In den Wahlprogrammen der meisten Parteien findet sich der Abschnitt zur Bildung eher auf den hinteren Seiten.
Fast alle Parteien beklagen Missstände im Bildungswesen, Stichwort: Bildungsmisere. Viele der Maßnahmen, die sie vorschlagen, fallen allerdings gar nicht in die Zuständigkeit des Bundes. Hierfür sind die Länder zuständig.
Die meisten Parteien schlagen zum Beispiel Sprachtests im Vorschulalter und – wenn nötig – Fördermaßnahmen vor. Viele sprechen sich für den Ausbau der Ganztagsschulen aus. Um den Lehrermangel zu beheben setzen mehrere Parteien auf Quereinsteiger. Sozialarbeiterinnen und Schulpsychologen sollen die Lehrer an den Schulen unterstützen und entlasten. Auch ein BAföG-Reform und eine Anhebung der BAföG-Sätze steht bei vielen Parteien im Wahlprogramm.
Und: Die meisten Parteien wollen dem Bund mehr Mitspracherecht in Sachen Bildung einräumen und bundesweite Bildungsstandards schaffen, beispielsweise ein einheitliches Abitur.
Die Parteien
- SPD: BAföG anheben, Sprachtests vor Einschulung
- CDU/CSU: Bundesweite Bildungsstandards, Sprachförderung und Ganztagsangebote
- Bündnis 90/Die Grünen: Frühkindliche Bildung stärken
- FDP: Bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte
- AfD: Wenig Inklusion, für ein „leistungsorientiertes“ Bildungssystem
- Die Linke: Bildung soll gebührenfrei sein
- BSW: Bundesweit einheitliche Lehrpläne und Social-Media-Gesetz
SPD: BAföG anheben, Sprachtests vor Einschulung
Wie fast alle andere Parteien auch, möchte die SPD Tests für Vorschulkinder zum Entwicklungsstand einführen. Wenn nötig soll eine Förderung angeboten werden.
Kitas in benachteiligten Lagen sollen über ein Startchancenprogramm aus Bundesmitteln gestärkt werden. Das bereits bestehende Startchancenprogramm an Schulen soll ausgebaut werden.
Gegen den Fachkräftemangel in Kitas und Schulen möchte die SPD zum Beispiel mehr Ausbildungskapazitäten für Lehr- und Kita-Kräfte schaffen. Auch eine entlohnte Ausbildung für den Beruf des Erziehers und die verstärkte Ansprache von Quereinsteigern sieht sie in ihrem Wahlprogramm vor.
Die Sozialdemokraten möchten die Mindestausbildungsvergütung anheben und das BAföG regelmäßig an die Lebenshaltungskosten anpassen. Außerdem soll das BAföG elternunabhängiger werden - und der Vollzuschuss wieder eingeführt werden. Das Bundesprogramm „Junges Wohnen“ soll ausgebaut werden, um für Auszubildende und Studierende bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Mit Blick auf die Einwanderungsgesellschaft möchte die SPD, dass sich die Vielfalt auch in Bildungsplänen, Schulbüchern und in den pädagogischen Berufen widerspiegelt.
Die SPD ist die einzige Partei, die genauer auf die Finanzierung ihrer bildungspolitischen Vorhaben eingeht: Diese sollen über die Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer finanziert werden.
CDU/CSU: Bundesweite Bildungsstandards, Sprachförderung und Ganztagsangebote
Wie fast alle Parteien, nimmt auch die Union in ihrem Wahlprogramm die föderalen Strukturen in den Blick. Sie möchte die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen stärken, „ohne die klar geregelten Zuständigkeiten infrage zu stellen“.
CDU/CSU wollen beispielsweise bundesweit gleiche Standards für das Abitur schaffen. Ein Punkt, der ebenfalls in vielen anderen Wahlprogrammen zu finden ist.
In Kitas und Kindergärten sollen alle Kinder mit Förderbedarf bei der deutschen Sprache an einem vorschulischen Programm teilnehmen. Auch dieser Vorschlag findet sich in vielen anderen Wahlprogrammen. Das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ soll wieder neu gestartet werden. Zudem möchten CDU und CSU die Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe und Eingliederungshilfe klarer strukturieren.
Der Ausbau von Ganztagsangeboten bei Schulen soll laut dem Wahlprogramm der Union vorangetrieben werden.
An den Hochschulen möchte die Union den Exzellenzwettbewerb fortsetzen, den Mittelbau stärken und für mehr Praxisorientierung sorgen. CDU und CSU möchten Einschränkungen für militärische Forschung aufheben.
Bei der Studienfinanzierung wollen CDU und CSU den Zugang zu Begabtenförderungswerken ausweiten, Stipendiensätze anheben. BAföG-Empfängern soll erlaubt werden, mehr als bisher hinzuverdienen. Studienkredite sollen einen festen Zinssatz bekommen.
Bündnis 90/Die Grünen: Frühkindliche Bildung stärken
Wie die meisten anderen Parteien möchten die Grünen die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Sachen Bildungspolitik stärken und „über neue Gemeinschaftsaufgaben im Grundgesetz sprechen“.
Um den Fachkräftemangel in Kitas und Kindergärten anzugehen, setzt die Partei auf eine schulgeldfreie Ausbildung, berufsbegleitende Anerkennungsverfahren, die schnelle Anerkennung ausländischer Abschlüsse und die flexible Weiterbildung und Umschulung.
Die Grünen möchten bundesweite Qualitätsstandards für Kitas festlegen und Geld in die frühkindliche Bildung investieren.
Mit einem „Zukunftsinvestitionsprogramm Bildung“ will die Partei unter anderem Stellen für Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und Inklusion schaffen. Die Grünen wollen ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote ausbauen.
Die Mindestausbildungsvergütung für Azubis soll angehoben werden, der Führerscheinerwerb von Azubis gefördert und eine Lösung für ein Azubi-Deutschlandticket gefunden werden.
Wie viele andere Parteien setzen auch die Grünen auf eine weitere Reform des BAföG. Die Studienfinanzierung soll „existenzsichernd sein“. Außerdem möchte die Partei die Freibeträge bei den elterlichen Einkommen erhöhen, sodass mehr Studierende BAföG-berechtigt sind. Auch das Aufstiegs-BAföG soll reformiert werden: Ein Bezug in Teilzeit oder die Förderung gleichwertiger Bildungsabschlüsse soll möglich sein.
FDP: Bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte
Gleich der erste Abschnitt im Wahlprogramm der FDP beschäftigt sich mit dem Thema Bildung. Dabei betont die Partei, dass Bildung „ganzheitlich“ gedacht werden müsse von der Kita über die Schulen und Hochschulen bis zur Berufsfortbildung. Deswegen möchte sie auch die Zuständigkeiten für Kitas und Kindergärten vom Familienministerium zum Bildungsministerium verlagern.
Die Liberalen wollen – wie beispielsweise die Grünen, die Union und die SPD – Sprachtestd im Vorschulalter einführen, bei Bedarf mit verpflichtender Sprachförderung danach.
Wie die Grünen plädieren sie für bundeseinheitliche Qualitätsstandards für Kitas wie auch für Schulen. In diesen soll auch ein Betreuungsschlüssel festgesetzt werden. Durch ein Startchancen-Programm sollen Kitas mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder oder akutem Kita-Platzmangel unterstützt werden.
Um gegen den Fachkräftemangel in Erzieherberufen anzugehen, soll die Ausbildung etwa schulgeldfrei sein. Bei der Lehrerausbildung wollen die Liberalen Praxis und Theorie enger miteinander verknüpfen.
Im Bereich der beruflichen Bildung möchte die FDP etwa berufliche Bildungszentren zu Innovations- und Gründerzentren ausbauen.
Das Aufstiegs-BAföG soll ausgeweitet werden. Zudem möchte die FDP zur Finanzierung von Kursgebühren, bildungsbedingten Auszeiten und Kinderbetreuung ein neues „Lebenschancen-BAföG“ einführen. Das BAföG für Studierende soll elternunabhängig werden.
Die FDP möchte ein „technologieoffenes Forschungsfreiheitsgesetz“ und damit die Voraussetzungen für den Bau von Fusionskraftwerken schaffen, den Rechtsrahmen für Gentechnologie ändern und die Stammzellenforschung stärken.
Mit dem Verweis auf den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine plädieren die Liberalen in ihrem Wahlprogramm für mehr militärische Forschung.
Die FDP setzt sich für eine grundlegende Reform des Bildungsföderalismus ein. Sie will, dass die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern so geändert wird, dass der Bund die nötigen Finanzierungsverpflichtungen übernehmen kann. Die Partei strebt bundeseinheitliche Abschlussprüfungen an.
AfD: Wenig Inklusio, für ein „leistungsorientiertes“ Bildungssystem
Das Thema Bildung ist bei der AfD geprägt von dem Wunsch nach Rückkehr zu vergangenen Zeiten. Die Partei gibt kein Bekenntnis zur Ganztagsschule. Die Begriffe Disziplin und Leistungsbereitschaft spielen eine wichtige Rolle.
Außerdem kritisiert die AfD in ihrem Wahlprogramm die von ihr behauptete „politisch-ideologische Indoktrination an den Schulen“. Hier heißt es: „Das klassische Rollenverständnis von Mann und Frau soll durch staatlich geförderte Umerziehungsprogramme in Kindergärten und Schulen systematisch korrigiert werden. Die AfD lehnt diese Geschlechterpädagogik als Eingriff in die natürliche Entwicklung unserer Kinder und in das vom Grundgesetz garantierte Elternrecht auf Erziehung ab.“
Die AfD plädiert für ein mehrgliedriges, „nach Begabungen differenziertes Schulsystem“. Förderschulen sollen weiter bestehen, die Inklusion „mit Augenmaß erfolgen“.
Zudem möchte die AfD die Schulpflicht abschaffen – und stattdessen eine Bildungspflicht einführen. Dabei müssen Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder bestimmte Bildungsanforderungen erreichen.
Auch bei den Hochschulen plädiert die AfD für ein Zurück zum Alten. So möchte sie Diplom- und Magisterstudiengänge wieder einführen. Außerdem sollen Gleichstellungsbeauftragte abgeschafft werden. Ausländische Studierende sollen Studiengebühren zahlen.
Vorschläge, wie der Lehrermangel behoben, Schulgebäude modernisiert, die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Sachen Bildungspolitik ausgestaltet oder die Arbeitsbedingungen an Hochschulen verbessert werden könnten, macht die AfD in ihrem Wahlprogramm nicht.
Die Linke: Bildung soll gebührenfrei sein
Bildung soll gebührenfrei und für alle Menschen zugänglich sein, das ist die zentrale Forderung im Wahlprogramm von Die Linke.
Auch das BAföG möchte Die Linke massiv ausweiten: Alle Studierenden sollen es bekommen - auch Menschen mit Duldung oder einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Außerdem soll die Höhe regelmäßig an die Lebenshaltungskosten angepasst werden.
Ansonsten gilt bei den bildungspolitischen Forderungen von Die Linke: Löhne hoch. Beispielsweise bei Menschen im Sozial- und Erziehungsdienst.
In ihrem Wahlprogramm spricht sich Die Linke außerdem gegen das stark gegliederte Schulsystem aus und fordert eine „Schule für alle“.
Ganztagsbetreuung soll umfassend eingeführt werden. Außerdem soll es zwei Lehrkräfte pro Klasse geben. Schulpsychologinnen und Schulsozialarbeiterinnen sollen an jeder Schule verfügbar sein. Wie dies angesichts von Lehrermangel umgesetzt werden soll, schreibt Die Linke nicht.
Bei der Berufsausbildung möchte Die Linke eine „solidarische Ausbildungsumlage“ schaffen. Das heißt: Wer nicht ausbildet, zahlt in einen Fonds ein, über den Ausbildungsplätze in anderen Betrieben finanziert werden können.
Fast alle Parteien sind sich in ihren Wahlprogrammen einig: Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in Sachen Bildung sollte weniger strikt gestaltet werden. Die Linke möchte dieses ganz aufheben und Bildung stattdessen als eine umfassende Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz verankern.
BSW: Bundesweit einheitliche Lehrpläne und Social-Media-Gesetz
Auch das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) möchte das Kooperationsverbot im Bildungsbereich zwischen Bund und Ländern kippen – und spricht in dem Zusammenhang von „Bildungskleinstaaterei“. Einheitliche Lehrpläne und Schulprüfungen in allen Bundesländern sollen nach Ansicht des BSW die Qualität und Vergleichbarkeit des Bildungssystems erhöhen.
Genau wie die meisten anderen Parteien fordert auch das BSW Sprachtests für Kinder ab drei und – wenn nötig – Förderangebote. Ganztagsschulen, Hort und Hausaufgabenbetreuung soll ausgebaut werden.
Die Partei möchte außerdem ein „Social-Media-Gesetz nach australischem Vorbild“ einführen. Dort gilt für und Kinder Jugendliche unter 16 Jahren ein Social-Media-Verbot.
Um die Arbeitsbedingungen für Lehrer zu verbessern, möchte das BSW mehr Sozialarbeiterinnen, Schulpsychologen und IT-Managerinnen an Schulen anstellen. Sie sollen die Lehrkräfte unterstützen. Außerdem soll die Lehrerausbildung praxisnäher werden. Kurzfristig soll der Lehrermangel mithilfe von Seiteneinsteigern gemindert werden.
Im Bereich der Hochschulen möchte das BSW unter anderem eine „BAföG-Reform zur auskömmlichen Finanzierung des Studiums“. Wie diese genau aussehen soll, erläutert sie nicht.
Während die FDP die Zivilklauseln – also Selbstverpflichtungen, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen – abbauen möchte, möchte das BSW die Zivilklauseln an Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen verankern.
lkn