobs mit Sozialversicherung umwandeln, mit Ausnahmen für Rentner, Schüler und Studierende. Wie die SPD wollen auch die Grünen den Mindestlohn auf 15 Euro erhöhen. Die Partei setzt sich für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern ein und will daher auch die EU-Entgelttransparenzrichtlinie umsetzen.
Um den Zuzug von Fachkräften zu erleichtern, planen die Grünen eine digitale Einwanderungsagentur. Arbeitsvisa sollen sich unter anderem online beantragen lassen. Auch die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse soll durch eine zentrale Stelle schneller und einfacher geregelt werden.
Rund 2,9 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss sollen durch Ausbildungs- und Qualifizierungsprogramme neue Chancen erhalten. Ältere Arbeitnehmer werden ermutigt, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. Frauen sollen durch flexible Arbeitszeiten, bessere Kinderbetreuung und steuerliche Vorteile leichter am Arbeitsmarkt teilnehmen können, was bis zu 840.000 zusätzliche Arbeitskräfte mobilisieren könnte, wie es im Programm heißt. Zusätzlich wollen die Grünen Weiterbildung fördern.
FDP
Die FDP will wie die CDU die Arbeitszeit flexibilisieren, indem eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit gilt. Zuschläge für Überstunden sollen steuerfrei werden.
Die Freien Demokraten möchten zudem, dass die Mindestlohnkommission weiterhin eigenständig entscheidet, wie hoch der Mindestlohn sein soll, ohne dass die Politik Einfluss darauf nimmt. Um Selbstständige zu entlasten, sollen sich Krankenkassenbeiträge unter anderem an den tatsächlichen Einnahmen orientieren.
Deutschland als Arbeitsstandort soll durch steuerliche Entlastungen, flexible Arbeitszeitmodelle und eine digitale Verwaltung attraktiver werden, dazu gehören etwa digitale Arbeitsverträge und Behördengänge. Hoch qualifizierten Fachkräften soll die Einwanderung erleichtert werden. Die Europäische Blue Card soll auch für Fachkräfte ohne Studium zugänglich werden. Die FDP will zudem die Angebote zur Berufsorientierung, wie z. B. Azubi-Botschafter, Frauen in MINT-Berufen, und Jugendberufsagenturen stärken.
Linke
Die Linke will den Mindestlohn auf mindestens 15 Euro erhöhen. Außerdem will die Partei prekäre Arbeitsverhältnisse wie sachgrundlose Befristungen, Kettenbefristungen und Minijobs zugunsten sozialversicherungspflichtiger Jobs abschaffen. Leiharbeiter sollen von Anfang an gleich bezahlt werden wie Festangestellte. Außerdem unterstützt die Partei Gewerkschaften im Kampf um kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohn.
Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels plant Die Linke kostenfreie Bildung, ein BAföG für alle und mehr Ausbildungsplätze, vor allem im Handwerk und technischen Berufen. Außerdem fordert sie deutliche Gehaltserhöhungen in Mangelberufen wie Pflege und Erziehung sowie bessere Arbeitsbedingungen, um Abwanderungen ins Ausland zu verhindern.
Die Partei setzt auf lebenslanges Lernen mit staatlich geförderten Umschulungen und Weiterbildungen. Geschlechterspezifische Unterschiede am Ausbildungsmarkt sollen durch geschlechtersensible Bildung, bessere Bezahlung in Berufen mit hohem Frauenanteil sowie durch die Integration von politischer Bildung, Medienkompetenz und KI-Wissen in die berufliche Ausbildung abgebaut werden.
BSW
Wie SPD, Grüne und Linke will auch das BSW den Mindestlohn auf 15 Euro anheben, um Beschäftigte vor Armut zu schützen. Auch das BSW fordert, Mini- und Midijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu überführen, während sachgrundlose und Kettenbefristungen abgeschafft werden sollen.
Statt vorrangig auf die Anwerbung ausländischer Fachkräfte zu setzen, betont das BSW die Bedeutung, hierzulande junge Menschen auszubilden und zu qualifizieren. Ziel ist es, ihnen echte Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
Um Arbeitnehmer und Unternehmen zu entlasten, sollen bürokratische Hürden abgebaut werden. Das Programm fordert zudem eine umfassende Reform des Bildungssystems, um langfristig den Fachkräftemangel zu beheben. Einheitliche Lehrpläne und Prüfungen, eine stärkere Förderung von Talenten sowie ein duales Studiensystem für Lehrkräfte sind vorgesehen.
AfD
Die Partei will die Abwanderung heimischer Fachkräfte stoppen und Ausgewanderte „durch attraktive Rahmenbedingungen für Arbeit, Vermögensbildung, Ausbildung und Sicherheit“ zurückholen, wie es im Programm heißt. Der Fachkräftemangel soll zudem bekämpft werden, indem das Bildungssystem verbessert wird. Außerdem soll es eine frühere Berufsorientierung in den Schulen geben.
Die AfD fordert, dass nur qualifizierte Fachkräfte ins Land kommen, die langfristig ohne Sozialleistungen auskommen. Vor jeglicher weiteren außereuropäischen Fachkräfteeinwanderung wolle die Partei zunächst die „heimischen Potenziale“ ausschöpfen. Geeignete außereuropäische Arbeitskräfte sollen demnach bedarfsgerecht nach strikten Kriterien ausgewählt werden.
Medizinisches Personal aus dem Ausland müsse nach „deutschen Standards“ arbeiten, wie es im Programm heißt – dazu zählt etwa das sprachliche Niveau von C1. Im Gegensatz zu den anderen Parteien wird eine spezifische Förderung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht thematisiert.
ema