Bundestagswahl 2025
Wahlprogramme: Innere Sicherheit

Wie kann Deutschland sicherer werden? Gegen Organisierte Kriminalität, Cybercrime, Extremismus und Terrorismus wollen alle Parteien vorgehen. Doch ihre Vorschläge sind sehr verschieden, wie ein Blick in ihre Programme zeigt.

    Ein Polizist steht im Dunkeln auf einer Straße mit dem Rücken zum Betrachter, im Hintergrund Blaulicht
    Mehr Polizei, bessere Ausrüstung: Das versprechen fast alle Parteien. Doch viele Positionen zur inneren Sicherheit sind verschieden. (picture alliance / M.i.S. / Bernd Feil)
    Mehr Sicherheit wollen alle - aber wie? Ähnlich wie bei der Migrationspolitik zeigen die Parteien in ihren Programmen zur Bundestagswahl beim Thema innere Sicherheit klare Unterschiede . Die Union betont „Null Toleranz“, die SPD hebt Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie hervor. Die AfD wiederum richtet ihr Augenmerk fast ausschließlich auf ausländische Straftäter. In den meisten Programmen kommt „Clankriminalität“ vor, genauso wie die Forderung nach einem besseren Bevölkerungs- und Zivilschutz.

    Die Parteien

    CDU/CSU: „Null Toleranz“

    Die Union hat die Sicherheit zu einem der Schwerpunkte in ihrem Wahlprogramm gemacht. Sie verspricht eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegen Kriminalität, Extremismus und Gewalt. Unterstützer von Terrororganisationen will sie „konsequenter“ bestrafen: Dazu zählen für CDU/CSU Ausweisungen und die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft. Moscheen, in denen Hass und Antisemitismus gepredigt wird, würden geschlossen. Für Islamismus gebe es keinen „rechtsfreien Raum“. Mit „voller Härte“ sollen Rechts- wie auch Linksterrorismus bekämpft werden.
    Menschenhandel, Zwangsprostitution und Clankriminalität bezeichnet die Union als „großes Übel“, das bekämpft werden müsse. Ein Fokus solle dabei auf Prävention gesetzt werden.
    Die Union will außerdem härtere Strafen, zum Beispiel zum Schutz von Frauen und Kindern. Sie plädiert für Videoüberwachung an Gefahrenorten und für automatisierte Gesichtserkennung. Auch die Speicherung von IP-Adressen, also Vorratsdatenspeicherung, befürwortet sie: „Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden“, heißt es im Programm.
    Die Cannabis-Legalisierung durch die Ampelkoalition wollen die Christdemokraten rückgängig machen.
    Weiter versprechen sie, Einsatzkräfte wie Polizisten und Gesundheitspersonal besser zu schützen und Angriffe gegen sie härter zu bestrafen. Die Cyberabwehr soll verstärkt, der Bevölkerungsschutz und die zivile Verteidigung sollen krisenfester gemacht werden.

    SPD: Demokratische Bildung

    „Eine starke Demokratie sorgt für Sicherheit“: Die Sozialdemokraten setzen in ihrem Programm den Akzent auf Prävention. So wollen sie Bildungsangebote fördern, die demokratische Werte vermitteln. Die Zivilgesellschaft soll durch das Demokratiefördergesetz gestärkt werden.
    Die SPD verspricht, Diskriminierung, Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Islamismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen.
    Sicherheitsbehörden sollen „mit den notwendigen Mitteln“ und Befugnissen ausgestattet werden. Es gelte, „frühzeitige“ Gefahren zu erkennen. Hier nennt die Partei zum Beispiel Gewalt gegen Frauen und Kinder, aber auch politisch motivierte Kriminalität, Organisierte Kriminalität und Cybercrime.
    Konkret will die SPD das Gewaltschutzgesetz verschärfen, etwa bei häuslicher Gewalt, und kündigt zudem ein „digitales Gewaltschutzgesetz“ an.
    Einen besseren Bevölkerungsschutz verspricht die SPD genauso wie eine stärkere Zivilverteidigung und einen besseren Schutz der kritischen Infrastruktur. Ähnlich wie die Union fordert die SPD härtere Strafen für Angriffe gegen Einsatzkräfte. Das Personal will sie ebenfalls besser ausrüsten. 
    Obwohl sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser für Vorratsdatenspeicherung stark gemacht hat, fehlt dieser Punkt im Programm.

    Bündnis 90/Grüne: Prävention und „klare Kante“

    Die Grünen legen laut ihrem Programmentwurf Wert auf Prävention, gut aufgestellte Sicherheitsbehörden und europäische Zusammenarbeit.
    Den Kampf gegen Organisierte Kriminalität erklären die Grünen zu einem Schwerpunkt. Dafür wollen sie Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll stärken. Gegen Geldwäsche und organisierten Steuerbetrug versprechen sie „klare Kante“. Organisierte Kriminalität wollen sie härter bestrafen.
    Keinen Eingang fand in den Entwurf bisher das Versprechen des Kanzlerkandidaten Robert Habeck, konkret der Clankriminalität den Kampf anzusagen. Die in Aussicht gestellten eintausend Bundespolizisten mehr finden sich so nicht wieder.
    Gegen Rechtsextremismus und Islamismus will die Partei nicht nur mit gut ausgestatteten Sicherheitsbehörden vorgehen, sondern auch mit gut finanzierten Präventionsprogrammen. Ein Demokratiefördergesetz soll das absichern. Die Grünen versprechen zudem einen besseren Schutz der Opfer von Extremismus und Terrorismus.  
    Den Bevölkerungsschutz wollen sie durch Investitionen, zum Beispiel in Warnsysteme, „krisenfest“ machen. Für mehr Cybersicherheit plant die Partei ein Gesetz, das die IT-Infrastruktur widerstandsfähiger gegen Angriffe machen soll. Gegen Desinformation wollen die Grünen mit besserem Strafrecht vorgehen.
    Innere und äußere Sicherheit sollen besser verbunden und die Nachrichtendienste gestärkt werden.

    FDP: Effiziente Justiz und Bürgerrechte

    Die FDP sagt: „Keine Sicherheit um jeden Preis“. Immer müsse es auch um die Bürgerrechte gehen. Sie mahnt in ihrem Wahlprogramm unter anderem klarere Rechtsgrundlagen für die Nachrichtendienste an, aber auch mehr Kontrolle derselben.
    Die Justiz soll laut FDP effizienter werden, auch durch Künstliche Intelligenz. Statt das Strafrecht „ständig“ auszuweiten, wollen die Liberalen überholte Straftatbestände anpassen oder streichen. „Schwarzfahren“ etwa soll als Ordnungswidrigkeit gelten.
    Eine „flächendeckende“ Videoüberwachung im öffentlichen Raum lehnt die FDP genauso ab wie automatisierte Gesichtserkennung und die Vorratsdatenspeicherung.
    Cybersicherheit verspricht die Partei durch eine Neuordnung der staatlichen Zuständigkeiten zu stärken. Der Staat selbst dürfe die Cybersicherheit nicht durch „Staatstrojaner“ – Spähprogramme von Sicherheitsbehörden – gefährden.
    Clankriminalität“ müsse bekämpft, Geldwäsche unterbunden und Vermögen aus Straftaten „konsequent“ eingezogen werden.
    Besonders gefährdete Gruppen will die FDP besser vor Extremisten schützen. Sie verspricht, Islamismus „aktiv“ zu bekämpfen sowie Prävention und Deradikalisierung zu stärken. Antisemitismus müsse „noch konsequenter“ bekämpft werden.
    Der Zivil- und Katastrophenschutz müsse als „Teil der Gesamtverteidigung“ gesehen und technisch besser ausgestattet werden.

    AfD: Präventivhaft und Ausweisungen

    Die AfD sieht die innere Sicherheit in Deutschland nicht nur bedroht, sondern nennt sie „erodiert“: durch Messerangriffe, Terroranschläge, steigende Gewaltkriminalität, „linksradikale Gewaltexzesse“ und Clankriminalität. Sie fordert „kontrollierbare Grenzen“, denn sie seien eine Grundvoraussetzung für innere Sicherheit, wie die Partei in ihrem Wahlprogramm.
    Eine Fülle von Maßnahmen bezieht die AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet wird, auf Ausländer bzw. Menschen mit Migrationsgeschichte. Verurteilte ausländische Straftäter will sie ausweisen, Gefährder in Präventivhaft nehmen. Jugendliche sollen ab zwölf Jahren strafmündig werden.  
    Für den Kampf gegen Organisierte Kriminalität fordert die AfD, Ermittlungsbehörden „erheblich“ mit Personal und Mitteln aufzustocken. Vermögen von Straftätern müsse eingezogen werden.  
    In vorwiegend muslimisch geprägten „No-go-Areas“ und „Parallelgesellschaften“ müsse der Rechtsstaat wieder durchgesetzt werden, etwa durch Razzien, so die AfD.
    Die Partei hebt hervor, dass der „politische Islam“ die „größte Gefahr für die christlich-abendländische Kultur in Deutschland“ sei. Sie will islamistische Vereine verbieten, genauso wie den Bau und Betrieb von Moscheen durch ausländische Staaten.

    BSW: Gegen „staatliche Übergriffigkeit“

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht sieht Sicherheit als Voraussetzung für Freiheit. Die Partei kritisiert in ihrem Wahlprogramm eine „staatliche Übergriffigkeit“, wonach „Überwachung, Cancel Culture und Konformitätsdruck“ die freie Gesellschaft gefährdeten.
    Das BSW fordert eine gut besetzte und ausgestattete Polizei, „nicht zuletzt“ um Clankriminalität, aber auch Cyberkriminalität und Terrorismus wirksam bekämpfen zu können. Auf öffentlichen Straßen und Plätzen brauche es eine „sichtbare Polizeipräsenz“, um ein Sicherheitsgefühl zu schaffen und Straftaten vorzubeugen. Bei verbalen und tätlichen Angriffen auf Einsatzkräfte und medizinisches Personal hält das BSW schnellere Anklagen und Strafvollstreckung für notwendig.
    Den Straftatbestand der Beleidigung einer „im politischen Leben des Volkes stehenden Person“ will das BSW wieder streichen. Der Verfassungsschutz dürfe weder „Regierungsschutz“ sein noch „Kerngrundrechte“ wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit beschädigen. Abschaffen will das BSW auch den Beobachtungsbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“, den das BSW als „Konstruktionsfehler“ bezeichnet.
    Für die Justiz fordert das BSW mehr Personal und weniger Verfahren. Letzteres will es vor allem durch Reformen im Strafrecht erreichen. 

    Die Linke: Keine Überwachung

    Die Linke betont in ihrem Wahlprogrammentwurf ihre Abneigung gegen Überwachung, „Späh- und Lauschangriffe“. Sie lehnt Videoüberwachung genauso ab wie Chatkontrollen, Vorratsdatenspeicherung und „Staatstrojaner“. Den Verfassungsschutz will die Linke durch eine unabhängige Beobachtungsstelle „Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ ersetzen.
    In der „Vielzahl neuer Befugnisse“ für Sicherheitsbehörden sieht sie ein „Einfallstor“ für sogenanntes Racial Profiling. Die Antiterrorgesetzgebung der „vergangenen 30 Jahre“ will sie auf den „bürgerrechtlichen Prüfstand“ stellen.
    Für die Polizei fordert die Partei gute Arbeitsbedingungen und eine gute und moderne Ausbildung statt einer „Militarisierung“. Die Polizei müsse deeskalierend auftreten, sie brauche zudem eine Kennzeichnungspflicht.
    Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft müssten mit der „dynamischen Entwicklung von Kriminalität“ Schritt halten können. Dazu zählt die Partei Wirtschaftskriminalität, Cyberattacken, Manipulationen durch Künstliche Intelligenz und Algorithmen in den sozialen Medien.

    bth